Putin zeigt sich siegessicher

Das Ende des Kampfes um Mariupol und der Niedergang der ukrainischen Armee

 von Dr. Walter Post

Am 11. April besuchte der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer – wahrscheinlich in Absprache mit Olaf Scholz – als erster westlicher Staatschef seit Beginn des Ukrainekonflikts Moskau, um dort mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammenzutreffen. Die Gespräche blieben völlig ergebnislos, aber Nehammer gewann den Eindruck, daß Putin sich sicher sei, daß er den Krieg gewinnen werde. So berichtete Nehammer in einem Interview mit dem amerikanischen Sender MSNBC.[1]

Am darauffolgenden Tag besuchte Wladimir Putin gemeinsam mit dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko anlässlich des „Tages der Raumfahrt“ den Weltraumbahnhof Kosmodrom Wostotschny im Oblast Amur an der chinesischen Grenze. Bei dieser Gelegenheit gaben Putin und Lukaschenko eine gemeinsame Pressekonferenz, in deren Verlauf der russische Präsident sich siegessicher gab und einige interessante Ausführungen machte. Putin brachte zum Ausdruck, daß mit dem Krieg in der Ukraine das Ende der „unipolaren Weltordnung“ gekommen sei, in der die USA als „einzig verbliebene Supermacht“ die Spielregeln vorgeben. Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung in Rußland, China und Indien sei die „multipolare Weltordnung“ bereits eine Tatsache. Wörtlich erklärte Putin:

„Die Welt ist heute viel komplexer als zu Zeiten des Kalten Krieges, als es nur zwei Blöcke gab und alles von den CoCom-Listen abgedeckt wurde. Die Welt ist heute komplexer, und in dieser Welt wird ein einzelnes Land nicht in der Lage sein, die totale Vorherrschaft aufrechtzuerhalten. Was sehen wir jetzt? Wir sehen den Zusammenbruch des unipolaren Weltsystems, das sich nach dem Zerfall der Sowjetunion entwickelt hat. Dies ist der Hauptpunkt. Die Hauptsache sind nicht die tragischen Ereignisse im Donbass und in der Ukraine; sie sind nicht die Hauptsache. Es wird viel darüber gesprochen, daß die Vereinigten Staaten ‚bereit sind, bis zum letzten Ukrainer gegen Rußland zu kämpfen‘. Das wird dort gesagt, und es wird hier gesagt, und es ist wahr. Es ist die Essenz der aktuellen Ereignisse. Die Wirtschaft ist sicherlich Teil dieser Ereignisse. Einige Länder versuchen, ihre Vormachtstellung zu bewahren, auch in der Wirtschaft, aber es wird ihnen nicht gelingen. Schauen Sie sich nur die Trends der weltwirtschaftlichen Entwicklung im vergangenen  Jahrzehnt an, das Wirtschaftswachstum in Relation zur paritätischen Kaufkraft, schauen Sie sich die Führer und das Entwicklungstempo an, und alles wird klar.“

Die Kampfhandlungen in der Ukraine, so fährt Putin fort, verliefen nach Plan, dieser Konflikt sei aufgrund der Aktivitäten von ukrainischen „rechtsextremen Nationalisten“ und „Neonazis“ auf Dauer unvermeidlich gewesen:

„Die Besondere Militärische Operation verläuft wie geplant. Natürlich verfolge ich aufmerksam die Diskussion in unserer Gesellschaft und im Ausland. Wir dürfen der Öffentlichkeit nichts vorenthalten oder geheim halten; wir müssen objektive Informationen über diesen Kampfeinsatz geben. Zuallererst möchte ich zu Beginn meiner Antwort meine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, indem ich den russischen Soldaten und Offizieren, dem russischen Dienstpersonal, für ihren heldenhaften Dienst am Vaterland meine Dankbarkeit ausspreche. Genau so handeln sie. Durch die Erfüllung komplizierter und gefährlicher Aufgaben im Donbaß und in der Ukraine schützt unser Militär die Interessen Rußlands und verteidigt Rußland. Aus gutem Grund hat der Präsident von Belarus [Alexander Lukaschenko] erklärt, und ich habe das bereits vor der [Besonderen Militärischen] Operation gesagt, daß die Konfrontation mit den Kräften, die von rechtsextremen Nationalisten und Neonazis in der Ukraine genährt wurden, unvermeidlich und nur eine Frage der Zeit war. Sie haben sich vorbereitet und abgewartet, und wir, wie ich schon damals sagte, werden ihnen das nicht erlauben. Das ist die Logik hinter unserem Handeln.“

Die Ursachen des Konflikts liegen nach Putin u.a. in einem extremen ukrainischen Nationalismus begründet, der seit dem 19. Jahrhundert vom Ausland gefördert wurde:

