Gummiparagraph 130

Meinungsstraftaten werden in der Bundesrepublik Deutschland sehr ernst genommen. Da kann schon einmal einer, der niemanden etwas gestohlen, keinen betrogen, verletzt oder umgebracht hat (im Gegensatz zu vielen frei herumlaufenden Verbrechern), für Jahre hinter Gittern verschwinden. Das nennt sich dann „wehrhafte Demokratie“.

Gerade hat der Bundestag in einer Nacht- und Nebelaktion dem Paragraphen 130 Strafgesetzbuch einen neuen Gummi-Tatbestand hinzugefügt: Leugnung und Billigung von Kriegsverbrechen. Wer dabei den Verdacht hegt, dies sei eine „Lex Putin“, dürfte Recht haben. Kritiker sehen die Gefahr einer weiteren Kriminalisierung von Meinungsäußerungen, die nach dem Grundgesetz eigentlich unter Schutz stehen. Die Gummiverordnungen des § 130 StGB lassen ohnehin einen weiten Interpretationsspielraum nach politischen Gusto zu. So hat sich die deutsche Justiz gerade hier schon lange einen doppelten Bewertungsmaßstab zugelegt: Was Rechts strafbar ist, ist es Links noch lange nicht.

Öffentliche Kritik  (z.B. im Rahmen von Demonstrationen) an der EU- oder NATO-Politik, einschließlich der Sanktionen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt könnte nun durchaus als Leugnung bzw. Billigung mutmaßlicher russischer Kriegsverbrechen ausgelegt werden und damit strafbar sein, so die Befürchtung mancher Rechtsexperten.

Aber immerhin steht damit jetzt auch die Leugnung alliierter Kriegsverbrechen an der deutschen Zivilbevölkerung im Zweiten Weltkrieg (Stichworte: Bombenkrieg und Vertreibung) unter der Androhung von Strafen. Was manchen Politiker in Schwierigkeiten bringen könnte, der jetzt diesem Gesetz zugestimmt hat. Das natürlich nur sehr theoretisch, denn dazu bräuchte man eine unabhängige, objektive, nur dem Gesetz verpflichtete Justiz.

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