Vorgestellt: die Österreichische Landsmannschaft (ÖLM)

Die Österreichische Landsmannschaft (ÖLM) ist die Nachfolgeorganisation des Deutschen Schulvereins, der 1880 in Wien gegründet wurde.

Im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn bildeten die Deutschen mit mehr als 12 Millionen Angehörigen die stärkste Volksgruppe, waren aber gleichzeitig eine Minderheit unter Minderheiten (1910: 23,36 Prozent). Als staatstragende, „historische“ Nation hatten sie durch Jahrhunderte die politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der habsburgischen Länder geprägt.

Nach der Niederlage Österreichs im Deutschen Krieg von 1866, seinem Ausschluss aus dem Deutschen Bund und der Durchsetzung der kleindeutschen Lösung durch Preußen 1871 waren die Deutschen Österreichs ihrer stärksten Stütze beraubt.

An den vielen Sprachgrenzen der Monarchie und in zahlreichen Sprachinseln des weitausgreifenden Reichsgebietes sahen sich die Deutschösterreicher starkem ethnischen Druck durch die anderen aufstrebenden und politische Gleichberechtigung erlangenden Völker ausgesetzt. In der ungarischen Reichshälfte waren sie einer radikalen Madjarisierungspolitik ausgesetzt. Nach Erlass einer neuen Sprachenverordnung durch das Ministerium Taaffe für das von Deutschen und Tschechen bewohnte Königreich Böhmen sah man auf deutscher Seite dringenden Handlungsbedarf zum Schutz und zur Verteidigung der eigenen Sprache und Identität und des deutschen Siedlungsraumes.

Wesentlichstes Schulvereinsziel war und ist es, durch einen gediegenen Unterricht in der Muttersprache die „Kinder vor dem Verlust ihres Volkstums zu schützen“. Ende des Gründungsjahres 1880 unterstützten bereits mehr als 22.000 Mitglieder diese Zielsetzung. Innerhalb von zehn Jahren waren in ganz Österreich 1128 Ortsgruppen ins Leben gerufen worden.

1881 entstand nach seinem Vorbild und in enger Zusammenarbeit zum Schutz des Grenz- und Auslandsdeutschtums im Deutschen Reich der Allgemeine Deutsche Schulverein (ADSchV) mit Sitz in Berlin, 1889 der Verein Südmark mit Sitz in Graz.

Der Erste Weltkrieg mit seinem für die Donaumonarchie katastrophalen Ausgang brachte für weite Teile der Deutschösterreicher den Verlust staatlichen Rückhalts. Nur knapp die Hälfte der Deutschösterreicher lebten 1919 in der neuerrichteten Republik Deutsch-Österreich. Die andere Hälfte wurde in den Pariser Vorortverträgen häufig unter Missachtung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker anderen Nachfolgestaaten zugeschlagen, in denen sie zu einer oft ungeliebten und angefeindeten Minderheit wurden, nachdem sich die Nachfolgestaaten als nicht-deutsche Nationalstaaten verstanden. Obwohl weiterhin in ihrer alten Heimat ansässig, lebten sie nun im teils feindlich gesinnten Ausland. Der Assimilierungsdruck erhöhte sich deutlich und steigerte sich in manchen Gebieten zur regelrechten staatlich kontrollierten Verfolgung und Unterdrückung.

Die Unterstützung dieser neu entstandenen deutschen Minderheiten gestaltete sich politisch schwierig, auch aufgrund der hohen Reparationszahlungen, die Österreich leisten musste. Die neuen Staaten wollten es meist nicht dulden, dass im Bildungswesen, einem zentralen staatlichen Aufgabenbereich, weiterhin ein privater Träger tätig war, der nicht unter ihrer hoheitlichen Kontrolle stand.

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurde der Deutsche Schulverein Südmark im Mai 1938 aufgelöst und in den nun staatlichen kontrollierten „Verein für das Deutschtum im Ausland“ eingegliedert.

Im Jahre 1952 kam es zur Gründung der Österreichischen Landsmannschaft. Sie trat die Nachfolge des Deutschen Schulvereins an und folgte diesem in seinen Absichten, Zielen und Bestrebungen. In den Anfangsjahren galt es allem voraus mitzuhelfen, die zahlreichen Heimatvertriebenen aus dem Sudetenland, der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Jugoslawien in Österreich aufzunehmen und einzugliedern.

