Reisen bildet, vor allem zu unseren Verwandten in Südamerika

von Willy Wimmer

Scholz ist ziemlich durchtrieben. Den Eindruck kann und muß man gewinnen, wenn man sich seine jüngsten Reisen ansieht. Hier in NATO-Land liegt er voll auf Ramstein-Kurs und lebt in der Begründungsblase. Dann verläßt er Berlin und Biden-Gebiet und öffnet dem deutschen Volk die Augen. So war es in Südafrika, vorher mit Indien. Die westliche Argumentation über das isolierte „Reich des isolierten Präsidenten“ hat schon vor der Reise nach Südamerika keine Reise zu den abwartenden und kalkulierenden Staaten außerhalb des NATO-Blocks überstanden.

Dann kommt Lateinamerika, wo in Buenos Aires oder Santiago de Chile oder Brasilia die Staatschefs eine Meinung haben und zudem von ihrem Verstand Gebrauch machen. Man sieht die Welt in diesen Hauptstädten, wie sie nun einmal ist und unserer bemühter Herr Bundeskanzler holt sich in der Reihe für sein Ansinnen, diese Staaten in den Ukraine-Krieg einzubeziehen, Abfuhr nach Abfuhr. Oder war es der überaus gekonnte Versuch, zu der westlichen Haltung in Sachen Ukraine einmal die Wirklichkeit der Welt gegen die NATO-Propaganda auf die deutschen Bildschirme zu holen?

Seit Buenos Aires rotieren die Chefrhetoriker in den deutschen Medien um die eigene Achse, weil eine bündnisfeindliche Argumentations-Salve nach der anderen im Kontext der Scholz-Äußerungen in Deutschland erklärt werden muß. Da kann sich – wenigstens kurzfristig – jeder sein Bild machen.

Und dann noch Freihandelszone Mercosur mit EU? Jeder, der es wissen will, warum das seit langer Zeit nicht umzusetzen ist, weiß um die Hürden des Demokratie-Protokolls bei Mercosur, um seit Hugo-Chavez-Zeiten so etwas wie Venezuela in Lateinamerika überhaupt zuzulassen. Diejenigen aus USA, die Venezuela seit Jahren Wahlmaschinen zur Verfügung stellen, werden wissen, was es zu torpedieren gilt.

Lateinamerika, durch den „fixen Olaf“ neu entdeckt? Das war im ausgehenden 19. Jahrhundert das letzte Gebiet enger amerikanisch-deutscher Kooperation gegen unbotmäßige Staaten, bevor sich Washington dem Einplanieren der westeuropäischen Reiche verschrieb und über die amerikanische Implementierung der gegen Wien, Budapest und Berlin gerichteten „Kriegsschuld-Lösung“ den Grundstock für die bis heute andauernde Verheerung unseres Kontinentes schuf. Gegen Rußland hatte man es schon mit der alliierten Invasion versucht, als in Europa noch der Erste Weltkrieg tobte.

Lateinamerika als Tummelplatz für deutsche Unternehmen? Wir haben diese Staaten im Stich gelassen und nicht investiert, weil Bonn und dann Berlin sich auf die EG-Erweiterung gestürzt hatten. Geld war knapp und lang ist es her, daß Sao Paulo der bedeutendste deutsche Auslandsstandort gewesen ist.

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