Audiatur et altera pars!

von Dr. Walter Post

Eine russische Lagekarte und eine Rede Putins zur Lage in der Ukraine

(„Audiatur et altera pars!“ – Auch die andere Seite soll gehört werden. Ein alter Rechtsgrundsatz, der nicht erst seit heute von den meisten westlichen Medien ignoriert wird.) 

 Am 7. März 2022 zeigte der russische staatliche Fernsehsender Rossija 1 erstmals eine Karte von den laufenden militärischen Operationen in der Ukraine [siehe unter diesem Absatz]. Damit erfuhr das russische Fernsehpublikum erstmals von offizieller Seite von der Einkesselung von 12 bis 15 ukrainischen Brigaden in der Ostukraine durch die russische Armee. Angesichts der sehr zurückhaltenden russischen Informationspolitik ist davon auszugehen, daß diese Karte vom Russischen Verteidigungsministerium und vom Kreml freigegeben worden ist. Da die beiden russischen Zangenarme im Westen der eingekesselten ukrainischen Verbände laufend verstärkt werden, ist deren Kapitulation bzw. Zerschlagung jetzt nur noch eine Frage der Zeit. Danach dürfen die Möglichkeiten der ukrainischen Regierung, weiterhin militärischen Widerstand zu leisten, nur noch gering sein.

Wenige Tage davor, am 5. März 2022, hatte Wladimir Putin eine wichtige Rede gehalten, die interessante Aufschlüsse über die Motive der russischen Führung für die „Besondere Militärische Operation“ in der Ukraine und ihren bisherigen Verlauf gibt. Er hielt diese kurze Rede vor Pilotinnen ziviler russischer Luftfahrtlinien. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil in der russischen Bevölkerung erheblicher Unmut darüber herrscht, daß sie aufgrund der westlichen Sanktionen von einem wichtigen Teil des internationalen Reiseverkehrs ausgeschlossen ist. Meinungsumfragen von unabhängigen Instituten zufolge soll Präsident Putin derzeit deutlich mehr als 70 Prozent der russischen Bevölkerung hinter sich haben.

Putin hielt am 5. März keine vorbereitete Rede, sondern sprach frei, wobei er persönlich einen entspannten Eindruck machte. Seine Ausführungen stehen in krassem Gegensatz zu dem, was derzeit in der westlichen Presse kolportiert wird. So betont Putin beispielsweise, daß die Erklärung der ukrainischen Regierung, sich Atomwaffen beschaffen zu wollen, eines der entscheidenden Motive für die militärische Intervention gewesen sei; weiterhin führt er aus, daß in der Ukraine keine mäßig ausgebildeten Wehrpflichtigen (ein beliebtes Thema in der westlichen Presse), sondern ausschließlich Berufssoldaten eingesetzt seien. Der Text, der absolut lesenswert ist, beginnt mit einer Frage einer der anwesenden Pilotinnen.

„Mein Name ist Maria Kotowa. Ich bin Copilotin in einem Airbus A320 der ‚Aeroflot‘. Meine Frage betrifft die gegenwärtige Situation in der Ukraine. Wir alle unterstützen Ihre Handlungen und die besondere Operation, die dort stattfindet. Natürlich ist die wichtigste Frage, die wir uns alle in der einen oder anderen Weise gestellt haben, warum die besondere Operation begonnen wurde. Konnte sie nicht verhindert werden? Verstandesmäßig verstehen und unterstützen wir Ihre Handlungen, aber als Frauen können wir nicht anders, als uns Sorgen zu machen: Um unsere Familie, Verwandten und für die, die in der Ukraine sind. Wir wissen, daß die Zivilisten nicht betroffen sind. Aber nichtsdestoweniger, erklären Sie uns, versichern Sie uns: Was haben wir am Ende dieses Weges zu erwarten? Was wird das Endergebnis der Operation in der Ukraine sein?

