Die Zukunft unserer Städte

Von Prof. Dr. Eberhard Hamer

In den letzten zwei Generationen erlebte die ganze Welt eine zunehmende Verstädterung, d. h. die Menschen zogen vom Land in die Städte, vor allem in die Großstädte. Inzwischen lebt die Mehrheit der Menschen in Großstädten, sind diese großen Städte immer mehr und größer geworden: Weltweit gibt es viele Mega-Millionenstädte und haben diese sich auch noch ständig vergrößert.

Für diese Verstädterung gab es mehrere Gründe.

Bisheriges Erfolgsmodell der Citys:

Ein wesentlicher Grund war die Arbeitsmöglichkeit in den Städten. Die Landwirtschaft als Haupterwerbsquelle noch im vergangenen Jahrhundert ging inzwischen auf 2 % BSP zurück. Dafür wuchs vor allem die Dienstleistungsbranche auf inzwischen 70 % BSP. Viele dieser Dienstleistungen aber sind nicht nur kommunikativ, sondern auch vor allem dort gefragt, wo Menschenansammlungen, Menschenmassen solche Dienstleistungen brauchen. Die Verstädterung hat nicht nur den Dienstleistungsbranchen geholfen, sondern umgekehrt auch die Zunahme der Dienstleistungen der Verstädterung. Büros waren nun einmal nicht auf Lande möglich, sondern nur in der Stadt, wo deren Dienstleistung gefragt ist und in den Großstädten umso mehr gefragt ist.

Der zweite Verstädterungsgrund ist die Abhängigkeit des Wohnens von der Arbeit. Die Menschen wollen möglichst nahe an ihren Arbeitsmöglichkeiten wohnen. Dies hat aus dem größeren Arbeitsangebot der Städte zum Zuzug in die Städte geführt, den Wohnungsbau und Wohnungsmarkt dort begünstigt und zur weiteren Expansion der Städte geführt.

Ein dritter Grund liegt in der „Spaßattraktion“ der Städte gegenüber dem Land. In der Stadt gibt es Vergnügungsparks, Vergnügungsunternehmen, Großveranstaltungen, Kultureinrichtungen und eine Vielfalt an Gastronomieeinrichtungen. Die Städte sind mit anderen Worten von ihrem „Spaßwert“ attraktiver als das Land, bieten mehr Freizeit- und Unterhaltungsmöglichkeiten und sind dadurch ein Zuzugsmagnet.

Ein vierter Grund liegt seit der Masseneinwanderung darin, dass sich die ausländischen Zuwanderer auf dem Lande isoliert fühlen, sich integrieren müssten und deshalb in die Städte drängen, wo schon Gruppen eigener Landsleute leben, sie sich nicht integrieren müssen, ihre Sprache und Identitäten behalten können und wo sie auch ohne Arbeitseinkommen mehr Ablenkung und Freizeitangebote finden als auf dem Land. So entstanden die Zuwandererghettos der verschiedenen Immigrantengruppen, der Türken, der Syrer, der Kosovaren, der Chinesen oder der Japaner (Düsseldorf). Dazu beigetragen hat wesentlich, dass unser Sozialsystem „bedarfsgerecht“ subventioniert. Während also Deutsche in überfüllten Großstädten selbst für ihre Wohnung sorgen müssen, werden Zuwanderern vom Staat Wohnmöglichkeiten gestellt, löst der Staat ihnen überall, wo sie wollen das Wohnungsproblem wie auch die anderen Existenzprobleme.

Der Einwohnerzuzug in die Städte hat Folgen für das innerstädtische Wachstum gehabt, nämlich die erhöhte Nachfrage nach Wohnung, nach Gütern aller Art und Unterhaltungsangeboten. Entsprechend haben sich diese Branchen in der Stadt durch Massenzuzug in die Citys auch überproportional entwickelt, sind die Städte nicht nur an Menschen gewachsen, sondern auch an Wirtschaftskraft und Angeboten auf deren entsprechende Nachfrage. Dadurch haben Einzelhandel, Gastronomie, Vermögensindustrie und sogar die Sozialindustrie und die vielfältigen Verwaltungsdienstleistungen in Großstädten mitwachsen können.

