Von Reinhard Uhle-Wettler
Nur wenige herausragende Persönlichkeiten verfügen über den Weitblick und die seherischen Gaben, um große Entwicklungen der Weltpolitik und den Einfluß von Epochenwechseln zu erkennen. Zu diesen zählt der preußische Offizier, Militärattaché und Historiker Maximilian Graf York von Wartenburg. In seinem Buch „Weltgeschichte in Umrissen“ erörtert er gegen Ende des 19. Jahrhunderts, „wie die jetzige Kulturwelt sich ebenso um das Becken des atlantischen Ozeans gruppiert, wie einst die antike Kulturwelt um das Becken des Mittelmeeres“. Neben Gedanken über die Einigung Europas sagt er abschließend: „So stehen wir an der Schwelle des 20. Jahrhunderts vor einer Periode, in welcher Weltmächte sich ausbilden und sich miteinander auseinandersetzen werden. Und fernere Jahrhunderte werden dann die Geschichte des Zusammenschlusses und der Einigung der atlantischen, der christlichen Welt sehen, bis dann schließlich die Weltgeschichte die Geschichte der Auseinandersetzung dieser und der pazifischen Welt werden wird.“ Nur das überaus schnelle Tempo dieser Entwicklung hat er nicht vorausgesehen.
Im Vergleich dazu finden wir in dem Buch „Fünf plus Zwei“ bei Stefan Scheil, nun zu Beginn unseres 21. Jahrhunderts, unter anderem folgende Schlußbetrachtung: „Unter den technologischen und wirtschaftlichen Bedingungen des frühen 20. Jahrhunderts mußten Europas Nationen … notwendigerweise einen Teil ihrer Souveränität abgeben, entweder nach innen, also untereinander, oder nach außen, an eine der beiden (oder beide) potentiellen hegemonialen Flügelmächte Sowjetunion oder Vereinigte Staaten. Es gab keine Möglichkeit, nach altem Muster innereuropäische Machtpolitik zu treiben, ohne früher oder später in einem größeren Krieg zu landen, der die Entscheidung zugunsten des zweiten Szenarios bedeuten mußte.“
Adolf Hitler, der Europas Einigung unter deutscher Führung anstrebte und das britische Empire erhalten wollte, hatte keine Chance, da sich die französischen, britischen und polnischen Kriegsparteien durchsetzten und die o.a. Flügelmächte beide ebenfalls die Vernichtung des deutschen Störenfrieds anstrebten. Allerdings war selbst Hitler das Deutsche Reich zu klein erschienen, um Weltpolitik zu gestalten. Wie aus „Hitlers Tischgesprächen“ bei Henry Picker hervorgeht, argumentierte der „Führer“ damit, daß Europa mit den modernsten Flugzeugen in einer einzigen Stunde überflogen werden konnte. Daher kam er bei der Suche nach einer die kleinen europäischen Staaten übergreifenden Einheit auf die übernationale Rassenidee mit der Schaffung eines Germanischen Reiches mit Deutschland als „primus inter pares“. Das hat kaum überzeugt und großes Unheil angestiftet.
Alle auch noch so fairen Verhandlungs- und Friedensangebote des Reiches wurden zurückgewiesen. Die europäischen Mächte glaubten noch immer, ihr altes Mächtespiel fortführen zu können.
Zudem war der Haß auf das wiedererstarkte Deutsche Reich stärker als alle Vernunft. Polen, Franzosen und Engländer verbündeten sich mit gleich beiden Großmächten mit dem Ergebnis der Vernichtung Deutschlands, dem Zentrum Europas in einem 2. Weltkrieg und dem Ende der Weltgeltung Europas. Dieses ist nicht einmal mehr in der Lage, sich selbst zu verteidigen.