Wladimir Putin:

Ich werde mich kurz fassen, aber wir haben, wie man [im Russischen] sagt, ‚in der Mitte des Feldes‘ zu beginnen. Ich habe dies vor Beginn der Operation gesagt und auch, bevor diese Entscheidung getroffen wurde, darüber gesprochen, eine harte Entscheidung ohne Zweifel. Worum geht es? Tatsache ist, das nach dem verfassungswidrigen Staatsstreich in der Ukraine, der unglücklicherweise von westlichen Ländern unterstützt wurde – seien wir ehrlich [ … ] Sie verheimlichen nicht einmal die Tatsache, daß sie dafür fünf Milliarden $ ausgegeben haben, nicht zu vergessen die Cookies, die auf dem Maidan verteilt wurden, und so fort. Und danach, anstatt die Situation wieder auf den richtigen Weg zu bringen, auch wenn sie außer Kontrolle geraten war, auch wenn es die Tat übereifriger Ortsansässiger war – es gibt solch einen juristischen Begriff, d.h. es wurde eine Sache geplant, aber das Ergebnis war etwas ganz anderes – hätten sie die Situation wieder auf den richtigen Weg bringen können und sollen. Darüber hinaus kamen, kurz vor dem Umsturz, die Außenminister dreier Länder 2014 nach Kiew und unterzeichneten ein Abkommen mit der ukrainischen Regierung, in dem sie als Garanten dieses Abkommens fungierten, um sicherzustellen, daß sich die Situation im politischen Bereich entwickeln würde. Aber nichts dergleichen geschah. Sie organisierten einen coup d’état und unterstützten die Täter. Was folgte waren die wohlbekannten Ereignisse in Bezug auf die Krim und den Südosten der Ukraine, den Donbaß, wo sich die Leute weigerten, den Staatsstreich zu unterstützen. Wie wir wissen traf die Krim eine Entscheidung; die Menschen kamen, um in einem Referendum über die Rückkehr der Krim zur Russischen Föderation abzustimmen. Natürlich, ja, natürlich konnten wir nicht anders als die Entscheidung zu unterstützen, umso mehr, da sie [die Menschen] das Gefühl hatten, sich durch die Nationalisten und Neo-Nazis in Gefahr zu befinden. Es gibt überzeugende Beweise dafür, daß sie darin absolut recht hatten.

Später, oder besser gesagt, parallel dazu, nahmen die Ereignisse im Donbaß ihren Lauf. Wohin haben diese Ereignisse geführt? Leute, die gegen die Folgen des Umsturzes Widerstand leisteten, wurden verfolgt. Schließlich initiierten die neuen Machthaber in Kiew eine militärische Operation gegen jenes Gebiet. Sie haben zwei großangelegte Strafexpeditionen unter Einsatz von schweren Waffen und Kampfflugzeugen durchgeführt. Sie haben Donezk direkt angegriffen und die Stadtplätze mit Hilfe von Flugzeugen, Panzern und Artillerie zerstört. Beide militärische Feldzüge schlugen fehl. Die ukrainische Armee erlitt eine Niederlage. Danach wurden die Minsker Abkommen, oder, um die offizielle Bezeichnung zu verwenden, das Maßnahmenpacket, unterzeichnet. Die Abkommen boten einen Weg für eine friedliche Beilegung des Konflikts. Wir taten alles was wir konnten, um die Geschehnisse auf diesen Weg zu bringen, die territoriale Integrität der Ukraine wiederherzustellen und gleichzeitig die Interessen der Menschen, die in diesen Gebieten leben, zu schützen. Was haben diese Menschen gefordert? Nichts als diese grundlegenden Dinge: das Recht, in ihrer Muttersprache, das ist Russisch, zu sprechen, und ihre Traditionen und ihre Kultur zu behalten. Das waren keineswegs ungewöhnliche Forderungen. Aber nein. Diese Gebiete wurden einer wirtschaftlichen Blockade unterworfen; vom Bankensystem abgeschnitten; die Lieferung von Lebensmitteln wurden eingestellt; die Auszahlungen von Pensionen und Sozialhilfe wurde ausgesetzt. Manchmal wurden einige Almosen verteilt, aber um diese Pensionen und Sozialhilfeleistungen zu erhalten, mußte die Person die Kontaktlinie überqueren.