Die Urbanisierung fand weltweit statt. 1950 lebte ein Drittel, im Jahr 2000 schon die Hälfte aller Menschen in Großstädten, 2050 werden „mehr als zwei Drittel der Weltbevölkerung in städtischen Gebieten leben“[1]. Schon jetzt sind die am stärksten urbanisierten Gebiete der Welt Nordamerika (82 %), Lateinamerika und die Karibik (80 %) sowie Europa (73 %). „Die Stadtbevölkerung in Afrika wird von heute 40 % auf 56 % im Jahre 2050 steigen, in Asien von 48 % auf 64 %“[2].

Das bisherige Tempo der Urbanisierung und insbesondere des Wachstums von Mega-Städten (schon zwei Dutzend mit mehr als 10 Millionen Einwohnern) könnte aber schon bald an natürliche Grenzen stoßen – nicht nur bei den Wohnungsproblemen, sondern auch mit der Umweltverschmutzung, dem Abfallproblem, den Verkehrsproblemen und vor allem mit der Wasserversorgung. Hinzu kommt, dass die Stadtbevölkerung total infrastrukturabhängig ist. Fallen in einem Crash hunderttausende Arbeitsplätze weg oder bricht die Versorgung der Logistikketten zusammen oder die Wasser-, die Energie- oder Elektrizitätsversorgung[3], so werden diese Störungen sofort zum Existenzproblem der Stadtbevölkerung, während die landnahe Bevölkerung und Landbevölkerung sich noch teilweise selbst versorgen kann.

Hier sind es auch wiederum die Zuwanderer, welche am stärksten auf die öffentlichen Dienstleistungen angewiesen sind. Fallen diese weg, wird diese Bevölkerung in ihrer Existenznot dies nicht gutwillig hinnehmen und zum sozialen Unruheherd werden.

Dass es nicht nur natürliche Grenzen des Urbanisierungswachstums gibt, hat der plötzlich in vielen Ländern der Welt und auch bei uns verordnete „Lockdown“ ganzer Branchen gezeigt, wie z. B. der Gastronomie, des Einzelhandels, der Unterhaltungsindustrie, der Innenstadtbüros (Homeoffice) und des Verbots von Menschenansammlungen. Dies war ein plötzlicher Stopp und Schock für die städtische Wirtschaft und Gesellschaft. Er blieb nur friedlich, weil der Staat mit üppigsten Hilfsgeldern, Förderungen, Darlehen und Kurzarbeitergeld um sich warf, um den Wirtschaftscrash zu verhindern.

Es ist jetzt müßig, darüber zu diskutieren, ob bei nicht einmal 5 % Corona-Betroffenen unserer Gesamtbevölkerung und nicht einmal 0,2 % Verstorbener (d.h. keine „Übersterblichkeit“) der Wirtschaftsstopp eine panische Überreaktion oder notwendige Krisenreaktion gewesen ist; der Stopp unserer vor allem Dienstleistungswirtschaft in den Innenstädten hatte jedenfalls dramatische Auswirkungen.

Jedenfalls hat der von der Regierung verordnete Wirtschaftsstopp zum Gewerbestopp vor allem in den Innenstädten mit noch dramatisch werdenden Folgen geführt und ebenfalls zu einem noch nicht dagewesenen Attraktivitätsabfall und Funktionsverlust der Citys.

Langfristige City-Tendenzen:

Voraussichtlich haben sich viele Menschen während der eineinhalbjährigen Corona-Panik ein anderes Verhalten angewöhnt, bleiben mehr zu Hause, können auf Einkaufsbummel und Spaßangebote verzichten und mussten sich sogar den gewohnten Gastronomiebesuch abgewöhnen. Ob daraus ein Dauerverhalten wird oder sich wieder früheres Verhalten einstellt, bleibt unsicher. Inzwischen haben nämlich z. B. die Konsumenten entdeckt, dass der Versandhandel gleiches Angebot zu billigeren Preisen nach Hause liefern kann, man dazu also nicht mehr in die Stadt braucht. Der Einzelhandel selbst rechnet damit, dass durch den Lockdown weitere 20 % seines Umsatzes an den Versandhandel dauerhaft verloren gehen – vielleicht mehr. Wenn aber der Einzelhandel in der Stadt zurückgeht, geht auch die Attraktivität der Stadt zurück, werden auch die Mieten nicht mehr gezahlt werden können wie bisher, wird es City-Rezessionswirkungen geben.

Gleiches gilt für die Gastronomie. Diese stand schon länger in einem Wandel von der originären zur Systemgastronomie. Die Systemgastronomie ihrerseits aber hat bereits schon vor dem Lockdown den Stadtrand gesucht – auch wegen Verkehrsproblemen und Parken.

