Ideologiegemachte Energiekrise

Die ideologiebefrachtete Klimapolitik der Bundesregierung ist die Ursache für die eskalierende Energiekrise, naturgegebene Bedingungen tragen dafür keine Verantwortung. Gefahr von Stromausfällen, Preistreiberei und zunehmende Abhängigkeit von ausländischen Energielieferungen sind Folgen davon. Für die deutsche Wirtschaft und die Verbraucher wird das fatale Konsequenzen haben. Lesen Sie hier den Beitrag von zum Thema von Marc Schmidt aus der aktuellen Jungen Freiheit Nr. 2/2022. 

Der größte Preistreiber ist die deutsche Energiepolitik

Über Herkunft und Kostenentwicklung unserer Energieträger Kohle, Öl und Gas: Die Russische Föderation ist zum mit Abstand wichtigsten Handelspartner geworden – und wir sind in eine neue geostrategische Abhängigkeit geraten

Marc Schmidt

Im Vergleich zum Dezember 2020 ist der Strompreis pro Megawattstunde (MWh) an der Energiebörse EEX im Dezember 2021 von ca. 45 Euro auf fast 210 Euro angestiegen. Für den Verbraucher kostete der Strom Ende 2020 somit 4,5 Cent pro Kilowattstunde (kWh) vor Steuern, Netzentgelten und Umlagen. Aktuell ergibt sich ein Börsenpreis von fast 21 Cent/kWh. Diese Energiepreisexplosion ist ein zentraler Treiber der Inflation in Deutschland und läßt für die erste Jahreshälfte 2022 eine weitere Pleitewelle der Energieversorger erwarten. Bis April 2021 wurden alle Neuverträge mit einem zu erwartenden Börsenpreis von 6 bis 7 Cent/kWh kalkuliert, die Differenz ist über Preiserhöhungen gerade für kleinere Anbieter nicht finanzierbar.

Steinkohle wird inzwischen ausschließlich importiert

Als Preistreiber lassen sich vier wesentliche Faktoren identifizieren: die deutsche Energiepolitik, die stark steigenden Preise für die Berechtigungszertifikate für CO2-Emissionen, die zusätzliche Besteuerung der Verbrennung fossiler Energieträger seit 2021 sowie die Entwicklung der Preise für die Primärenergieträger Kohle, Öl und Gas. Dieser Punkt lohnt eine Betrachtung der Kennzahlen dieser Energieträgerimporte nach Herkunftsländern, Mengenentwicklung und Preisen, wobei zahlreiche Statistiken für das eben vergangene Jahr 2021 erst in den kommenden Wochen vollständig erhoben sein werden.

2021 wurde im „Kohlekompromiß“ der Regierung Merkel insbesondere mit den ostdeutschen Landesregierungen das Ende der Förderung der Braunkohle in Deutschland beschlossen. Die in Deutschland abgebaute Menge sank 2020 von 131,3 Millionen Tonnen auf 107,4 Millionen. Die Tendenz ist weiter fallend, da zunehmend Kapazitäten an den zehn verbliebenen Förderstandorten in Deutschland zurückgefahren werden.

Während der Einsatz von Kohle zur Stromerzeugung in Deutschland 2038 enden soll, gibt es noch keine diesbezüglichen Pläne für die Grundstoffindustrie, bei der Kohle insbesondere bei der Stahlproduktion, aber auch in Filtern verwendet wird. Während die in Deutschland noch geförderte Braunkohle, die aufgrund ihres hohen Wassergehalts schlechtere Brennwerte hat, meist regional in Kraftwerken in der Nähe des Tagebaus verwendet wird, wird die höherwertige Steinkohle inzwischen ausschließlich importiert; die letzte verbliebene Steinkohlenzeche, Prosper-Haniel in Bottrop, schloß vor drei Jahren.

Wichtigstes Herkunftsland ist nun Rußland, das bereits 2019 nahezu die Hälfte (19,2) der 40,4 Millionen Tonnen importierter Steinkohle geliefert hat. Ein knappes Viertel der Importe stammt aus den USA und Kanada (9,3), ca. elf Prozent der Importe überqueren ebenfalls die Weltmeere auf ihrer Importroute aus Australien (4,8).

Der pandemiebedingte Rückgang des weltweiten Verkehrs hatte 2020 zu einem internationalen Verfall der Rohölpreise geführt. Der niedrige Jahresdurchschnitt des Barrel-Preises von 41,47 Dollar steigerte sich im Jahresverlauf 2021 allerdings wieder um mehr als 50 Prozent auf 64,04 Dollar, wobei die Preisschübe an den internationalen Märkten insbesondere in der zweiten Jahreshälfte zu verzeichnen waren. Ein Barrel Rohöl kostete 2021 damit so viel wie 2019. Die 2021 exponentiell wachsenden Mobilitäts- und Logistikkosten sind allerdings eine Folge fehlgeleiteter politischer Entscheidungen wie der Einführung der auch im Januar 2022 erneut steigenden CO2-Verbrennungssteuer.

Als Folge der 2022 steigenden Ölpreise und Steuern wird die Inflation in Deutschland weiter angeheizt durch die steigenden Herstellungskosten für zahlreiche Güter der Wertschöpfungskette und Weiterverarbeitung, wie beispielsweise Plastik. Ein Ende der Entwicklung ist nicht abzusehen, im letzten bislang veröffentlichen Statistikmonat Oktober 2021 importierte Deutschland mit 7,7 Millionen Tonnen Rohöl mehr als in jedem anderen Monat der vergangenen zwei Jahre zum Rekordpreis von 510 Euro je Tonne. Das steigende weltweite Preisniveau macht auch aufwendigere Ölgewinnungstechniken in Amerika wieder lukrativ, weshalb die USA wie alle anderen Nicht-Opec-Produzenten außer Norwegen ihre Produktion 2021 erneut erhöht haben.