Hören sie jetzt zu. Ich will nun etwas sagen, daß roh klingen mag, aber die Situation zwingt mich dazu, es auszusprechen. Sie wissen, daß gelegentlich in einigen Gegenden Rudel streunender Hunde Menschen angreifen und sie verletzen oder sogar töten (dies ist ein eigenes Problem, und es ist Aufgabe der örtlichen Behörden, damit fertig zu werden). Aber dann werden diese Tiere vergiftet oder erschossen. Aber die Menschen im Donbaß sind keine streunenden Hunde. Etwa 13.000 bis 14.000 Menschen sind in diesen Jahren getötet worden. Mehr als 500 Kinder wurden getötet oder verletzt. Aber was besonders unerträglich war, ist, daß der sogenannte „zivilisierte“ Westen es in all diesen Jahren vorgezogen hat, in die andere Richtung zu schauen. All diese Jahre – acht Jahre! Acht Jahre! Mehr noch, in jüngster Zeit haben die Kiewer Machthaber damit begonnen, offen und öffentlich zu erklären, daß sie die Minsker Abkommen nicht erfüllen würden. Sie sagen dies im Fernsehen und Online. Sie geben dies überall zu Protokoll: Wir mögen sie nicht, wir werden es nicht tun. Und in dieser ganzen Zeit wurde Rußland beschuldigt, die Abkommen nicht zu erfüllen. Dies ist einfach Unsinn; absurdes Theater; weiß wird als schwarz bezeichnet und schwarz als weiß.

Seit geraumer Zeit ist es sogar noch schlimmer geworden. Tatsächlich hat das Gerede schon vor langer Zeit begonnen, sich aber seit Kurzem intensiviert. Immer öfter hören wir, daß die Ukraine der NATO beitreten werde. Verstehen sie, wozu das führen könnte? Oder führen wird? Wenn die Ukraine ein NATO-Mitglied ist, dann müssen, gemäß dem Nordatlantischen Vertrag, alle anderen Mitglieder dieses Land im Falle eines militärischen Konflikts unterstützen. Außer uns hat niemand die Krim als russisches Territorium anerkannt. Sie führen militärische Operationen im Donbaß durch, können sich aber genauso gut gegen die Krim wenden, und in diesem Fall haben wir es mit der ganzen NATO zu tun. Was bedeutet das? Verstehen sie die Konsequenzen? Ich denke, jedermann versteht sie.

Nun reden sie [die Ukrainer] über den Erwerb des nuklearen Status, d.h. die Entwicklung nuklearer Waffen. Wir können diese Dinge wohl nicht ignorieren, besonders wenn wir berücksichtigen wie der sogenannte Westen sich gegenüber Rußland verhält. Zum Ersten besitzt  die Ukraine noch einige nukleare Fähigkeiten, die noch aus Sowjetzeiten stammen. Soweit es die Anreicherung von nuklearem Material betrifft, wären sie in der Lage, diese Arbeit zu organisieren. Sie haben die Fähigkeit zum Bau von Raketen: es genügt, auf ‚Juschmasch‘ hinzuweisen. Diese Firma baute Interkontinentalraketen für die Sowjetunion. Sie könnten diese Fähigkeit wiedererlangen und es tun. Und die jenseits des Ozeans würden ihnen sogar helfen, es zu tun. Und danach würden sie sagen: „Also, wir erkennen den nuklearen Status nicht an; sie haben alles selbst gemacht.“ Und dann würden sie diese Komplexe unter ihre Kontrolle bringen, und von diesem Moment an, von dieser Sekunde, wäre das Schicksal Rußlands völlig anders. Denn in diesem Fall würden unsere Gegner nicht einmal Interkontinentalraketen benötigen. Sie würden uns genau hier direkt mit einer Nuklearwaffe bedrohen. Wie können wir eine solche Sache ignorieren? Dies sind absolut reale Bedrohungen, nicht eine weit hergeholte billige Phantasie.

