Fragen zur Vergangenheit des „Südschleswigschen Wählerverbandes“ (SSW)

Die politische Vertretung der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein, der „Südschleswigsche Wählerverband“ (SSW) wird künftig mit einem Abgeordneten im Deutschen Bundestag vertreten sein. Möglich wird dies durch die Sonderregelung, dass für den SSW die 5%-Klausel nicht gilt, auf Bundes- wie auf Länderebene. Eine Luxusbehandlung, welche die deutsche Minderheit und ihre Vertretungen im dänisch beherrschten Nordschleswig auch gerne hätte, aber nie genießen durften. Auch deshalb, weil die bundesdeutsche Politik sich für deutsche Minderheiten im Ausland nie besonders interessiert hat und sich deshalb für ihre Rechte auch nicht einsetzt.

Die Forderung nach „Aufarbeitung dunkler Vergangenheit“ ist in der Bundesrepublik gerade heute wieder en vogue. Wir beteiligen uns im Folgenden einmal daran mit einigen Fragen bezüglich der Vergangenheit des „SSW“.

1945 waren nicht überall in Schleswig-Holstein Flüchtlinge und Vertriebene aus dem deutschen Osten willkommen. Ein besonders trübes Kapitel beschreibt ein Aufsatz des Historikers Martin Klatt in den „Grenzfriedensheften“ des Jahres 2002 unter dem Titel „… und sich nicht mit den Flüchtlingen zu vermischen“. Hierbei ging es um die Haltung der politischen Vertretung der dänischen Minderheit im Landesteil Schleswig gegenüber denjenigen, die die Not in unser Land geführt hat. Dort befürchtete man einerseits durch die Vermehrung der deutschen Bevölkerung die Vereitlung der Pläne, Südschleswig an Dänemark anzugliedern, anderseits eine „Überfremdung“ durch die, wie man damals sagte, „artfremden“ Flüchtlinge und Vertriebene, denen man teilweise sogar unterstellte, „andersrassig“ (also offensichtlich mit slawischem Einschlag) zu sein. Vertreter der dänischen Minderheit hoben daher die Andersartigkeit der Deutschen aus dem Osten hervor und versuchten vor allem einer Vermischung mit der schleswigschen Bevölkerung zu verhindern. So trachteten der dänische Jugendverband „Sydelvigs Danske Ungdomsforeninger“ und die „Sydslesvigsk Forening“ (SSF) danach, dem Trend von „Mischehen“ zwischen Flüchtlingen und Einheimischen entgegen zu wirken. Unter anderem wurde beschlossen, die einzelnen Vereine der dänischen Minderheit aufzufordern, über die Gefahren von „Mischehen“ aufzuklären. Wie Klatt in seinem Beitrag sagt: „Südschleswigs Jugend sollte sich von den Fremden fernhalten“. Zur propagandistischen Untermauerung schrieben Autoren, die in der dänischen Bewegung aktiv waren, Theaterstücke mit nationalistischem Impetus, welche das Unglück beschrieben, das Südschleswig im Laufe der Geschichte aus dem Süden angeblich erfahren musste. Als Höhepunkt dieses Unglücks wurde nun der Flüchtlingsstrom aus dem Osten geschildert, der angeblich das nordisch-germanische Volkstum bedrohte.

1948 beschlossen sowohl der dänische Jungendverband, als auch die SSF, Mitglieder auszuschließen, die sich mit Menschen verheirateten, die südlich der Eider geboren und nach dem 1.9.1939 zugewandert waren. Flankiert wurde das Ganze publizistisch. In einem Beitrag in der vom „Südschleswigschen Wählerverband“ SSW herausgegebenen „Heimatzeitung“ vom 15. Januar 1949 hörte sich das so an: „Fließend ohne Unterbrechung geht die Unterwanderung vor sich, die das Blut des Ostens in unsere alten friesischen und niedersächsischen Familien einsickern lässt…  An die Stelle der schlanken hohen Friesengestalten mit ihren schmalen rassigen Gesichtern wird der breitgesichtige untersetzte slawische Typus treten. Das ist das Äußere, das dem Geist entspricht, der sich den Körper baut. Wenn unsere Jugend nicht endlich sehen lernt, ist das ihr Nekrolog“.

Erfolgreich war diese an Hetze grenzende Politik von Vertretungen der dänischen Minderheit damals nicht. Weder konnte die Integration der ostdeutschen Flüchtlinge und Vertriebenen verhindert werden, noch ließen sich die Schleswiger davon abhalten, dem Ruf der Liebe zu folgen, noch erlangte Dänemark die Eidergrenze wieder.

Es wäre interessant zu erfahren, ob sich der traditionell links orientierte „SSW“ heute bereitfinden würde, dieses eben geschilderte dunkle Kapitel seiner Vergangenheit aufzuarbeiten.

Stephan Ehmke

Foto: Wahlplakat des „SSW“ von 1950.

 

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