Der Fokus der Kampfhandlungen in der Ukraine liegt seit Wochen auf Artjomowsk/Bachmut im Zentrum der Front. Die Stadt mit ehemals 74.000 Einwohnern ist mittlerweile weitgehend zerstört. Von drei Seiten ist sie von russischen Truppen umstellt, die Lücke im Westen wird durch russische Artillerie vollständig beherrscht. Im Zentrum der Stadt kämpfen Einheiten der Wagner-Miliz, die mittlerweile aber von regulären russischen Truppen auch am Boden unterstützt werden. Sie beherrschen den Osten der Stadt etwa zur Hälfte.
Wie viele ukrainische Infanteristen die Verteidigung in Bachmut noch aufrecht erhalten, ist unklar. Die Zahlenangaben schwanken zwischen 2.000 und 20.000. Sicher ist, dass die Masse der Verteidiger die Stadt bereits in Richtung Westen verlassen hat. Der Rückzug hat nach Berichten von Beobachtern sehr hohe Verluste gekostet. Das russische Verteidigungsministerium meldete, dass die Ukraine in und um Bachmut im allein Februar 2023 11.000 Mann verloren habe.
Unklar ist auch, ob Kiew das weitere Halten der Stadt befohlen hat. Zwischenzeitlich war berichtet worden, dass die Räumung Bachmuts angeordnet worden war. Dies scheint allerdings nicht der Fall gewesen zu sein. Besonders zäh wird im Zentrum der Stadt um ein Fabrikgelände gekämpft, dass – ähnlich wie Asowstal in Mariupol – untertunnelt sein soll.
Offensichtlich sind trotz der russischen Abriegelung durch Artilleriefeuer immer noch Marsch- und Versorgungswege von und nach Bachmut offen. Über die Gründe, warum die Angreifer den Sack nicht endgültig zu machen, wird spekuliert. Einige Stimmen meinen, dass russische Oberkommando wolle Kiew dazu bringen, weitere Reserven in Bachmut zu „verheizen“, um dessen Truppen weiter abzunutzen und Kräfte zu binden, die an anderen Frontabschnitten nicht eingesetzt werden können.
Der Kampf um Bachmut kann sich also durchaus noch länger hinziehen.
Im Süden der Front (Bereich) Sporoschje wird die Konzentration weiterer ukrainischer Verbände gemeldet. Dies kann im Zusammenhang mit der von Kiew für das Frühjahr angekündigten Offensive gegen die Krim zusammenhängen. Ob dafür allerdings die ukrainischen Kräfte reichen werden, kann bezweifelt werden. Die Möglichkeiten Kiews hängen wesentlich davon ab, ob der Westen weiterhin das hohe Niveau der Waffen- und Munitionslieferungen halten kann. Gerade darüber aber entspinnen sich derzeit vor allem in den USA vermehrt Diskussionen.
Ob der aktuell laufende Versuch seitens Washingtons, die Verantwortung für die Sprengung der Ostsee-Pipelines auf ukrainische Saboteure abzuwälzen, ein Abrücken von Kiew andeuten könnte, mag dahingestellt bleiben.