Unsere Jungs, die jetzt kämpfen und ihr Leben riskieren, sie kämpfen und geben ihr Leben für unsere Zukunft, für die Zukunft unserer Kinder. Dies ist völlig offensichtlich. Und die Leute, die dies nicht verstehen wollen, insbesondere jene unter den heutigen Führern (der Ukraine), müssen verstehen, daß wenn sie weiterhin das tun, was sie bisher getan haben – ich habe darüber schon früher gesprochen – dann riskieren sie die Zukunft des ukrainischen Staates. Wenn dies geschieht, dann wird es allein ihre Schuld sein.

Was geschieht jetzt? Ich habe bereits unsere Ziele in dieser Operation erwähnt. Das erste ist natürlich, die Menschen, die im Donbaß leben, zu schützen. Wie? Durch Demilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine ebenso, wie durch Festlegung ihres neutralen Status. Warum? Weil ein neutraler Status bedeutet, daß die Ukraine nicht der NATO beitreten wird. Sie haben in die Verfassung hineingeschrieben, daß das Land der NATO beitreten wird. Sie verstehen – sie haben das in die Verfassung aufgenommen!

Entnazifizierung – was bedeutet das? Ich habe darüber mit meinen westlichen Kollegen gesprochen. Sie sagen: „Was ist das Problem? Sie haben doch auch radikale Nationalisten.“ Ja, haben wir. Aber wir haben sie nicht in der Regierung, aber jeder stimmt zu, daß sie (die Ukrainer) sie haben. Vielleicht haben wir einige Idioten, die mit Hakenkreuzen herumlaufen, aber unterstütze wir sie auf Regierungsebene? Marschieren tausende von Menschen mit Fackeln und Hakenkreuzen durch die Straßen unserer Hauptstadt und anderer Städte in Rußland, wie es in den 1930ern in Nazi-Deutschland geschah? Geschieht etwas derartiges in Rußland? Aber es geschieht in der Ukraine, und es wird unterstützt. Unterstützen wir jene, die Russen, Juden oder Polen während des Krieges getötet haben? Feiern wir sie als Helden? Aber in der Ukraine, da tun sie es.

Die gegenwärtigen Ereignisse sind auch sehr bedeutsam. Sehen sie, ausländische Staatsbürger sind in Sumy und Charkow als Geiseln genommen worden – mehr als 6.000 junge Leute, Studenten. Sie sind in einem Bahnhof zusammengetrieben worden und werden seit drei Tagen festgehalten. Hören sie, sie werden dort bereits den dritten Tag festgehalten. Wir haben dies allen mitgeteilt und die gegenwärtigen ukrainischen Machthaber informiert. Sie sagten: ‚Ja, ja, selbstverständlich, wir werden uns gleich damit befassen.‘ Wir haben die Führer der wichtigsten europäischen Länder informiert, ich habe persönlich mit ihnen gesprochen. ‚Ja, ja, wir werden gleich auf die Ukraine Druck ausüben.‘ Wir informierten den UN-Generalsekretär: ‚Ja, ja, wir werden das Problem sofort lösen.‘ Menschen, die als Bürger der Ukraine angesehen werden, werden sogar noch schlechter behandelt. Sie werden einfach als menschliche Schutzschilde benutzt. Gerade jetzt, in diesem Augenblick, geschieht es in Mariupol. Die Kiewer Regierung kontaktierte unser Militär: ‚Schafft humanitäre Korridore, so daß die Leute abziehen können.‘ Natürlich haben unsere Leute sofort geantwortet, sogar ihre militärischen Aktivitäten angehalten, und beobachtet, was geschah. Aber niemandem wurde es erlaubt, zu gehen. Sie verstehen, niemand wurde herausgelassen. Sie lassen niemanden gehen, stattdessen benutzen sie die Leute als menschliche Schutzschilde. Wer sind sie? Natürlich die Neo-Nazis. Wir beobachten bereits die Anwesenheit von Kämpfern aus dem Mittleren Osten und aus einigen europäischen Ländern. Wir wissen von ihnen, wir hören sie über Funk sprechen. Sie benutzen sogenannte Jihad-Mobile, das sind mit Sprengstoff vollgestopfte Autos, mit denen sie auf russische Truppen zufahren. Aber sie erreichen nichts, und sie werden am Ende scheitern. Was sind sie dann, wenn nicht Neo-Nazis? Durch solche Aktionen zerstören sie ihr eigenes Land und ihren eigenen Staat.