Besondere Aufmerksamkeit galt dem Schicksal Süd-Tirols. In ihrem Wirken im südlichen Tirol fand die Österreichische Landsmannschaft ihre erste große Aufgabe. Nach der Verwüstung durch den italienischen Faschismus und Nationalismus galt es, erneut ein eigenes deutsches Schulwesen aufzubauen. Aus eigener Kraft waren die Süd-Tiroler dazu jedoch bis zum Inkrafttreten der Autonomie 1972 nicht in der Lage. Die ÖLM brachte viele Millionen Schilling auf, die als Hilfeleistung in Bau, Einrichtung und Ausstattung von Schulen und Kindergärten flossen. In Zusammenarbeit mit dem Süd-Tiroler Kulturinstitut wurden mehrere hundert Stipendien an Süd-Tiroler Studenten vergeben, die an österreichischen Universitäten studierten. Ebenso wurden Lehrlinge unterstützt, Werkstätten und Arbeiterwohnungen mitfinanziert. Mit dem Bestreben, den überlebenswichtigen Kontakt zum Mutterland Österreich aufrechtzuerhalten, organisierte die ÖLM für Jugendliche, Lehrer, Kulturvereine und Brauchtumsgruppen Reisen in die Alpenrepublik.

Mit Ausnahme Süd-Tirols waren bei Kriegsende alle deutschen Sprachgebiete Alt-Österreichs Opfer eines systematischen Genozids durch die Massenvertreibung der deutschen Bevölkerung. Da diese Länder unter kommunistische Herrschaft gerieten, war eine direkte Hilfe für die noch in ihrer Heimat verbliebenen deutschen Volksgruppen nicht möglich. Erst 1989 mit der friedlichen Revolution, die zum Sturz des Kommunismus führte, und dem Ende des Kalten Krieges konnte die ÖLM auch in den Ländern des ehemaligen Ostblocks ihre Tätigkeit entfalten.

Seither ist die Zahl der Deutschen in Rumänien dramatisch gesunken, da viele die Gelegenheit nützten, nach den schrecklichen Jahrzehnten in ein deutsches Land zu übersiedeln. Nach dem Ende des Eisernen Vorhangs gab es bald wieder Verbindungen zu Siebenbürger Sachsen, Landlern und Banater Berglanddeutschen in Rumänien. Was mit freundschaftlichen Begegnungen zwischen Volkstanzgruppen angefangen hatte, mündete im „Arbeitskreis Siebenbürgen“ unter der Leitung von Dr. h.c. Barbara Schöfnagel. Von der ÖLM wurden gezielte und organisierte Hilfsaktionen ins Leben gerufen. Allen Schikanen der dortigen Behörden zum Trotz riss die Hilfe nicht ab, sondern wurde in Form von hunderten Bus- und LKW-Transporten auf oftmals abenteuerliche Weise über die Grenzen geschleust. Seither werden deutsche Schulen in Rumänien unterstützt, sowie kleine Wirtschaftsbetriebe, Altenheime u.a. der deutschen Volksgruppe, um deren Weiterleben in Siebenbürgen, im Banat und anderen Landesteilen zu ermöglichen.

Auch in Ungarn hatten die deutschen Volksgruppen unter der jahrzehntelangen kommunistischen Unterdrückung und dem Verbot der deutschen Muttersprache zu leiden, doch das Interesse an der Erhaltung der deutschen Kultur konnte nicht gebrochen werden. Daher konnte erstmals bereits 1988 von der ÖLM eine Sprachhelferin in einen ungarndeutschen Kindergarten entsandt werden. Von ihrer begeisterten Aufnahme angeregt wurde schließlich in der ÖLM der „Arbeitskreis Ungarndeutsche“ eingerichtet, dessen Tätigkeiten sich v. a. auf Schulen, Kindergärten, Kulturhäuser und Heimatmuseen konzentrierten. Große finanzielle Mittel wurden aufgewendet, die schon bald in österreichisch-ungarischen Schulpartnerschaften erste Früchte trugen. Die Gründung von ungarndeutschen Schulvereinen in den einzelnen Komitaten und deren Zusammenschluss in einen Bund („BUSCH“) kann ebenso als Erfolg verzeichnet werden. Auch dank der tatkräftigen und finanzstarken Unterstützung durch die ÖLM ist eine deutliche Anerkennung der Ungarndeutschen durch den Staat heute Wirklichkeit geworden.

Ähnlich wie in Rumänien und Ungarn greift die ÖLM seit 1989 auch den deutschen Volksgruppen in Tschechien, der Slowakei, in Polen, Slowenien, Kroatien und Serbien stützend unter die Arme – viel Gutes wurde und wird bewirkt – und die Reihe der notwendigen Hilfeleistungen und förderungswürdigen Projekte reißt nicht ab.

Trotz verbesserten wirtschaftlichen, sozialen und organisatorischen Möglichkeiten gibt es noch viel zu tun, denn die eigene deutsche Kultur und Muttersprache stehen in nahezu allen östlichen Nachbarländern noch immer auf wackligen Beinen und bedürfen helfender Hände.

Dank der Förderer, der Mitglieder und nicht zuletzt auch Dank des Idealismus der Verantwortlichen in der ÖLM bleibt die Hoffnung auf würdevolles Weiterleben der deutschen Volksgruppen und darauf, dass diese Sprachinseln eine gute Zukunft haben, bestehen.

Die Österreichische Landsmannschaft gibt die Zeitschrift „Der Eckart“ sowie das vielbeachtete Periodikum „Eckartschrift“ heraus.

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