von Dr. Walter Post
Bei seiner „Wahl“ zum Präsidenten der Vereinigten Staaten wurde Joe Biden von zahlreichen Firmen, Banken und Geschäftsleuten unterstützt, die an möglichst ungestörten Geschäften mit der Volksrepublik China interessiert sind. Hinzu kommt, daß Joe Biden wie auch andere führende amerikanische Politiker wie z.B. Mitch McConnell persönliche finanzielle Interessen in China haben. Die Regierung der Volksrepublik unter Xi Jinping hat während der Wahl wiederum Biden und die Demokraten unterstützt, weil sie durch die konfrontative Chinapolitik von Donald Trump erhebliche wirtschaftliche Einbußen erlitten hatte und sich durch die Trump’sche „Eindämmungspolitik“ in ihrer außenpolitischen Bewegungsfreiheit in Ostasien eingeschränkt sah.
Unmittelbar nach seiner Inauguration begann Biden daher, sich von der Chinapolitik seines Amtsvorgängers Donald Trump zu distanzieren und eine Wiederannäherung an Beijing einzuleiten. Hatte Trump für den indo-pazifischen Raum die Formel „Free and Open Indo-Pacific“geprägt, so schufen Biden bzw. seine außenpolitischen Berater stattdessen die Formel „Secure and Prosperous Indo-Pacific“, was sich in den Ohren der chinesischen Staatsführung sehr viel freundlicher anhört. Die Biden-Administration hatte aber nicht damit gerechnet, daß sie mit ihrer chinapolitischen Kursänderung bei den Staaten Süd- und Ostasiens auf massiven Widerstand stoßen würde. Die „besonderen geschäftlichen Beziehungen“ der Familie Biden zur Kommunistischen Partei Chinas sind dort wohl bekannt, und in Neu-Dehli, Taipei, Seoul, Canberra und Tokio fragt man sich, was amerikanische Bündnisversprechen jetzt eigentlich noch wert sind. Es gibt in diesem geographischen Raum ein 2017 unter Trump gegründetes informelles Bündnis zwischen Indien, Australien, Japan und den USA, „The Quad“ ( „The Quadrilateral Security Dialogue“), das gegen Machtansprüche wirtschaftlicher oder sicherheitspolitischer Art der Volksrepublik China gerichtet ist. Kurz nachdem die Biden-Administration ihre neue Formel vom „Secure and Prosperous Indo-Pacific“ verkündet hatte, nahmen Neu-Delhi, Canberra und Tokio Gespräche über eine verstärkte sicherheitspolitische Zusammenarbeit auf, die darauf abzielten, die Interessen Indiens, Australiens und Japans zur Not auch ohne amerikanische Unterstützung zu verteidigen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Indien mittlerweile – kaufkraftbereinigt – vor Japan die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt besitzt und über thermonukleare Waffen verfügt. [Shubhangi Sharma, Japan PM Suga and Indian PM Modi send a clear message to Biden, TFIglobal 12. März 2021; https://www.youtube.com/watch?v=9600DoKA86E]
Die Biden-Administration sah sich daraufhin gezwungen, ihre Chinapolitik zumindest nach außen hin zu korrigieren, was wiederum in Beijing einige Unzufriedenheit hervorgerufen hat. Der chinesische Außenminister Wang Yi erklärte kürzlich während einer Tagung des Nationalen Volkskongresses: „We urge the new US administration to be fully aware of the sensitivity of the Taiwan issue … and completely change the the previous government’s dangerous practices of ‚crossing the line‘ and ‚playing with fire‘.“ („Wir fordern die US-Regierung auf, sich der Sensibilität der Taiwan-Frage in vollem Umfang bewußt zu sein … und von den gefährlichen Praktiken der vorhergehenden Regierung [von Donald Trump] des ‚die Linie Überschreitens‘ und des ‚mit dem Feuer Spielens‘ gänzlich abzurücken.“) Damit hat Beijing Joe Biden zu verstehen gegeben, daß er sich nicht in die Angelegenheiten von Hongkong und Taiwan einzumischen habe, andernfalls könnte einiges über die China-Geschäfte seines Sohnes Hunter Biden bekannt werden. [Sanbeer Singh Ranhotra, China is now openly using the “Hunter” card to stop US from doing anything funny at the QUAD meeting, TFIglobal 9. März 2021; https://www.youtube.com/watch?v=_zxvsREcz2E]
Joe Biden und seine wichtigsten Unterstützer würden am liebsten die Verhältnisse, wie sie zwischen Washington und Beijing bis 2016 herrschten, wiederherstellen, können dies aber aufgrund der Simmung in großen Teilen der amerikanischen Eliten nicht tun, jedenfalls nicht öffentlich. Am 10. März erklärte der Oberbefehlshaber des United States Indo-Pacific Command, Admiral Philip S. Davidson, vor dem Senate Armed Services Committee, daß die USA gegenüber China militärisch ins Hintertreffen zu geraten drohen. Aufgrund der großangelegten Aufrüstung der chinesischen „Volksbefreiungsarmee“, insbesondere ihrer Luftwaffe und Kriegsmarine, seien für die amerikanischen Streitkräfte im indo-pazifischen Raum in den kommenden Jahren zusätzliche Mittel in Höhe von 27,3 Milliarden Dollar erforderlich. Guam, seit dem Zweiten Weltkrieg ein zentraler militärischer Stützpunkt der USA im Pazifik, werde durch chinesische Raketen vom Typ DF-21 und DF-26 bedroht. Der Admiral forderte nicht nur die Stationierung von Abwehrsystemen auf Guam, sondern auch von amerikanischen Mittelstreckenraketen, um Gegenschläge gegen die Volksrepublik China führen zu können. Weiter erklärte Admiral Davidson, daß die Volksrepublik China in sechs Jahren in der Lage sein werde, Taiwan mit wirtschaftlichen und militärischen Mitteln zu isolieren und eine Wiedervereinigung mit Gewalt herbeizuführen. [Patrick J. Buchanan, Is a Cold War II with China Inevitable? Official Website 11. März 2021; https://buchanan.org/blog/is-a-cold-war-ii-with-china-inevitable-142861; Demetri Sevastopulo, Admiral warns US military losing its edge in Indo-Pacific, Financial Times, 10. März 2021; https://www.ft.com/content/61ea7ce5-7b68-459b-9a11-41cc71777de5; Sanbeer Singh Ranhotra, Admiral Philip Davidson is an American Hero, TFIglobal 11. März 2021; https://www.youtube.com/watch?v=SwOWVzmOYE4]
Admiral Davidson, der als „China Hawk“ gilt, war 2018 von Donald Trump zum Kommandeur des „United States Indo-Pacific Command“ ernannt worden, einer der wichtigsten und traditionsreichsten Führungspositionen („Pazifikflotte“) innerhalb der amerikanischen Streitkräfte. Admiral Davidson plädierte mit seinen Aussagen vor dem amerikanischen Senat offen dafür, im Indo-Pazifischen Raum die Politik Donald Trumps fortzusetzen. Dabei findet er die Unterstützung der Regierungen Indiens, Taiwans, Südkoreas, Australiens und Japans, Staaten, in denen man bereits Donald Trump nachzutrauern beginnt.