Das ist der Grund, warum eine unserer Schlüsselforderungen die Demilitarisierung [der Ukraine] ist. Mit anderen Worten, wir helfen den Menschen im Donbaß, indem wir auf den neutralen Status der Ukraine und die Militarisierung des Landes hinarbeiten. Wir müssen zuverlässig wissen, welche Waffen sich dort befinden, wo sie stationiert sind, und wer sie kontrolliert. Es liegen eine Anzahl von Optionen auf dem Tisch. Wir diskutieren sie derzeit, auch mit den Vertretern der Kiewer Regierung in unseren Gesprächen in Belarus. Wir danken Präsident Lukaschenko für die Organisation der Treffen und für seine Hilfe bei der Führung dieser Verhandlungen. Unsere Vorschläge liegen für die Gruppe der Kiewer Unterhändler auf dem Tisch. Wir hoffen, daß Kiew auf unsere Vorschläge positiv reagieren wird. Das ist so ziemlich alles, was ich sagen wollte. Bitte, lassen sie uns fortfahren.

Schwidko, Julia, zweite Pilotin der Fluglinie ‚Aeroflot‘. Wladimir Wladimirowitsch, einen schönen Nachmittag. Meine Frage betrifft die gegenwärtige Situation. Es sind viele Gerüchte im Umlauf über die mögliche Einführung des Kriegsrechts, die Einberufung von Freiwilligen und Reservisten, und das die Einberufenen in die Ukraine geschickt werden sollen. Können Sie klarstellen, ob das Kriegsrecht eingeführt wird und ob die einberufenen Soldaten in der Ukraine zum Einsatz gebracht werden sollen.

Wladimir Putin:

Vieles von dem, was wir gerade sehen und was geschieht ist zweifellos eine Methode, um gegen Rußland vorzugehen. Nebenbei, die Sanktionen, die heute verhängt wurden, sind von einer Kriegserklärung nicht mehr weit entfernt.

Aber glücklicherweise sind wir noch nicht soweit. Ich glaube, daß unsere sogenannten „Partner“ noch ein gewisses Verständnis dafür haben, was ein Krieg bedeutet und welche Gefahren er für jedermann in sich birgt. Das gilt trotz unverantwortlicher Aussagen, so wie sie die britische Außenministerin [Liz Truss] gemacht hat, als sie damit herausplatzte, daß die NATO in den Konflikt eingreifen könnte. An diesem Punkt mußten wir umgehend die Entscheidung treffen, unsere strategischen Streitkräfte in höchste Alarmbereitschaft zu versetzen. Sie reagierten mit der Erklärung, daß sie nichts dergleichen beabsichtigt hätten. Jedoch verwies niemand die Ministerin auf ihren Platz und niemand distanzierte sich von ihrer Aussage. Niemand sagte irgendetwas über diese Erklärung, wie etwa, daß dies ihre persönliche Meinung gewesen sei, man solle ihr keine Beachtung schenken oder etwas in der Art. Nichts. Was sollen wir darüber denken? Das ist der Grund, warum wir so reagiert haben.

Nun zu Ihrer Frage. Das Kriegsrecht wird auf Anordnung des Präsidenten ausgerufen, im Falle einer äußeren Aggression unterstützt durch den Föderationsrat, insbesondere in den Regionen, in denen die militärische Aktivität stattfindet. Wir befinden uns derzeit nicht in dieser Situation, und ich hoffe, daß es nicht dazu kommt. Dies zuerst. Der zweite Punkt – es gibt, zusätzlich zum Kriegsrecht, einen besonderen Status. Dieser Status wird ebenfalls vom Föderationsrat erklärt im Falle einer bedeutenden inneren Bedrohung. Die dritte Regelung ist der Ausnahmezustand, der normalerweise in bestimmten Gebieten erklärt wird, obwohl er auch auf das gesamte Territorium des Landes ausgedehnt werden kann. Diese Regelung gilt für technische und für Naturkatastrophen. Gott sei Dank ist dies ebenfalls nicht der Fall. Wir haben nicht vor, eine dieser drei Regelungen auf dem Gebiet der Russischen Föderation anzurufen. Dafür besteht derzeit keine Notwendigkeit.