„Was nun in der Ukraine vor sich geht, so müssen wir bedenken, daß die Ukrainer unser Brudervolk sind. Unter diesen tragischen Umständen möchte ich zunächst betonen, daß dieser ukrainische Nationalismus seinen Ursprung im 19. Jahrhundert  hat. Wir wissen, daß dieser vor dem Ersten Weltkrieg vor allem vom österreichischen Generalstab gefördert wurde. Wozu? Die Antwort liegt in der berüchtigten Logik: Teile und herrsche. Teilen Sie das russische Volk und zerstören Sie es Stück für Stück. Die gleiche Methode wurde während des Zweiten Weltkriegs angewandt. Wir wissen, daß die polnischen Pogrome und die jüdischen Pogrome nicht von Deutschen verübt wurden, sondern von denselben [Tätern wie der] Waffen-SS-Division Galizien, den Banderisten [Anhänger Stepan Banderas] und den anderen Pro-Nazi-Bastarden. Sie rotteten friedliche Zivilisten aus: Russen, Juden und Polen. Dies ist eine allgemein bekannte Tatsache. Und heute können wir in ukrainischen Wochenschauen Menschen mit SS-Galizien-Ärmelbändern im Kampgebiet im Donbaß sehen. Das bedeutet, daß wir richtig und zum richtigen Zeitpunkt gehandelt haben, als wir mit dieser Operation begonnen haben, sonst wären viel mehr solcher Leute dort gewesen.“

Es ist interessant, mit welcher Heftigkeit Putin die ukrainische Kollaboration mit den Deutschen im Zweiten Weltkrieg angeht. Er geht dabei sogar soweit, die Massenerschießungen jüdischer Zivilisten allein der „Waffen-SS-Division Galizien“, den „Banderisten“ und den anderen „Pro-Nazi-Bastarden“ anzulasten. Tatsächlich wurden diese Massenmorde zunächst allein von den SS-Einsatzgruppen und deutschen Polizeibataillonen verübt, ab dem Herbst 1941 wurde diese Aufgabe aber sehr häufig den sogenannten „Schutzmannschaftbataillonen“ übertragen. Dies war eine von den Deutschen aufgestellte lokale Hilfspolizei, die sich vorwiegend aus Letten, Litauern und Ukrainern rekrutierte. Ob die Waffen-SS-Division Galizien, die Putin hier besonders beschuldigt, tatsächlich an Kriegsverbrechen und sogenannten „Judenaktionen“ (so der damalige deutsche Jargon) beteiligt war, ist umstritten; es steht aber fest, daß diese Division sich teilweise aus Angehörigen der „Schutzmannschaften“ rekrutierte. Putin wendet sich mit dieser Äußerung an das breite russische Publikum, denn in russischen Filmen und Fernsehserien kommen die SS und die Kollaborateure, insbesondere die „Schutzmannschaften“, in der Regel noch schlechter weg als die deutsche Wehrmacht.

Putin wendet sich dann dem Tempo der militärischen Operationen in der Ukraine zu, das von einigen russischen Kritikern als zu langsam angesehen wird:

„Was den Ablauf der Operation an sich betrifft, höre ich immer wieder die Frage, ob es nicht schneller gehen könnte. Es könnte, aber es hängt von der Intensität der militärischen Operationen ab und könnte leider auf die eine oder andere Weise zu höheren Verlusten führen. Unsere Aufgabe ist es, alle unsere Ziele zu erreichen und gleichzeitig diese Verluste möglichst gering zu halten. Und wir werden gemäß dem ursprünglichen Plan des Oberkommandos ruhig und besonnen handeln. Ich habe oft darüber gesprochen. Es besteht keine Notwendigkeit, dies alles auf dieser Pressekonferenz zu wiederholen. Die militärischen Handlungen in bestimmten Gebieten der Ukraine zielen darauf ab, den Feind in Schach zu halten, Schläge gegen die [feindliche] militärische Infrastruktur zu führen und die Bedingungen für aktivere Operationen im Gebiet des Donbaß zu schaffen. Derweil besteht das Ziel unserer gesamten Operation, und ich wiederhole das, was ich in den frühen Morgenstunden des 24. Februar gesagt habe, darin, den im Donbaß lebenden Menschen zu helfen, die sich untrennbar mit Russland verbunden fühlen und seit acht Jahren einem Genozid ausgesetzt sind. [ … ] Letzten Endes war während des Vorlaufs zum Ersten Weltkrieg und während des Zweiten Weltkriegs ein bestimmter Teil des ukrainischen Volkes und der ukrainischen Gesellschaft, insbesondere diejenigen, die sich der westlichen Weltanschauung verbunden fühlten, gegen Rußland eingestellt. Diese Versuche werden auch heute, in unserer Zeit, unternommen. Was die Leute in Militäruniformen mit den Ärmelbändern der SS-Division Galizien angeht – die sind einfach nur Abschaum. Aber es gibt andere, die mit ihnen sympathisieren. Sie betrachten sich eher als Nationalisten denn als Nazis. Sie müssen jedoch auch erkennen, daß das Hauptziel des Westens nicht darin liegt, der Ukraine zu helfen. Die Ukraine ist nur ein Mittel, um Ziele zu erreichen, die nichts mit den Interessen des ukrainischen Volkes zu tun haben. Das ist das Problem und bestimmt die Logik unseres Handelns im Donbaß und in der Ukraine insgesamt.“