Klassisches Oligopol bei der Preisbildung am Gasmarkt

Im bezüglich der Mengen schwachen Jahr 2020 importierte Deutschland aus den Vereinigten Staaten 9,4 Millionen Tonnen Rohöl. Die USA wurden damit im schrumpfenden Markt zum drittgrößten Exporteur knapp hinter den Briten, die 9,5 Millionen Tonnen Rohöl lieferten, und vor den Norwegern, die 8,0 Millionen Tonnen Rohöl nach Deutschland transportierten. Dominiert wurden auch die Ölexporte nach Deutschland von Rußland, das 2020 mit 28,1 Millionen Tonnen mehr Rohöl nach Deutschland verkaufte als die drei nachfolgenden Länder zusammen.

In den vergangenen Jahrzehnten hat Deutschland somit seine Abhängigkeit von Importen aus Opec-Staaten abgelegt, allerdings mit der Folge einer neuen geopolitischen strategischen Abhängigkeit. Eine Veränderung der Importbeziehungen zu den Nicht-EU-Staaten Großbritannien und Norwegen ist auch nach der Erschließung neuer norwegischer Ölfelder und dem Abschluß der seit 2019 laufenden Sanierung der norwegischen Pipelinesysteme nicht zu erwarten. Diese noch bis 2022 laufenden Baumaßnahmen haben auch die Struktur der Gas­importe nach Deutschland verändert und eine weitere geostrategische Abhängigkeit von Rußland etabliert.

Allerdings wird diese in Deutschland deutlich stärker medial wahrgenommen, als sie tatsächlich ist. So basierte die beispielsweise im Spätherbst 2021 in Deutschland diskutierte geringere Liefermenge russischen Gases auf simplen Faktoren. Wegen eines größeren Schadens im Förder- und Pipelinesystem in Sibirien war die russische Gesamtproduktion 2021 gebremst, obwohl alle Lieferverträge, auch mit Deutschland, eingehalten worden sind. Hinzu kam die in allen produzierenden Ländern, auch in Deutschland, gängige Vorgehensweise, aus technischen wie Kostengründen zunächst einheimische Speicher zu füllen, bevor verstärkt exportiert wird. Dies hatte zur Folge, daß Rußland mehrere Wochen nur bestehende langfristige Lieferverträge bedient, aber keine zusätzlichen Bestellungen angenommen hat. Die reduzierten russischen Fördermengen in Verbindung mit deren medialer und politischer Interpretation hatten allerdings an den Märkten analog zum Öl deutlich steigende Preise zur Folge, was den falschen Eindruck des Mangels verstärkte.

Die Gaspreisentwicklung in Deutschland ist ein zentraler Treiber der Inflationsrate von über fünf Prozent in Deutschland. Diese Preisentwicklung ist ebenfalls eine Folge der Einführung der über das europäische Niveau hinausgehenden Verbrennungssteuer für Energieträger in Form der CO2-Bepreisung. Da beim Gasverbrauch tendenziell mehr Mengeneinheiten verbraucht werden, also mehr Kubikmeter als Kilowattstunden, wirken sich die steuerlichen Aufschläge für einen heizenden Verbraucher und die Industrie stärker aus. In Deutschland ist der Gaspreis zudem über die Mechanismen der Ölpreisbindung an die Entwicklung des Rohölmarktes gekoppelt. Zwar greifen diese Vertragsbedingungen für Privatkunden aufgrund letztinstanzlicher Urteile nicht, allerdings sind Lieferanten im Regelfall auf Verträge mit Importeuren angewiesen, welche wiederum industrielle Verträge mit Ölpreisbindung nutzen. Vergleicht man diese Importpreise mit 2015 als Referenzjahr, so ergibt sich inflationsbereinigt ein Index von 292,3: Die 2015 für 100 Euro importierte Gasmenge kostete im November 2021 über 292 Euro – mit weiter stark steigender Tendenz.

Der Importanteil am deutschen Gasmarkt liegt bei über 90 Prozent, wobei der genaue Wert von der Betrachtungsmethodik, beispielsweise des unterschiedlichen Brennwerts abhängt. Da Deutschland für die Gasexporteure Norwegen und Holland auch ein Transitland ist, wurden mehr als 20 Prozent der in Deutschland gehandelten Gasmenge nach Zwischenlagerung wieder exportiert. Die mehr als 90 Prozent Gasimporte wurden 2020 zu mehr als 55 Prozent aus Rußland importiert. Diese Importe dominieren also bereits vor der Inbetriebnahme zusätzlicher Pipelinekapazitäten den deutschen Gasmarkt. Dieser entspricht bezüglich der Preisbildung einem klassischen Oligopol, bei dem als weitere Anbieter Norwegen mit 30,6 Prozent und die Niederlande mit 12,7 Prozent als relevante Akteure auftreten.

Zusammenfassend läßt sich für alle betrachteten Primärenergieträger Kohle, Öl und Gas eine zunehmende Abhängigkeit von russischen Importen feststellen. Der deutsche Sonderweg der „Energiewende“ mit seinen volatilen Erzeugungsformen in Verbindung mit dem Alleingang beim Ausstieg aus der Kernenergie wird die deutsche Abhängigkeit von seinem Hauptimporteur eher verstärken als abschwächen.

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