Wir können erkennen, daß Versuche unternommen werden, in unserer Gesellschaft Unruhe zu stiften, was wiederum meine Aussage bestätigt, daß wir es nicht nur mit Radikalen, sondern mit Neo-Nazis zu tun haben. Hier [in Rußland] können die Leute ihrer Meinung Ausdruck verleihen, was sie an unserem Vorgehen in der Ukraine mögen oder nicht mögen. Aber dort, in der Ukraine, werden Menschen, die ähnliche Meinungen äußern wie in dem sogenannten „liberalen“ Teil unserer Gesellschaft, auf der Straße verhaftet und erschossen – wir haben die Bestätigung dafür. Unsere Nachrichtendienste sammeln derzeit diese Informationen und wir werden sie bald veröffentlichen. Unsere liberalen Intellektuellen protestieren, während in der Ukraine Menschen, die irgendetwas zugunsten Rußlands sagen, ohne Gerichtsverfahren beseitigt werden. Ich wiederhole, daß das Kriegsrecht im Falle einer äußeren Aggression erklärt wird, was, wie ich hoffe, nicht geschehen wird, trotz der unverantwortlichen Erklärungen einiger Offizieller.

Wir hören, daß eine Flugverbotszone über dem Territorium der Ukraine eingerichtet werden soll. Es ist unmöglich, dies auf dem Gebiet der Ukraine selbst zu tun; es ist nur möglich, dies von den Territorien benachbarter Länder aus zu organisieren. Jedoch werden wir jeden Schritt in diese Richtung als aktive Beteiligung eines Landes an dem militärischen Konflikt betrachten, [eines Landes,] dessen Territorium genutzt wird um eine Gefahr für unsere Soldaten zu schaffen. Wir werden es innerhalb einer Sekunde als Teilnehmer an dem militärischen Konflikt betrachten. Ich hoffe, dies wird verstanden, und es wird nicht soweit kommen. An dieser Operation nehmen nur Berufssoldaten teil, Offiziere und Zeitsoldaten. Nicht ein einziger Wehrpflichtiger ist beteiligt, und wir planen nicht, sie in die Ukraine zu schicken, und wir werden es auch nicht tun. Ich wiederhole, nur Männer, die freiwillig eine verantwortungsvolle Entscheidung in ihrem Leben getroffen haben – ihr Land zu verteidigen – sind in der Ukraine, und sie erfüllen dort ehrenvoll ihre Pflicht. Warum in diesem Fall, warum wir das Recht haben, diese Worte zu äußern, habe ich Ihnen gerade erklärt. Dies gilt auch für Reservisten, die an regelmäßigen Wehrübungen teilnehmen – wir planen nicht, sie in der Ukraine einzusetzen. Diese werden zu Wehrübungen auf regulärer Grundlage einberufen – dies erfolgt derzeit und wird auch in Zukunft erfolgen – aber wir werden diese Leute nicht in den aktiven Militärdienst einberufen, und sie werden an diesem Konflikt nicht teilnehmen. Wir verfügen über genügend Kräfte, um unsere Ziele zu erreichen, wobei wir nur unsere Berufsarmee zum Einsatz bringen.