Dann geht Putin auf das Massaker in Butscha bei Kiew ein und gibt bekannt, daß Präsident Lukaschenko ihm Dokumente des weißrussischen Geheimdienstes zu diesem Ereignis übergeben habe:

„Apropos Butscha. Hören Sie, ich habe bisher oft mit meinen Kollegen aus den westlichen Ländern gesprochen, und wenn sie ‚Butscha‘ zu mir sagen, dann frage ich sie, ob sie schon einmal in Raqqa waren? Haben sie diese syrische Stadt gesehen, die von der US Air Force dem Erdboden gleichgemacht wurde? Tatsächlich lagen die Leichen monatelang verwesend in den Trümmern. Niemand hat sich um sie gekümmert, und niemand hat sie überhaupt bemerkt, genauso wie sich niemand an Hunderten von toten Zivilisten in Afghanistan erinnert, als bei einer Hochzeit bei einem Luftangriff hundert oder mehr Zivilisten getötet wurden. Schweigen. Dieses Schweigen blieb aus, als sie in Syrien Provokationen inszenierten und den angeblichen Einsatz chemischer Waffen durch die Assad-Regierung fabrizierten. Dann stellte sich heraus, daß es eine Fälschung war, genau wie die Fälschung in Butscha. Präsident [Lukaschenko] gab mir einige Dokumente, die er heute beiläufig erwähnte und die an den russischen Inlandsgeheimdienst [FSB] weitergeleitet wurden, darüber, wer dies getan hat und wie – unsere Kollegen haben diese Informationen abgefangen – welche Transportmittel sie benutzt haben um in diese Stadt zu kommen und die Bühne vorzubereiten, um diese Provokation und diese Fälschung zu inszenieren.“

Lukaschenko deutete auf der gemeinsamen Pressekonferenz eine Involvierung des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 an, er sagte wörtlich:

„Es ist wie die Geschichte in Butscha; Wir haben über diese Politik gesprochen. Es gibt viel Aufruhr, aber sie [die Europäer] mußten vor allen Dingen ein neues Sanktionspaket verabschieden, wie wir sehr gut wissen. Wir haben heute über ihre Spezialoperation gesprochen, die psychologische Operation der Briten. Wenn Sie die Adressen, die geheimen Treffpunkte, die Nummernschilder, die Fahrzeugmarken, die sie in Butscha benutzten, und wie sie es taten, wissen wollen, kann Ihnen der russische FSB diese Informationen geben. Wenn nicht, können wir aushelfen. Wir haben diese häßliche, abscheuliche Rolle des Westens zusammen mit unseren russischen Freunden vollständig und von Anfang bis zum Ende aufgedeckt.“

Putin geht anschließend auf die Friedensgespräche zwischen der Russischen und der ukrainischen Regierung ein, die aufgrund des Verhaltens der ukrainischen Seite offensichtlich in eine Sackgasse geraten sind:

„Was die Verhandlungen betrifft, sehen Sie, wir haben in Istanbul bestimmte Vereinbarungen getroffen, wonach Sicherheitsgarantien für die Ukraine – und die ukrainische Seite strebt danach, sehr strenge Sicherheitsgarantien für sich selbst zu erhalten – die für die Krim, Sewastopol und den Donbaß nicht gelten sollen. Dann haben wir, wie Sie wissen, gewisse Anstrengungen unternommen, um ein geeignetes Umfeld für die Fortsetzung des Verhandlungsprozesses zu schaffen. Im Gegenzug haben wir die Provokation in Butscha gesehen, und vor allem ist die ukrainische Seite von den Vereinbarungen von Istanbul wieder abgerückt. Jetzt sind die Sicherheitsgarantien zu einem eigenen Thema geworden, und die Regelung unserer Beziehungen zur Krim, zu Sewastopol und zum Donbaß soll aus dem Anwendungsbereich dieser Vereinbarungen wieder herausgehalten werden. Das heißt, sie haben sich wieder in eine Sackgasse begeben, für sich selbst und für uns alle. Mir wurde mitgeteilt, daß die ukrainische Seite gestern Abend [an ihren Vorschlägen] wieder einige Änderungen vorgenommen hat. Welche Änderungen das sind, ist mir nicht bekannt. Aber diese Art von Inkonsequenz in grundlegenden Fragen schafft im Verlauf der Verhandlungen gewisse Schwierigkeiten, wenn wir Endergebnisse erreichen wollen, die für alle akzeptabel sind. Und bis dies geschieht, wird die Militäroperation fortgesetzt, bis sie abgeschlossen ist und die Ziele, die zu Beginn dieser Operation festgelegt wurden, erreicht sind.“

