Schlageter!

von Stephan Ehmke

Am 26. Mai vor 100 Jahren wurde der deutsche Freiheitskämpfer und Freikorpssoldat Albert Leo Schlageter von der damaligen französischen Besatzungsmacht im Rheinland hingerichtet. Er fand sein Ende vor einem Erschießungskommando auf der Golzheimer Heide bei Düsseldorf.

Schlageter wurde am 12. August 1894 in Schönau im Schwarzwald als Sohn einer Bauernfamilie geboren. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges legte er ein Notabitur ab und wurde Kriegsfreiwilliger im 5. Badischen Feldartillerieregiment Nr. 76, mit dem er während es gesamten Krieges an der Westfront eingesetzt war. 1917 wurde er Offizier und erhielt das Eiserne Kreuz. I. Klasse. Bei Kriegsende war Schlageter Batteriechef.

Nach dem Krieg zunächst Theologie studierend, wechselte Schlageter bald zur Nationalökonomie, brach das Studium aber ab und schloss sich dem Freikorps Medem in Waldkirch an. Mit diesem wurde er von der Reichsregierung im Baltikum eingesetzt. Als Batterieführer war er an der Einnahme Rigas 1919 beteiligt. Danach wechselte Schlageter zum Freikorps Petersdorff. Als die Reichsregierung den Abzug befahl, kam es zur Meuterei in den Freikorps: Die Soldaten sahen sich um das Versprechen der deutschen Regierung betrogen, ihnen Siedlungsland im Baltikum zur Verfügung zu stellen. Dies als Verrat ansehend, schlossen sich 40.000 deutsche Freikorpskämpfer zur „Deutschen Legion“ zusammen und kämpften gemeinsam mit der „Eisernen Division“ der russischen Westarmee gegen litauische und lettische Truppen. Im Dezember 1919 zog sich die „Deutsche Legion“ nach Ostpreußen zurück.

Schlageter blieb Soldat. Er schloss sich dem Freikorps Löwenfeld an, das 1920 in Breslau und Kiel den Kapp-Putsch unterstützte und den kommunistischen Märzaufstand im Rheinland niederschlug. Nach Auflösung der Marinebrigade Löwenfeld wurde Schlageter Mitglied des Freikorps Hauenstein und nahm an den Kämpfen gegen die polnischen Aufstände in Oberschlesien teil.

Nach Beginn der Ruhrbesetzung im Jahre 1923 bildeten Männer des Freikorps Hauenstein unter der Führung von Franz Hauenstein eine geheime Organisation zur Sabotage der französischen Besatzungsmacht. Schlageter übernahm die die Führung einer Gruppe dieser dann so genannten „Organisation Heinz“. Die preußischen Behörden und die Polizei unterstützten die Organisation im Geheimen und rüsteten sie mit Waffen und Munition sowie teilweise auch gefälschten Papieren aus. In der Folge verübte die Organisation Sprengstoffanschläge vor allem gegen Eisenbahnlinien im Rheinland. Auf das Konto der „Organisation Heinz“ sollen etwa 18 dieser Sabotageakte gegangen sein. Nach Einschätzung von Historikern hatten die Sprengungen allerdings keinen bedeutenden Einfluss auf die Handlungsfähigkeit der französischen Besatzungsmacht. Umso größer war der symbolische Wert der Taten. Sie wurden zum Fanal des Ruhrkampfes, der zur Befreiung von der Fremdherrschaft  – und im weiteren zur Abschüttelung des Versailler Unrechts – führen sollte.

Am 7. April 1923 wurde Schlageter vom französischen Geheimdienst in einem Essener Hotel verhaftet. Ob er von Seiten der preußischen Behörden verraten wurde, wie später vor allem die Nationalsozialisten behaupteten, oder ob die Verhaftung Ergebnis der Unvorsichtigkeit Schlageters war, ist bis heute umstritten. Schlageter wurde mit mehren Kameraden der Bildung einer kriminellen Vereinigung, der Spionage und der Sabotage beschuldigt und vor ein französisches Militärgericht gestellt. Am 9. Mai 1923 wurde er zum Tode verurteilt. Ein Revisionsverfahren blieb erfolglos. Nachdem Schlageter ein Gnadengesuch abgelehnt hatte, wurde selbiges von seinen Eltern gestellt und von der Reichsregierung, Kirchenvertretern sowie der schwedischen Königin Viktoria unterstützt.