Ich möchte nun etwas zu der militärischen Operation selbst sagen. Ich weiß, das viele Gerüchte und Geschichten im Umlauf sind. Ich habe nicht viel Zeit, mich damit zu beschäftigen, aber ich bin informiert worden, daß die Leute viel darüber reden was geschieht und wie die Operation voranschreitet. Alle Analysten wissen, was vor sich geht [sic!], deshalb werde ich hier keine Geheimnisse preisgeben. Wir hätten auf verschiedene Weise handeln können. Wir hätten den Donbaß-Republiken direkt an der Kontaktlinie, also an der Front, helfen können, indem wir unsere russische Armee einsetzen um sie zu unterstützen. Aber in diesem Fall, unter Berücksichtigung der bedingungslosen Unterstützung des Westens für die radikalen Nationalisten, hätte die ukrainische Seite einen ständigen Zufluß von Waffen, Material, Munition, u.a. erhalten. Aus diesem Grund haben sich der Generalstab und das Verteidigungsministerium für eine andere Strategie entschieden. Als erstes wurde die militärische Infrastruktur zerstört. Nicht gänzlich, aber größtenteils. Die Waffendepots, Munitionsdepots, die Fliegerkräfte und die Luftverteidigungssysteme. Die Zerstörung der Luftverteidigungssysteme benötigt eine gewisse Zeit. Sie sind Zivilisten, aber sie arbeiten in der Luftfahrt. Sie verstehen, daß diese Systeme aufgeklärt und anschließend vernichtet werden müssen. Gegenwärtig ist diese Aufgabe zum größten Teil erledigt. Das ist der Grund für die Forderungen nach einer Flugverbotszone. Jedoch würde ein Versuch, diese einzurichten, enorme und katastrophale Konsequenzen nach sich ziehen, nicht nur für Europa, sondern für die gesamte Welt. Ich glaube, daß die Leute auf der anderen Seite dies verstehen. Aus diesem Grund haben wir diesen Weg gewählt, der sich als richtig herausgestellt hat. Unser Militär handelt verantwortungsvoll und tut alles, was möglich ist, um die Zivilisten zu schützen. Unglücklicherweise zeigen diese Neo-Nazi-Banditen keinerlei Rücksicht auf die Menschen. Sie erschießen sogar ihre eigenen Soldaten, die nicht mehr weiterkämpfen wollen – wir haben Beweise dafür. Ja, diese Nationalisten, Neo-Nazis, erschießen ihre eigenen Soldaten. Die Nationalisten sind in praktisch jede ukrainische Einheit eingebettet, mehrere Dutzend von ihnen in jeder von ihnen, und sie handeln auf so grausame Weise. Ich wiederhole es noch einmal: Wir werden keine Wehrpflichtigen oder Reservisten in der Ukraine einsetzen, um an dieser militärischen Operation teilzunehmen. Ich bin überzeugt, daß unsere Armee alle unsere Ziele erreichen wird. Ich zweifele keine Sekunde daran. Das ist evident durch die Weise, in der die Operation voranschreitet, was streng nach Planung und Zeitplan erfolgt; alles verläuft so, wie es der Generalstab geplant hat.

Oh, was die Freiwilligen betrifft, die jungen Leute, die zu unseren Rekrutierungsstellen kommen – wir sind ihnen dankbar für ihre patriotischen Gefühle, dem Wunsch, jetzt ihr Land und ihre Armee zu unterstützen. Allein die Tatsache, daß sie kommen, ist bedeutsam. Jedoch wird ihre Hilfe derzeit nicht benötigt. Und ich bin überzeugt, daß sie nicht gebraucht werden. Ich wende mich nun der Kamera zu. Sie werden mich sehen und hören, was ich sage – vielen Dank.“[1]

[1] Putin: Ukrainian nationalists use civilians as human shields (full speeches), The Vineyard of the Saker, 7. März 2022; https://thesaker.is/putin-ukrainian-nationalists-use-civilians-as-human-shields-full-speeches/; Übersetzung aus dem Englischen durch den Verfasser

 

One thought on “Audiatur et altera pars!

  1. Werter Herr Post, DANKE für diesen herausragenden Beitrag, schade, das er nicht mehr Aufmerksamkeit findet, sollte zur Pflichtlektüre im ganzen Land werden und den MSM-Journalisten
    täglich um die Ohren geschlagen werden, bis Sie erkennen, warum !
    Aber da dürfte Hopfen und Malz verloren sein !

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