Zuletzt spricht Putin das Verhältnis zu den Europäern an, die sich völlig von den Amerikanern abhängig gemacht haben und vor erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten stehen:

„Was den kollektiven Westen anbelangt, so wurde dies schon vor langer Zeit offensichtlich. Ich glaube, die Medien können es auch erkennen, aber das ist ein Thema, das ihnen unangenehm ist.

Was steckt hinter dieser Konsolidierung? Es ist die beleidigende und demütigende Behandlung, die Europa durch seinen Souverän, die Vereinigten Staaten, erfährt. Sie erinnern sich vielleicht, daß die britische Presse einmal einen ehemaligen britischen Premierminister – ich werde ihn hier nicht nennen [Wladimir Putin meint Tony Blair] – als ‚den Pudel des US-Präsidenten‘ bezeichnet hat. Ist das nicht eine Beleidigung? Es ist jedoch eine Tatsache, daß sich fast alle Staats- und Regierungschefs der europäischen Länder in der gleichen irritierenden Position befinden, aber nicht darüber sprechen. Es ist unangenehm und beschämend, darüber zu sprechen. Heute haben sie die russische Aggression und einen gemeinsamen Feind. Es ist ein bequemer Vorwand, um die Reihen zu schließen und den Interessen der USA zu dienen. Sie haben ihnen immer gedient, aber heute können sie es offen tun, indem sie Entscheidungen treffen, die für die Vereinigten Staaten vorteilhaft sind, auch in der Wirtschaft, und dies mit der Notwendigkeit erklären, einen Aggressor abzuwehren. Das geschieht meiner Meinung nach gegenwärtig. Aber die Öffentlichkeit in diesen Ländern, besonders wenn die Menschen mit den Problemen konfrontiert werden, die durch diese Politik entstehen, ja, sie erliegt der allgemeinen Rhetorik, der Anti-Russland-Hysterie. Aber ich versichere Ihnen die Zeit wird alles an seinen Platz stellen. Wenn die Menschen sich steigenden Kraftstoff- und Lebensmittelpreise und einer beispiellosen Inflation ausgesetzt sehen, wird dies sicherlich die Innenpolitik beeinflussen.“

Die Russische Föderation stehe ebenfalls vor schwierigen wirtschaftlichen Problemen, aber Putin zeigt sich zuversichtlich, daß das russische Volk sie bewältigen wird:

„Sie wünschen sich sehr, daß die Entwicklungen die innenpolitischen Prozesse in der Russischen Föderation beeinflussen. Aber sie verrechnen sich immer wieder und können nicht verstehen, daß das russische Volk in schwierigen Zeiten immer zusammenhält. Sie werden dies noch erleben, und ihre eigenen Probleme sind unausweichlich. Sie wollen Probleme für uns schaffen, und sie tun es. Ja, für einige Branchen wird es schwierig, aber wir werden mit diesen Schwierigkeiten fertig werden.“[2]

Der Untergang des russischen Lenkwaffenkreuzers „Moskwa“ am 13./14. April 2022 vor Odessa im Schwarzen Meer hat großes Aufsehen erregt und dem russischen Prestige erheblichen Schaden zugefügt. Die Ursachen für den Verlust dieses Schiffes sind bislang unklar. Die ukrainische Regierung beansprucht, die „Moskwa“ mit zwei Seezielflugkörpern vom Typ R-360 „Neptun“ versenkt zu haben, beim Untergang seien sowohl der Kapitän des Schiffes sowie ein großer Teil der Besatzung ums Leben gekommen. Zwei kürzlich aufgetauchte Fotos der „Moskwa“ zeigen allerdings keine äußeren Beschädigungen, sondern nur Brandspuren, die auf ein Großfeuer im Schiffsinneren hindeuten. Die Rettungsflöße fehlen, was bedeutet, daß die Besatzung geordnet von Bord gegangen ist. Das Pentagon in Washington hat die ukrainische Version nur zögerlich und indirekt bestätigt.

