Die so genannte „Klimapolitik“ in Deutschland ist ein ideologiegesteuertes Konstrukt, das nicht dem Gemeinwohl, sondern einer kleinen Elite zum Machterhalt und zu manchem anderen Profit dient, dagegen unser Land wirtschaftlich und sozial ruiniert und weltweit isoliert. Michael Paulwitz zeigt in der aktuellen Jungen Freiheit Nr. 32/21 auf, wie dringend nötig, aber auch möglich es ist, zu einer vernünftigen Umweltpolitik zurückzukehren.
Erhaltet unsere Zukunft
Tatsächlicher Umwelt- und Ressourcenschutz geht über CO2-Reduktion hinaus
Michael Paulwitz
Deutschlands Energiepolitik steckt in einer selbstverschuldeten Sackgasse. Hunderte Milliarden Euro wurden bereits verbrannt, um eine Parallelstruktur zur Stromerzeugung aus sogenannten „erneuerbaren Energiequellen“ aufzubauen, die unserem Land die höchsten Strompreise der westlichen Welt einbringt – mit dem zusätzlichen Nachteil, keine sichere Energieversorgung gewährleisten zu können. Weitere Milliarden-Subventionen fließen Jahr für Jahr in die planwirtschaftlich motivierte Förderung von Elektro-Fahrzeugantrieben, die auf absehbare Zeit Verbrennungsmotoren hinsichtlich der Mobilität nicht adäquat ersetzen können.
Die vor einem Jahrzehnt ausgerufene „Energiewende“ ist gescheitert. Sie war von Anfang an auf ideologischen Illusionen aufgebaut. Die einseitige, dogmatische Fixierung auf „Decarbonisierung“, sprich: die Vermeidung von CO2-Emissionen, droht eine der führenden Industrienationen der Welt zum Abstiegskandidaten mit gravierenden Versorgungs- und Infrastrukturproblemen zu degradieren. Um das zu verhindern, bedarf es einer grundlegenden Neuausrichtung der deutschen Energie- und Verkehrspolitik.
Die „Energiewende“ will alles auf einmal – den totalen Umbau von Energiegewinnung, Versorgungsnetzen, Industrieproduktion, Wirtschaftsweise, Mobilitätsgewohnheiten und Antriebstechniken – und erreicht deshalb keines der sich teils widersprechenden Ziele. Eine realistische Bestandsaufnahme muß erkennen, daß der Bedarf des Industrielandes Deutschland an jederzeit sicher verfügbarer elektrischer Energie in den nächsten Jahren noch deutlich steigen wird, aber unter den derzeit gültigen starren planwirtschaftlichen Ausstiegsvorgaben im Namen sogenannter „Klimaneutralität“ nicht gedeckt werden kann.
1. Eine Neuausrichtung der Energie- und Verkehrspolitik muß alle politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Faktoren und Interessenlagen berücksichtigen. Die ideologische Festlegung auf den „Klimaschutz“, der wiederum einseitig durch Reduzierung von CO2-Emissionen erreicht werden soll, ignoriert elementare wirtschaftliche und soziale Freiheitsrechte breiter Bevölkerungsschichten und potentieller Innovatoren. Deindustrialisierung und Verarmung zerstören Möglichkeiten für die Entwicklung neuer und zukunftsfähiger Technologien.
2. Anstelle des abstrakten „Klimaschutz“-Dogmas, das projizierte und vielfach spekulative künftige Katastrophenszenarien verabsolutiert, muß der konkrete Schutz der natürlichen Ressourcen und Lebensgrundlagen viel stärker in den Vordergrund rücken. Diese Ziele sind berechtigt und politisch mehrheitsfähig. Sie legen ebenfalls nahe, den Verbrauch fossiler Energieträger herunterzufahren und durch bessere Technologien zu ersetzen – allerdings nicht um den Preis massiver ökologischer Folgelasten wie großflächiger Landschaftsversiegelung und Zerstörung von Biodiversität durch Windkraftanlagen oder Umweltverschmutzung und Raubbau an problematischen Ressourcen für E-Auto-Batterien.
3. Mit dem gleichzeitigen Ausstieg aus Atom- und Kohle-Energie beschreitet Deutschland einen einsamen Sonderweg, der im Rest der Welt vor allem als warnendes Beispiel wahrgenommen wird. Deutschland „schützt“ nicht „das Klima“, wenn es seine funktionierende Energieversorgung lähmt und dafür Kohle- und Kernkraftstrom aus Nachbarländern teuer zukaufen muß; wenn es hocheffiziente eigene Kraftwerke und Industrieanlagen stillegt, während solche in anderen, aufstrebenden Weltregionen aus dem Boden schießen; wenn es der eigenen Automobilindustrie immer engere dirigistische Zügel anlegt und sie zum Ausstieg aus hochentwickelten Technologien zwingt.
4. Es hat Gründe, daß der Elektroantrieb für Automobile sich in mehr als 120 Jahren gegenüber dem Verbrennungsmotor nie durchgesetzt hat. Trotz schlagender Weiterentwicklungen sind zentrale Probleme – Verfügbarkeit, Reichweite, Energiespeicherdichte, Wirkungsgrad und Transferverluste über die gesamte Gewinnungs- und Verteilungskette – nach wie vor ungelöst. Auch die ökologische Gesamtbilanz fällt für den batterieelektrischen Antrieb ungünstiger aus als die schöngerechnete „CO2-Bilanz“. Die beste Entscheidung darüber, ob das Auto der Zukunft elektrisch, mit synthetischen Verbrennerkraftstoffen oder mit gänzlich neuen Energieträgern und Konzepten angetrieben wird, fällt nicht in politischen Gremien, sondern im freien Spiel von Wettbewerb und Forschergeist.
5. Der deutsche Atomausstieg ist dafür ein Paradebeispiel. Mit der Auffassung, Kernenergie sei ebenso zu verteufeln wie fossile Brennstoffe, steht die deutsche politische Klasse weltweit ziemlich alleine da. Während der hiesige Umgang mit der Atomkraft auf dem Stand der ideologischen Grabenkämpfe der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts stehengeblieben ist, hat sich die friedliche Nutzung der Kernenergie weltweit hinsichtlich Sicherheit, effektiver Brennstoffnutzung und weitgehender Vermeidung von Nuklearabfällen in großen Sprüngen weiterentwickelt – auch ohne Zutun der einst führenden deutschen Wissenschaft und Industrie. Am Horizont winken bereits Fusionskraftwerke und transportierbare betriebssichere Kleinreaktoren. Moderne Kernkraftwerke können nicht nur die Entsorgungsprobleme von gestern lösen, sondern skalierbare Grundlastversorgung auch für drastisch steigende Energiebedarfe CO2-neutral sicherstellen. Sie lassen hinsichtlich der ökologischen Bilanz die deutsche Fixierung auf monströse Windkraftwälder und Photovoltaikfelder als ideologischen Irrweg von gestern erscheinen.
6. Aus alledem folgt: Die Energie- und Verkehrspolitik muß zu den bewährten Prinzipien der Ordnungspolitik zurückkehren. Der Staat muß verläßliche Rahmenbedingungen gewährleisten und größtmögliche wirtschaftliche Freiheit sicherstellen, statt sich in jede einzelne unternehmerische, Forschungs- und Konsumentenentscheidung einzumischen. Das ist der Weg, um Energieversorgung und Mobilität in Verantwortung für Natur und Umwelt zu organisieren, indem individuelle und gesellschaftliche Prosperität geschützt und befördert wird.