Goethe und die Geldschwemme

von Prof. Dr. Eberhard Hamer, Mittelstandsinstitut Niedersachsen e.V.

Was Mephisto als Märchen vorexpliziert, haben die EU / EZB realiter nachexerziert

Zur Goethe-Zeit gab es noch eine Goldumlaufwährung. Geld bestand aus Gold- oder Silbermünzen. Da Edelmetall begrenzt war, gerieten die Fürsten immer wieder in Finanzschwierigkeiten, wenn sie mehr ausgeben wollten, als sie einnehmen konnten.

Finanzminister Necker hatte Ludwig XIV. zuerst einen Ausweg gezeigt: Er gab – wie die FED und die EZB – statt Metallmünzen ungedeckte Papiergeldscheine aus, die vom Volk angenommen wurden und dem König ein Jahrzehnt übermäßiges Luxusleben (z.B. Versailles) erlaubten – bis der Schwindel in einem Crash endete.

Goethe hat diese Scheinwohlstandsblase durch Scheingeld in Faust II aufgegriffen: Mephisto machte dem Kaiser den Vorschlag einer Geldschöpfung durch Papier:

Der Kanzler verkündete:

„Zu wissen sei es jedem, der’s begehrt:

Der Zettel hier ist tausend Kronen wert.

Ihm liegt gesichert als gewisses Pfand,

Unzahl vergrabnen Guts im Kaiserland.

Nun ist gesorgt, damit der reiche Schatz,

sogleich gehoben, diene zum Ersatz.“

Der Kaiser hatte jedoch Bedenken wegen der Wertlosigkeit des Papiergeldes:

„Ich ahne Frevel, ungeheuren Trug!

Wer fälschte hier des Kaisers Namenszug?

Ist solch Verbrechen ungestraft geblieben?“

Der Schatzmeister dagegen entgegnet ihm:

„Erinnere dich! Hast selbst es unterschrieben,

erst heute Nacht. Du standst als großer Pan.

Der Kanzler sprach mit uns zu dir heran:

„Gewähre dir das hohe Festvergnügen,

des Volkes Heil mit wenig Federzügen.“

Du zogst sie rein, dann ward’s in dieser Nacht

durch tausend Künstler schnell vertausendfacht.

Damit die Wohltat allen gleich gedeihe,

so stempelten wir gleich die ganze Reihe.

10, 30, 50, 100 sind parat.

Ihr denkt euch nicht, wie wohl’s dem Volke tat.“

Der Kaiser zweifelt weiter:

„Und meinen Leuten gilt’s für gutes Gold?

Dem Heer, dem Hofe genügt’s zu vollem Sold?

So sehr mich’s wundert, muss ich’s gelten lassen.“

Der Marschall berichtet:

„Mit Blitzes Wink zerstreute sich’s im Lauf,

Die Wechlserbänke stehen sperrig auf:

Man honoriert daselbst ein jedes Blatt

durch Gold und Silber, freilich mit Rabatt.

Nun geht’s von da zum Fleischer, Bäcker, Schenken;

die halbe Welt scheint nur an Schmaus zu denken“.

Faust sinniert über den Zusammenhang zwischen den herausgegebenen Papieren ohne einen eigentlich realen Wert:

„Das Übermaß der Schätze, das, erstarrt

in deinen Landen tief im Boden harrt,

liegt ungenutzt. Der weiteste Gedanke

ist solchen Reichtums kümmerlichste Schranke.“

Als der Kaiser weiter zweifelt, dass wertloses Papier als Realgeld angenommen würde, zerstreut Mephisto die Zweifel an dem ungedeckten Papiergeld:

„Ein solch Papier, an Gold und Silber statt,

ist so bequem, man weiß doch, was man hat;

Man braucht nicht erst zu markten noch zu tauschen,

kann sich nach Lust in Lieb’ und Wein berauschen.

Will man Metall, ein Wechsler ist bereit,

und fehlt es da, so gräbt man eine Zeit.

Pokal und Kette wird verauktioniert,

und das Papier, sogleich amortisiert,

beschämt den Zweifler, der uns frech verhöhnt.

Man will nichts andres, ist daran gewöhnt.

So bleibt von nun in allen Kaiserlanden

an Kleinod, Gold, Papier genug vorhanden“.

Der Kaiser fragt dann seine Höflinge, wie sie den durch die Papiere geschaffenen neuen Wohlstand nutzen wollten. Die meisten wollten damit Essen, Feiern und größeren Luxus bezahlen, also ihren Konsum erhöhen.

Mephisto fragt nur den Narren, welcher alleine skeptisch beiseite stand.

Der Narr fragte:

„Da seht nur her, ist das wohl Geldes wert?“

Mephisto:

„Du hast dafür, was Schlund und Bauch begehrt“.

Narr:

„Und kaufen kann ich Äcker, Haus und Vieh?“

Mephisto:

„Versteht sich! Biete nur, das fehlt dir nie!“

Narr:

„Heut Abend wieg ich mich im Grundbesitz.“

Mephisto:

„Wer zweifelt noch an unsres Narren Witz!“

Nur den Narren ließ Goethe den Betrug durchschauen, dass übermäßig ausgegebenes Papiergeld nur scheinbar etwas wert ist, weil es nicht gedeckt ist, keinen Realwert hat. Nur Sachwert schien ihm dauerhaft und sicher.

Goethe hat in seiner Dichtung das Volk über die hemmungslose Geldschwemme aus Papier jubeln lassen. Die Bevölkerung glaubte, dass die Papierscheine einen Realwert hätten. Nur der Narr durchschaute bei Goethe, dass dieses Papier nur einen Scheinwert, nicht real gedeckt, nicht wirklich werthaltig sei und deshalb schleunigst in Sachwerte umgetauscht werden müsse, um dem zwangsläufigen Crash zu entgehen.

Auch derzeit werfen die FED und die FZB wieder unlimitiert Geld in den Markt – zwar nicht nur als Papiergeld, sondern als virtuelles Geld. Und wieder glaubt die Bevölkerung, dadurch reicher zu sein und sich mehr leisten zu können als bisher.

Immer in der Geschichte hat hemmungslose Geldvermehrung wie ein Drogenrausch nur kurzfristige Freude beschwert und ist dann im Endzugs-Crash in sich zusammengefallen.

Bei Goethe war der Geldvermehrer und Volksverführer Mephisto – heute sind dies die Zentralbanken, die EU und die Finanzpolitiker, welche die Geldschleusen hemmungslos öffnen.

Wie weise hat Goethe die Zukunft vorausgesehen – auch wenn er mit seinem Scheingeld und der damit verbundenen Scheinblüte noch papieren, nicht wie jetzt virtuell dachte!

 

 

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