Das russische Vereidigungsministerium gibt als Ursache für den Verlust des Schiffes ein inneres Feuer an, daß eine der Munitionskammern erfaßt habe, woraufhin es zu einer schweren Explosion gekommen sei. Beim Abschleppen nach Sewastopol sei das Schiff aufgrund umfangreicher Schäden am Rumpf bei schwerer See gesunken. Als weitere Ursachen für den Verlust der „Moskwa“ kommen laut dem ehemaligen Offizier der Sowjetmarine Andrei Martyanov Kampfschwimmer mit einem Mini-U-Boot oder gezielte Sabotage mittels einer Zeitbombe in Frage.[3]

Der angeblich umgekommene Kapitän der „Moskwa“, Anton Kuprin, tauchte übrigens bei einer Zeremonie in Sewastopol zur Ehrung der Besatzung des verlorenen Schiffes durch Admiral Nikolai Anatoljewitsch Jewmenow, dem Oberbefehlshaber der russischen Marine, wieder auf. Auch ist die Besatzung auf den Filmaufnahmen zahlreich vertreten.[4] Die „Moskwa“ war zwar das Flaggschiff der Schwarzmeerflotte, ihre Zukunft war aber aufgrund ihres Alters eher ungewiß. Das Schiff war 1979 vom Stapel gelaufen und 1982 in Dienst gestellt worden, mithin 40 Jahre alt. Die „Moskwa“ wurde  im Gegensatz zu ihrem Schwesterschiff „Marschall Ustinow“ nie grundlegend modernisiert. Die „Moskwa“ war im Grunde ein Relikt aus der Sowjetära, in der heutigen russischen Marine haben Atom-U-Boote und kleinere Überwassereinheiten wie Fregatten und Korvetten, die mit modernsten Lenkflugkörpern bewaffnet sind, absoluten Vorrang.

Die Kämpfe um Mariupol sind mittlerweile beendet, die Stadt ist mit Ausnahme einiger kleiner Widerstandsnester und des riesigen Asow-Stahlwerks in russischer Hand. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums betrug die Zahl der Verteidiger von Mariupol 8.100 Mann, was erheblich unter früheren Schätzungen von 14.500 Mann liegt. Bis zum 16. April 2022 haben sich 1.464 ukrainische Militärangehörige der russischen Armee und der Volksmiliz von Donezk ergeben. Der ukrainische Präsident Selenskyj habe, so das russische Verteidigungsministerium, gegenüber westlichen Medien die Zahl der unwiederbringlichen Verluste der ukrainischen Streitkräfte mit 2.500 bis 3.000 Mann angegeben, was eine Lüge sei. Nach zuverlässigen Angaben, die dem russischen Verteidigungsministerium vorliegen, betragen die unwiederbringlichen Verluste der Ukrainer (Gefallene, Schwerstverwundete und Kriegsgefangene) bis zum 16. April 23.367 Mann.[5]

Abbildung: Lage von „Asow-Stahl“ in Mariupol.

Organisierten Widerstand in Mariupol gibt es nur noch in dem riesigen „Metallurgischem Kombinat Asow-Stahl“, in dem sich etwa 2.000 Mann bestehend aus Angehörigen des Regiments „Asow“, ukrainischer Marineinfanterie, ukrainischer Territorialverteidigung und ausländischen Söldnern verschanzt haben. In Mariupol haben die Ukrainer etwa 4.000 Mann verloren.[6] Unter dem Asow-Stahlwerk befinden sich umfangreiche und weitverzweigte unterirdische Anlagen, die bis zu acht Stockwerke tief sind und die zu Sowjetzeiten zum Teil zu Atombunkern ausgebaut wurden. Laut einem „Briefing“ des russischen Verteidigungsministeriums sollen die Belagerten, abgefangenen Funksprüchen zufolge, unter akutem Mangel an Munition, Wasser und Nahrungsmitteln leiden. Die russische Führung machte den Eingeschlossenen am 16. April das Angebot, unter Garantie ihres Lebens zu kapitulieren. Das ukrainische Oberkommando in Kiew hat den Verteidigern von Asowstahl strikt verboten, sich zu ergeben, Zuwiderhandelnde seien auf der Stelle zu erschießen. Die gesetzte Frist verstrich am 17. April 2022ohne jede Reaktion. Die Zahl der Söldner im eingeschlossenen Asow-Stahlwerk soll um die 400 betragen, wobei bislang unklar ist, ob es sich tatsächlich um Söldner, ausländische Angehörige der ukrainischen Armee bzw. des Regiments Asow oder um NATO-Angehörige handelt. Laut Verteidigungsministerium sollen sich die Söldner überwiegend aus Angehörigen europäischer Staaten und Kanadas rekrutieren. Die Zahl der Söldner, die in der Ukraine insgesamt aktiv sind, beziffert das russische Verteidigungsministerium mit 6.824 Mann, aus 63 verschiedenen Ländern stammen. Die größte Gruppe mit 1.717 Mann kommt aus Polen, etwa 1.500 Söldner stammen aus den USA, Kanada und Rumänien. Aus Großbritannien und Georgien kommen jeweils bis zu 300 Mann, 193 Söldner sind aus den von der Türkei kontrollierten Gebieten in Syrien eingetroffen. Die Mehrheit der Söldner, die derzeit in der Ukraine tätig sind, sind in Kiew, Charkow, Odessa, Nikolajew und Mariupol eingesetzt. Durch die Kampfhandlungen ist die Zahl der Söldner ständig gesunken und beträgt gegenwärtig 4.877. Die russischen Streitkräfte haben 1.035 ausländische Söldner im Kampf eliminiert, weitere 912 Söldner haben sich geweigert, an den Kämpfen teilzunehmen und haben die Ukraine fluchtartig verlassen.[7]