Der Florentiner Machiavelli wußte es schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts besser. In seinem weltberühmten Buch Il Principe schrieb er: „… daß ein Herrscher darauf achten muß, sich nie mit einem Mächtigeren zu verbünden, um andere anzugreifen, außer wenn ihn die Not dazu zwingt; … denn wenn dieser siegt, wirst du sein Gefangener, und Herrscher müssen nach Möglichkeit vermeiden, in Abhängigkeit von anderen zu geraten.“
Gefahren eines 3. Weltkriegs
Die derzeitige Weltlage ist davon gekennzeichnet, daß sich der politische Schwerpunkt von Europa weg hin zu Asien verlagert hat. Die sozialistische Weltmacht China entwickelt sich zu einem gefährlichen Konkurrenten der Vereinigten Staaten, der sogenannten „Einzigen Weltmacht“. Diese behandelt die Atommacht Rußland als politischen Gegner und zwingt sie damit in die Arme Chinas.
Die „Amerika First-Bewegung“ des vorigen Jahrhunderts, wiederbelebt als „Noninterventionismus“ durch den amerikanischen Präsidenten Donald Trump, konnte sich nicht durchsetzen. Die „Demokraten“ haben als Interventionisten obsiegt und setzen offensichtlich die „One- World-Weltmachtpolitik“ fort, die sich unter der Regie der sogenannten Neokonservativen in der jüngsten Vergangenheit als hochgefährlich für den Weltfrieden erwiesen hat.
Die USA haben den seit Ende des 2. Weltkriegs schwelenden Gegensatz zu Rußland trotz dessen Abzug aus Mitteleuropa wiederbelebt und verschärft. Die gesamte Kommandoorganisation für Europa und Afrika befindet sich noch immer in Deutschland und das dazu gehörende Arsenal an Atomwaffen ist ebenfalls noch immer nicht abgezogen. Deutschland darf aber nicht wieder, wie im kalten Krieg, planmäßig zum möglichen atomaren Schlachtfeld werden und hat mit Vorrang jede Friedensinitiative und entsprechende Abrüstungsverhandlungen, insbesondere mit Rußland zu unterstützen. Ein 3. Weltkrieg auf mitteleuropäischem Boden, bei dem mit dem Einsatz von ABC-Waffen gerechnet werden muß, wäre das Ende des normalen Lebens in Europa, also auch in Deutschland.
Mangelnde Staatsraison
Im Übrigen hat der deutsche Einfluß auf die Weltpolitik ausgedient. Deutschland verfügt vertraglich nicht über ABC-Waffen, seine Armee wurde abgerüstet und wird von Dilettanten geführt, den Weltraum erobern Andere und die deutsche Wirtschaftskraft dient weltweit dazu, schlecht verwaltete Staaten oder in Not geratene Länder mit den erwirtschafteten Finanzmitteln seiner Staatsbürger zu unterstützen. Staatsinteressen bzw Staatsraison sind leider keineswegs Gegenstand der politischen Debatte. Das ehemalige Deutsche Reich hat sich in eine Hilfsorganisation, vergleichbar der Caritas verwandelt. Das hat dazu geführt, daß Deutschland mit seiner überbordenden Sozialpolitik für Alle und Jeden für viele Flüchtlinge und Perspektivlose zum Traumland geworden ist, in dem man leben möchte. Die maßlose deutsche Politik hat dies mit ihrer „Willkommenskultur“ auch noch unterstützt, obwohl dadurch die Billionen Schulden der öffentlichen Hand ständig weiter anwachsen. Immerhin mag auf diesem Wege die Holocaust-Stigmatisierung der Deutschen etwas gemildert werden. Dennoch sollte berücksichtigt werden, daß Politik keine Dankbarkeit und keine Belohnung kennt.