Der französische Staatspräsident Poincaré, ein dezidierter Deutschenhasser, lehnte das Gesuch allerdings ab. So wurde Albert Leo Schlageter am 26. Mai 1923 auf der Golzheimer Heide bei Düsseldorf hingerichtet.

Prozess und Tod Schlageters fanden eine breite Resonanz im deutschen Volk. Die Empörung über die Erschießung, die als grausame Willkür empfunden wurde, war groß. Schlageter wurde bald zum Märtyrer für die Sache der Befreiung Deutschlands von der Fremdherrschaft erhoben. Diese Verehrung ging weit über die Parteigrenzen hinaus. Neben Nationalkonservativen wurde Schlageter auch von vielen Kommunisten und Sozialdemokraten als Freiheitskämpfer, von diesen vor allem gegen Militarismus uns Imperialismus, angesehen. Vorübergehend kam es im Kampf gegen die Ruhrbesetzung sogar zu einer Zusammenarbeit zwischen links und rechts, welche allerdings eine kurze Episode blieb.

Die junge nationalsozialistische Bewegung vereinnahmte Schlageter schnell als einen der ihren. Der Grund war seine angebliche Mitgliedschaft in der NSDAP, die allerdings nie zweifelsfrei festgestellt werden konnte. Zeugnisse über die politische Einstellung Schlageters sind spärlich. Er galt als gläubiger Katholik, Gegner der Republik und wurde eher dem konservativ-monarchistischen Lager zugerechnet. Ernst von Salomon schrieb nach dem Zweiten Weltkrieg, Schlageter sei immer ein scharfer Kritiker der Nationalsozialisten gewesen, ohne dies allerdings mit schriftlichen Quellen belegen zu können. Selbstzeugnisse und Briefe Schlageters aus dessen Kampfzeit sind spärlich.

Nach dem Zweiten Weltkrieg beschränkte sich die positive Beschäftigung mit der Person Albert Leo Schlageters auf nationalkonservative Kreise. In der Öffentlichkeit nahm man ihn kaum noch zur Kenntnis. Heute wird Schlageter im politischen Mainstream natürlich durchgehend negativ bewertet, seine Hinrichtung als „gerechtfertigt“ hingestellt, er selbst als „Terrorist“ diffamiert. Im Vordergrund der Kritik steht die Vereinnahmung Schlageters durch die Nationalsozialisten, ohne auch nur im Ansatz die glaubhaften Anhaltspunkte zu berücksichtigen, dass der gläubige Katholik Schlageter keinesfalls ein überzeugter „Nazi“ gewesen war (siehe v. Salomon in seinem „Fragebogen“).

Der Leichnam Schlageters wurde nach der Hinrichtung zunächst auf dem Düsseldorfer Nordfriedhof in einem Reihengrab beigesetzt. Bereits im Juni 1923 genehmigten die französischen Behörden auf Antrag der Familie die Überführung in Schlageters Heimatort Schönau, welche unter großer Anteilnahme der Bevölkerung mit staatlichen und militärischen Ehren durchgeführt wurde.

In Schönau wurde später auch eine Gedenkstätte auf einem Berg in Sichtweite des Grabes errichtet.  Grab und Gedenkstätte wurden nach dem Zweiten geschändet und zerstört. Das Grab wurde später rudimentär wieder hergestellt. Im Ort ist das Elternhaus Albert Leo Schlageters heute noch zu sehen.

Wie den Anlagen in Schönau erging es auch der nationalen Gedenkstätte für Albert Leo Schlageter in der Golzheimer Heide bei Düsseldorf, wo heute nichts mehr an den Tod des deutschen Freiheitskämpfers und Freikorpshelden erinnert.

R.I.P.

Albert Leo Schlageter 1918

Denkmal in Schönau/Schwarzwald (1930-er Jahre)

Schlageter-Ehrenmal in der Golzheimer Heide bei Düsseldorf (1930-er Jahre)

Karte der Golzheimer Heide/Düsseldorf (1944), mit der Schlageter-Gedenkstätte (roter Pfeil)

Luftaufnahme der heutigen Situation. An der Stelle der zerstörten Gedenkstätte befindet sich heute ein „antifaschistisches“ Mahnmal.

Schlageters Elternhaus in Schönau (1930-er Jahre)

Grab Schlageters auf dem Friedhof Schönau heute

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