Seit dem 15. April fliegen schwere Kampfflugzeuge vom Typ Tupolew Tu-22M3 mit bunkerbrechenden Bomben vom Typ FAB-3000M-46 massive Angriffe gegen das Werk.[8] Im Nordosten des Asow-Stahlwerks wurde ein Gebietsstreifen von russischen und tschetschenischen „Speznas“ erobert. Am 20. April wiederholte das russische Verteidigungsministerium das Kapitulationsangebot an die ukrainischen Militärangehörigen und kündigte außerdem die Einrichtung von humanitären Korridoren für Zivilisten, die im Asow-Stahlwerk eingeschlossen sind, an.[9]

Über die Motive der Kiewer Führung, diese Soldaten quasi „bis zur letzten Patrone kämpfen“ zu lassen und sie zu opfern, kann man derzeit nur spekulieren. Ein ziemlich naheliegendes Motiv wäre, daß sich unter den Eingeschlossenen aktive Angehörige der französischen Fremdenlegion und hohe NATO-Offiziere befinden. Würden diese in russische Gefangenschaft geraten, wäre dies für die betroffenen Staaten sowie die NATO mehr als peinlich, denn es würde eine aktive Beteiligung der NATO an diesem Konflikt belegen. Am frühen Morgen des 20. April meldete sich der Kommandeur der ukrainischen 36. Marineinfanteriebrigade, Serhij Wolyna, mit einer auf Facebook veröffentlichten einminütigen Videobotschaft.  Rußland, so Wolyna, sei in der Luft, bei der Artillerie, den Bodentruppen, bei Ausrüstung und Panzern im Verhältnis zehn zu eins überlegen. Die ukrainische Seite verteidige nur noch ein Objekt, das Asow-Stahlwerk, wo sich außer Militärangehörigen auch noch Zivilisten aufhielten. Wolyna bat darum, das „Verfahren der Extraktion“ anzuwenden und alle – das Militär der Mariupol-Garnison, mehr als 500 verwundete Kämpfer und Hunderte Zivilisten – auf dem Territorium eines Drittlandes in Sicherheit zu bringen. „Das ist unser Appell an die Welt“, sagte Wolyna. „Das könnte der letzte Appell unseres Lebens sein.“[10] Dieser etwas seltsame Aufruf  deutet darauf hin, daß sich unter den Eingeschlossenen Personen befinden, die auf keinen Fall in russische Hände fallen sollen.

Am 21. April erstattete Verteidigungsminister Armeegeneral Sergei Schoigu Präsident Putin seinen  Bericht über die Einnahme von Mariupol und kündigte an, daß die endgültige Erstürmung des Asow-Stahlwerks drei bis vier Tage dauern werde. Daraufhin ordnete Putin an, die Erstürmung abzusagen, da diese unter den russischen Soldaten und Offizieren nur unnötige Opfer fordern würde. Der Industriekomplex soll stattdessen vollständig abgeriegelt und seine Verteidiger ausgehungert werden.[11] Angesichts der Tatsache, daß von den im Asow-Stahlwerk eingeschlossenen Kämpfern keine Gefahr für Mariupol mehr ausgeht, ist dies eine völlig rationale Entscheidung. Sie erhöht außerdem die Wahrscheinlichkeit, in Erfahrung zu bringen, wer sich wirklich unter den Eingeschlossenen befindet