Die Auflösung Deutschlands in einem Superstaat
Um sich aus dem Vasallenverhältnis gegenüber der USA auch nur geringfügig zu lösen, fehlt der deutschen Politischen Klasse der Wille. Es fehlt außerdem jede Aufbruchstimmung zu neuen Ufern. Die politischen Führungsorgane sind offensichtlich nicht in der Lage und nicht willens, dem Bürger zu sagen, wo es lang gehen soll. Hatten die Vorfahren noch den Herrgott, den König und das Vaterland, so sind es heute allenfalls die Lohnerhöhung, die Sparzinsen und die Rente. Die europäische Idee liegt auf Eis. Trotz der Übernahme des Postens des Präsidenten der europäischen Kommission durch eine deutsche Politikerin und des wohlbegründeten Austritts Großbritanniens (Brexit)aus der Union ist die Einleitung einer längst überfälligen Reform der EU kein Thema der öffentlichen Debatte. Die Begründung für das Ausbleiben einer dringend erforderlichen öffentlichen Europa-Diskussion liegt mit einiger Sicherheit darin, daß sie von der politischen Klasse bewußt vermieden wird. Wesentliche Teile des deutschen Volkes glauben ja immer noch an den Fortbestand der Bundesrepublik Deutschland, wie es das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht fordern. Sie würden gegen eine verfassungswidrige Auflösung ihres Staates in einem Brüsseler Superstaat stimmen. Daher ist die Frage berechtigt, ob hier nicht absichtlich hinter dem Rücken des Volkes und ohne seine Zustimmung Politik betrieben wird und Tatsachen geschaffen werden, die später nicht mehr widerrufen werden können. Das wäre dann das wirkliche Ende der Demokratie.
Das Versagen der Eliten
Seit Jahren reisen hohe und höchste Repräsentanten der Bundesrepublik durch die Welt, nehmen an Sieges- und Gedenkfeiern der Sieger des 2. Weltkrieges teil und verkünden dabei die angeblichen Verbrechen unserer Wehrmacht, die das Vaterland so heroisch verteidigt hat. Die Medien publizieren entsprechend, ja sie verbreiten Filme und Schriften, die dem heutigen historischen Forschungsstand widersprechen und im Ganzen ein negatives Bild der deutschen Vergangenheit zeichnen. Man könnte auch einwerfen: Sie kollaborieren mit den ehemaligen Siegern des 2. Weltkrieges und setzen deren Propaganda fort.
Sogar die überkommene deutsche Kultur wird zugunsten oberflächlicher Unterhaltung sträflich vernachlässigt. So kann natürlich auch kein Selbstbewußtsein wachsen, das Kraft für eigene Aktivitäten vermittelt. Hinzu kommt, daß in einem Deutschland, das sich abschaffen möchte (Sarrazin), die Spitzenleute nicht in die staatstragenden Berufe, sondern in die Wirtschaft und das Bankwesen gehen, um Geld zu verdienen. Das Ergebnis dieses Versagens unserer Eliten ist, daß sogar ehemalige Straßenkämpfer, Berufslose und Unerfahrene bzw Ungeschulte ohne jede Kompetenz in die höchsten politischen Ämter aufrücken können Dies kann man auch in anderen europäischen Staaten beobachten. So ist es kein Wunder, daß die Hintergrundmächte, also Großwirtschaft und Finanzoligarchie weiter an Macht gewinnen und insgeheim die Fäden ziehen, nachdem sie den Hochadel abgelöst haben.
Das alte Europa
Damit wird aber offenbar, daß „das alte Europa“ (Donald Rumsfeld) Geschichte zu werden beginnt. An die Stelle des europäischen Geistes sind die Finanzen und Bilanzen getreten. Der Philosoph Günter Rohrmoser hat schon bei dem Zusammenbruch des Sowjetsystems in seinem Buch: „Der Ernstfall“ mit großem Ernst vor Überheblichkeit und Siegeseinbildung der sogenannten „freien, westlichen Welt“ gewarnt. Der Untertitel lautet: „Die Krise unserer liberalen Republik.“ Der Westen müsse sich vielmehr um seine eigenen geistigen Grundlagen und Bindungskräfte kümmern und der Zerstörung seiner Wertewelt durch eine geistige Wende entgegentreten. Dies ist schwierig genug. So hat doch das christliche Abendland die Deutschen gezwungen, in der Lüge zu leben. Das wurde durch das unter Drohungen errichtete Friedensdiktat von Versailles mit dem Kriegsschuldartikel 231 begonnen und nach dem 2. Weltkrieg vertraglich erneut festgelegt, wie General Gerd Schultze-Rhonhof in mehreren Veröffentlichungen unbestreitbar nachgewiesen hat. Die Gemeinschaft der christlichen Welt und ihre Friedensfähigkeit wurden somit ganz erheblich beschädigt.