Das Mittelstandsinstitut rechnet nach der Urlaubszeit zuerst wieder mit verstärkter Gastronomienachfrage der Bevölkerung, die immerhin eine Bio. Euro während der Pandemiezeit nicht ausgeben konnte und gehortet hat und diese nun wieder flüssig machen will[4]. Nach baldigem Ende dieser Nachfragewelle könnte sich die Lockdown-Tendenz zur häuslichen Feier und Versorgung wieder durchsetzen, ist also nicht sicher, ob die Gastronomie ihre alten Umsätze je wieder erreichen wird.

Noch düsterer sieht es mit der Unterhaltungsindustrie aus. Selbst Kulturangebote wie Konzerte, Theater, Museen u.a. hatten es schon bisher schwer, die Zuschauer noch zu fesseln[5]. Die Debatte um den teuren Kulturzirkus mit öffentlichen Zuschüssen von über 100 Euro pro Platz pro Tag (Theater) hat längst begonnen – ebenso wie die über Unkultur und Staatspropaganda der öffentlichen Medien. Ob die seichten Spaßunterhaltungsangebote den Rückgang von Kulturangeboten ausgleichen können, muss bezweifelt werden. Aber selbst die Massen-Spaßveranstaltungen der schrägen Popmusik weichen bereits in Stadien des Stadtrandes aus, dürften die Innenstädte kaum wiederbeleben können.

Während des Lockdowns standen viele Verwaltungszentren und Büros leer. Die Mitarbeiter waren zu Homeoffice verpflichtet und haben sich an Homeoffice gewöhnt. Auch die Verwaltungen selbst haben gemerkt, dass mehr Digitalisierung und Internet Büroraum sparen kann. Das Institut rechnet damit, dass sich die bisherigen Büros nie wieder ganz füllen werden, dass 20 – 25 % der Bürokapazität aus der Innenstadt verschwinden wird[6]  und dass dadurch auch entsprechend weniger Büropersonal in der Innenstadt für Umsatz und Attraktivität sorgen wird. Die Digitalisierung wird also doppelte Bürowirkung haben, sie wird weniger menschliche Arbeit in Büros benötigen und sie wird den Trend einer Verlagerung der Verwaltung in mietbilligere Randlagen verstärken.

Während zu Lockdown-Zeiten das Gewerbe in den Innenstädten gestoppt und die Arbeitnehmer aus den Büros vertrieben waren, wurden die Straßen entsprechend „wirtschaftsärmer“. Im Bild der Straßen überwog plötzlich eine Überzahl von Immigranten, die ohne Arbeit und ohne Beschäftigung auf den Straßen lungern und das City-Bild zunehmend bestimmen. Diese Entwicklung wiederum hat dazu geführt, dass sich Damen immer weniger auf die Straßen der Innenstadt trauen, dass Abendveranstaltungen nicht mehr besucht werden können und dass sich im Gesamt-City-Bild der Anteil der mittelständischen wirtschaftsaktiven und produktiven Bevölkerung gegenüber einer armen, immigrierten Unterschicht wandelte. Der Ausländeranteil an unserem Volk ist bei einem Viertel, der in unseren Städten aber zum Teil schon mehr als die Hälfte. Diese Auswirkungen sind in den Cities am stärksten zu spüren, haben sie verändert und werden sie wohl auch dauerhaft für das Gewerbe, den Arbeitsmarkt und die Attraktivität verändern, werden sie wie in den USA verslummen lassen.

Zusätzliche Problembereiche der Citys:

Wie schnell eine City abstürzen kann, haben wir in den amerikanischen Megazentren wie Chicago u.a. gesehen. Fehlt das Gewerbe, fehlen die Arbeitsplätze, fehlt der Mittelstand. Und meiden die Pendler die City, fällt die City wirtschaftlich zurück, kann sie sogar veröden. Ein wirtschaftlicher Niedergang ist multiplikativ folgenschwer: Wenn das Gewerbe keine Umsätze mehr macht, zahlt es auch keine Steuern mehr, fehlen der Stadtverwaltung auch die Mittel für Ordnung, Reinigung, Infrastruktur und Investitionen mit den daraus entstehenden sekundären Abstiegsfolgen.