Die Hinweise, daß es sich bei dem Krieg in der Ukraine tatsächlich um einen Stellvertreterkonflikt zwischen Rußland und der NATO handelt, mehren sich. Über die Waffenlieferungen der NATO an die Ukraine wird in der westlichen Presse ausführlich berichtet, der Krieg wird faktisch von den USA und der EU finanziert. Eine offene Frage ist nur noch, in welchem Ausmaß Politik und Kriegführung noch in der Hand der ukrainischen Regierung oder nicht vielmehr in den Händen ihrer amerikanischen und britischen Berater liegen. Der ukrainische Präsident Selenskyj wirkt wie ein Schauspieler, der nur ihm vorgelegte Texte verliest. Der russische Außenminister Sergei Lawrow deutete in einem Interview mit dem Fernsehsender „India Today“ an, daß Selenskyj Probleme mit Alkohol und Kokain habe: Lawrow wörtlich: „Er [Selenskyj] sagt viele Dinge – es hängt davon ab, was er trinkt und was er raucht.“[12]

Bis zum 21. April 2022 wurden nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums 140 von ursprünglich (Stand 24. Februar 2022) 152 Flugzeugen, 106 von 149 Hubschraubern, 511 Drohnen, 254 Luftverteidigungssysteme, 2.410 von 2.416 Panzern und gepanzerten Fahrzeugen,

262 von 535 Mehrfachraketenwerfern, 1.046 von 1.509 Feldartilleriegeschützen und Mörsern sowie 2.259 Spezialfahrzeuge der Ukrainischen Streitkräfte zerstört.[13]

Die Ukrainer haben damit den größten Teil ihrer Luftwaffe und ihrer schweren Heereswaffen verloren, womit ihre Erfolgsaussichten in den kommenden Kämpfen im Donbaß nur noch als gering einzuschätzen sind. Es ist davon auszugehen, daß von den zerstörten 2.410 Kampfpanzern und gepanzerten Fahrzeugen etliche wieder repariert worden sind, ansonsten besäße die Ukraine nur noch sechs (!) Panzer. Außerdem wurden von der Tschechischen Republik und anderen osteuropäischen Staaten Panzerfahrzeuge aus der Sowjetära an die Ukraine geliefert, wozu aber keine Gesamtzahlen vorliegen. Die russische Armee zerstört mit ihren präzisionsgelenkten Marschflugkörpern und Raketen in der letzten Zeit bevorzugt Instandsetzungsdepots und Reparaturwerkstätten der ukrainischen Streitkräfte, so daß Panzerfahrzeuge zur Reparatur nach Tschechien geschickt werden müssen. Auf aktuellen Videoaufnahmen ist zu sehen, daß ukrainische Soldaten überwiegend mit zivilen Pkw (bevorzugt SUV’s) unterwegs sind, Panzerfahrzeuge scheinen inzwischen Mangelware zu sein.

Die Zahl der russischen Raketen- und Luftangriffe auf Ziele in der gesamten Ukraine hat in der letzten Woche massiv zugenommen, ebenso das Artilleriebombardement auf ukrainische Stellungen und Truppenkonzentrationen im Donbaß. Der Munitionsmangel, unter dem die russische Armee laut westlichen Presseberichten angeblich seit Wochen leiden soll, ist eine Legende. Am 18. April wurden in Lwiw mehrere Depots mit frisch aus NATO-Staaten angelieferten Handfeuerwaffen und Panzer-/Flugabwehrraketen von „Kalibr“-Marschflugkörpern zerstört, was darauf hindeutet, daß die russische Aufklärung in der Ukraine bestens funktioniert.[14] Kleinwaffen lassen sich noch bequem mit zivilen Lkw transportieren, Panzerfahrzeuge und Artilleriegeschütze sind zwingend auf Tiefladewagen oder Panzertransporter angewiesen. Wie diese von Lwow über den Dnjepr in die Ostukraine gelangen sollen, ist angesichts der russischen Satelliten- bzw. Dronenaufklärung und der russischen Luftherrschaft völlig schleierhaft.

Am 20. April 2022 führte Rußland einen erfolgreichen Test seiner neuesten Interkontinentalrakete vom Typ RS-28 „Sarmat“ durch. Die Rakete startete vom Kosmodrom Plessezk im Oblast Archangelsk und trug ihre Übungssprengköpfe zielgenau auf das Raketentestgelände Kura auf der Halbinsel Kamtschatka. Die „Sarmat“ kann bis zu 15 MIRV-Nuklearsprengköpfe oder alternativ eine unbekannte Zahl von Awangard-Hyperschallflugkörpern tragen. Ihre Reichweite beträgt bis zu 18.000 km, womit sie Ziele in den USA auch über den Südpol, außerhalb des Wirkungsbereichs der amerikanischen Raketenabwehr, anfliegen kann.[15] In einer Glückwunschadresse an die Test-Mannschaft erklärte Präsident Wladimir Putin:

„Diese wirklich einzigartige Waffe wird die Kampfkraft unserer Streitkräfte stärken und die Sicherheit Rußlands gegen äußere Bedrohungen zuverlässig gewährleisten, und sie wird ein Weckruf sein für all‘ jene, die mit ihrer überhitzten und aggressiven Rhetorik versuchen, unser Land zu bedrohen.“[16]

Die Warnung an den „kollektiven Westen“, die in diesen Worten liegt, ist unüberhörbar.