Das Lebensrecht nichtdemokratischer Kulturen
Die Forderung Rohrmosers erhält durch die gegenwärtige Katastrophe des Afghanistanabenteuers eine kaum hochgenug einschätzbare Bedeutung. Der Sieg der Taliban-Islamisten über die „Ungläubigen“ hat eine Reihe von ernsten Konsequenzen. Zunächst hat die „einzige Weltmacht“ durch ein 2. Vietnam in Asien ihr Gesicht verloren. Außerdem hat sich gezeigt, daß die Koalitionspolitik mangels Führungsfähigkeit vollständig gescheitert ist. Jeder begabte Militär hätte den planmäßigen Rückzug der eingesetzten Truppen und den ordnungsgemäßen Abtransport der Hilfskräfte ohne jede Blamage bewältigt. Voraussetzung wäre die Übertragung der vollen Verantwortung gewesen, wie es bei ähnlichen Umständen im Kriege der Fall bzw nötig ist.
Nun müssen das „christliche Abendland“ und die „freiheitlichen demokratischen“ Vereinigten Staaten lernen, daß auch nichtchristliche und nichtdemokratische Kulturen Lebensrecht besitzen und dafür sogar erfolgreich kämpfen. Und schließlich deutet sich an, daß das vernachlässigte Christentum in die Gefahr geraten ist, vom Islam überwunden oder doch stark eingeschränkt zu werden. Wenn aber die Bereitschaft, um den Erhalt des Eigenen zu kämpfen, fehlt, ist der Untergang nicht mehr abzuwenden.
The Great Reset
Bei alledem beginnen die Theorien einer Weltregierung konkrete Formen anzunehmen. Amerikanische Denkfabriken, Wirtschaftsforen und herausragende Intellektuelle haben bereits klare Vorstellungen für eine neue Weltordnung entwickelt und publiziert. Das besondere Kennzeichen davon sind die Abschaffung der Nationalstaaten mit ihren Grenzen und die mit ihnen verankerte Form der Demokratie, sowie die allgemein autoritären bzw totalitären Tendenzen mit der Beseitigung der individuellen Freiheiten. Das ist mit dem Wachsen eines weltumspannenden Netzwerkes aus Trägern wirtschaftlicher, kultureller, kommunikativer und politischer Macht verbunden ((Michael Hardt). Einige nennen diese Art von Globalismus „Empire“, dessen Hegemon die USA ist. Dies erinnert stark an die genialen Visionen von George Orwell mit seinem Jahrhundertwerk „1984“. Es erklärt aber auch zugleich den „Angriff auf den Rechtsstaat“ (Lothar Fritze) unter der Regierung Merkel.
Konservative werden der überhasteten Ungeduld angesichts globaler Entwicklungen, wie sie gerade in der Klimahysterie zum Ausdruck kommt, nicht folgen. Nicht der mehr oder weniger erzwungene Umsturz (Reset), verbunden mit Ehrgeiz und Überheblichkeit sind gefragt, sondern eine nüchterne, geduldige und vernunftgesteuerte Reaktion mit Wirklichkeitssinn und Abschätzung der Möglichkeiten. Dabei darf das Erbe der Väter nicht leichtfertig verspielt werden. Dieses zu bewahren, ist das Privileg kleiner, vom „Mainstream“ abgesonderter Gruppen. Sie wissen, daß der Mensch nicht Herr dieser Welt ist, sondern berücksichtigen die alte Volksweisheit: „Der Mensch denkt und Gott lenkt.“
Brillant! R. Uhle-Wettler öffnet uns die Augen, zeigt, wo die Kugel hinrollt und gebietet Halt!
Er fordert elitäre, kleine Gruppen auf, dem Antinationalismus, i.e. Internationalismus, genannt Multilateralismus Merkels Paroli zu bieten. Es ist nie zu spät !
Danke für diese messerscharfe Bestandsaufnahme eines Generalstabsoffiziers.
Reinhold Schneider