Und je mehr eine City von Ausländergangs, Ausländerkonzentrationen und Ausländeransammlungen beherrscht wird, zieht sich der Mittelstand nicht nur mit seiner Wohnung, sondern auch mit seinem Gewerbe und seinem Umsatz aus der City zurück, bleibt nur noch Sozialpotenzial mit seinen öffentlichen Funktionären unter sich, ohne die mittelständischen Zahler und Wirtschaftsträger.

Das Mittelstandsinstitut hat in früheren Untersuchungen nachgewiesen, dass Städte wirtschaftlich umso besser dastanden und umso attraktiver waren, je mehr Mittelstand für Arbeit, Umsatz, Steuern und Abgaben sorgte, dass bei zurückgehendem Mittelstandsanteil in den Städten die wirtschaftlichen Schwierigkeiten wachsen. Transferleistungsempfängermehrheiten in der Stadt wie im Ruhrgebiet schaffen nicht nur Verproletarisierung, sondern auch wirtschaftlichen Ruin der Citys, weil dann auch der Rest-Mittelstand – schon wegen der Schulbildung ihrer Kinder – aus den Städten flüchtet.

Unsere Grünen-Politiker versuchen, die Innenstädte noch zusätzlich unattraktiv zu machen, indem sie den Autoverkehr aus den Innenstadt verbannen, immer höhere Grenzwerte für Staub- und Luftanteile für höhere Innenstadtrestriktionen nutzen und für Mieter die Energiekosten ständig verteuern, so dass immer weniger Menschen die Innenstadtwohnungen vom Markteinkommen bezahlen können, dass statt Selbstzahlern also immer mehr öffentlich finanzierte Sozialempfänger in die Wohnungen einziehen, denen der Staat die teure Wohnung zahlen muss.

Ausblick:

Die Diskussionen im Mittelstandsinstitut Niedersachsen über die Zukunft unserer Städte war nicht einheitlich. Ein Teil der Diskussionsteilnehmer glaubt, dass die Innenstädte ihren Attraktivitätszenit erreicht oder sogar überschritten haben und nun wegen der vorgenannten Problematik wieder schrumpfen würden. Ein anderer Teil dagegen wies auf die Bevölkerungszunahme in der Welt und weitere Massenzuwanderung zu uns als Grund weiterer Massierung der Menschen in den Innenstädten hin und glaubt deshalb, dass die Verstädterung quantitativ anhalten könnte. Alle waren aber einig, dass die Qualität der Städte nachlassen wird, dass die Bevölkerungsstrukturen der Citys immer mehr durch Unterschicht geprägt werden und dass dadurch der Mittelstand aus den Städten flüchten und demgemäß eine umso größere „Verslummung“ unserer Städte einsetzen wird, je größer diese sind.

Das gelte allerdings nicht für die Mittelstädte. Zumindest für solche nicht, die nicht von Arbeitermilieu und Großkonzernen bestimmt seien, die also mittelstandsdominiert blieben.  Demgemäß könnte in den nächsten Jahrzehnten eine Fluchtbewegung des Mittelstandes aus der Innenstadt der Großstädte wenn nicht aufs Land, so doch in die dezentralen Mittelstädte stattfinden.

Schichtenspezifisch nämlich gilt: In den Wohnvierteln der Ober- und Mittelschicht sorgen diese selbst für Auswahl, Mitbewohner und Attraktivität ihres Wohnsitzes.

Wo eine starke mittelständische Struktur in einer Mittelstadt überlebt, wird auch die Attraktion dieser Mittelstadt wirtschaftlich und gesellschaftlich gesund bleiben.

Die von Unterschichten beherrschten Citys der Großstädte werden dagegen die unwirtschaftlichen, sozialen und finanziellen Brennpunkte unserer Gesellschaft werden.

[1] Vgl. Mittelstandsinstitut (Hamer) „Visionen 2050“, S. 54 mit weiteren Nachweisen

[2] Vgl. „Visionen 2050“, a.a.O., S. 54 mit weiteren Nachweisen

[3] Durch Überlastung, durch Bürgerkrieg oder Naturkatastrophen

[4] Gesamtbarmittelbestand der Bevölkerung von 7 auf 8 Bio. während der Lockdown-Zeit gestiegen.

[5] So hat vor allem das steigende Sex- und Genderangebot die traditionellen Besucher abgeschreckt oder sogar vertrieben.

[6] Wohnungsbau, Umbau oder Zweckentfremdung

Foto: Prof. Dr. Eberhard Hamer. Quelle: Mittelstandsinstitut Niedersachsen e.V.

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