 

[1] Full Austrian Chancellor: Putin ‘believes he is winning the war’ in Ukraine, MSNBC 16. April 2022; https://www.nbcnews.com/meet-the-press/video/full-austrian-chancellor-putin-believes-he-is-winning-the-war-in-ukraine-137864261833

[2] Joint news conference with President of Belarus Alexander Lukashenko • President of Russia; kremlin.ru 12. April 2022; http://en.kremlin.ru/events/president/transcripts/press_conferences/68182

[3] About RKR Moskva, 13. April 2022; The Key Phrase (or About RKR Moskva Again), 14. April 2022; On RKR Moskva, Again, 14. April 2022; For Mine and Underwater Diversionary Activity, 14. April 2022; It Is Only Natural… 18. April 2022; Reminiscence of the Future … Andrei Martyanov’s Blog; http://smoothiex12.blogspot.com/

[4] Russian navy head meets crew of sunken missile cruiser; Reuters 16. April 2022;

https://www.reuters.com/world/europe/head-russian-navy-meets-crew-sunken-missile-cruiser-tass-2022-04-16/

[5] Briefing by the Russian Defence Ministry : Ministry of Defence of the Russian Federation

16.04.2022 (20:30); https://eng.mil.ru/en/news_page/country/more.htm?id=12417646@egNews

[6] Ebenda

[7] Briefing by Russian Defence Ministry: Ministry of Defence of the Russian Federation

17.04.2022 (09:00); https://eng.mil.ru/en/news_page/country/more.htm?id=12417766@egNews

[8] Holy…  Reminiscence of the Future … Andrei Martyanov’s Blog; 15. April 2022;

http://smoothiex12.blogspot.com/2022/04/holy.html

[9] Statement of the Joint Coordination Headquarters for Humanitarian Response in Ukraine (April 20, 2022); https://eng.mil.ru/en/news_page/country/more.htm?id=12418195@egNews

[10] Ukraine hat laut Pentagon zusätzliche Kampfjets erhalten, Die Welt, 20. April 2022; https://www.welt.de/politik/ausland/article238259157/Ukraine-aktuell-Letzte-ukrainische-Verteidiger-von-Mariupol-bitten-um-Evakuierung-in-Drittstaat.html

[11] Meeting with Defence Minister Sergei Shoigu. Vladimir Putin had a working meeting with Russia’s Defence Minister Sergei Shoigu, The Kremlin, Moscow, 21 April 2022; http://en.kremlin.ru/events/president/news/68254

[12] Zelenskyy Wanted Nuclear Weapons, India Old Friend & Strategic Partner | Sergey Lavrov EXCLUSIVE, India Today 19. April 2022; https://www.youtube.com/watch?v=ecpRrep0twE

[13] Briefing by Russian Defence Ministry 21.04.2022 (11:15); https://eng.mil.ru/en/news_page/country/more.htm?id=12418255@egNews; Two more briefings: Colonel General Sergei Rudskoy and Colonel General Mikhail Mizintsev, The Vineyard of the Saker 25. März 2022; https://thesaker.is/speech-of-the-head-of-the-main-operational-directorate-of-the-general-staff-of-the-armed-forces-of-the-russian-federation-colonel-general-sergei-rudskoy/

[14] Five Russian cruise missiles hit western Ukraine, Defence View 18. April 2022;

Five Russian cruise missiles hit western Ukraine city Lviv

[15] RS-28 (Rakete) Wikipedia; https://de.wikipedia.org/wiki/RS-28_(Rakete)

[16] Test launch of Sarmat ICBM • President of Russia; The Kremlin, Moscow, 20. April  2022; http://en.kremlin.ru/events/president/news/68252

One thought on “Putin zeigt sich siegessicher

  1. Wohltuender Beitrag, der möglichst weite Verbreitung finden sollte !

    Sollte Pflichtlektüre für alle Politiker und Führungskräfte sein !

    Aber wie heißt es doch: Die Lüge läuft dreimal um den Globus, während sich die Wahrheit noch
    die Schuhe zubindet !

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