Beobachter im Netz sind der Meinung, die NATO-Strategen seien mittlerweile zu der Überzeugung gelangt, dass ein massierter Angriff der Ukraine gegen die russische Verteidigung im Donbass zum Scheitern verurteilt sei. Nach wie vor sei die Ukraine in der Luft stark unterlegen, es fehle an modernem Gerät und Munition. Gleichzeitig seien die ukrainischen Kräfte bei Saporoschje, einschließlich ihrer Reserven und rückwärtigen Munitionslager, durch die fortgesetzten russischen Luftschläge bereits erheblich dezimiert worden.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg musste zudem jetzt einräumen, dass die NATO nicht mehr über soviel Waffen und Munition verfüge, um die Ukraine in ausreichendem Maße zu versorgen. Er forderte verstärkte Anstrengungen der Verbündeten bei der Rüstungsproduktion.
Nun wird erwartet, dass sich die Ukraine – zumindest vorläufig – auf eine Taktik der Nadelstiche verlegt. Dies bedeutet begrenzte Vorstöße auf der ganzen Frontlänge gegen erkannte russische Schwachstellen. Ein besonderes Augenmerk scheint dabei auf das ukrainisch-russische Grenzgebiet im Bereich Belgorod gelegt zu werden. In den vergangenen Wochen führte die Ukraine dort bereits Kommandooperationen mit Kräften bis Bataillonsstärke gegen russische Ortschaften durch. Gleichzeitig wurden starke Artilleriekräfte in das Grenzgebiet verlegt, die vor allem Terrorangriffe gegen die russische Zivilbevölkerung durchführten.
Offensichtlich hat die Ukraine im Gebiet Belgorod eine Schwachstelle der russischen Grenzsicherung erwischt. Das Moskauer Oberkommando hat scheinbar bisher noch kein rechtes Rezept für Gegenmaßnahmen gefunden.
Das „Nadelstichprinzip“ würde die russische Seite dazu zwingen, Kräfte an der Hauptkampflinie hin- und her zu verschieben. Die beträfe auch die Drohnenwaffe, die bei der Bekämpfung vor allem der gegnerischen Artillerie und Luftabwehr eine immer stärkere Rolle spielt.
Zur selben Zeit rückt die moldawische Region Transnistrien wieder in den Fokus. Die moldawische Ministerpräsidentin Maia Sandu hatte anlässlich eines Besuches des ukrainischen Präsidenten Selenski vor wenigen Tagen die Bemerkung fallenlassen, die ukrainischen Streitkräfte seien eingeladen, moldawisches Territorium zu betreten, falls sie es für nötig erachteten. In der abtrünnigen moldawischen Region Transnistrien befinden sich seit Anfang der 1990-er Jahre russische, moldawische und transnistrische Friedenstruppen. Es sollen sich dort etwa 3.000 russische Soldaten befinden. Bereits früher im Verlaufe des Ukraine-Konfliktes wurde vermutet, Kiew könnte die Absicht haben, über die schwachen russischen Truppen in Transnistrien einen „leichten Sieg“ zu erringen. Jedenfalls hat die Ukraine an der transnistrischen Grenze bereits seit längerem Truppen zusammengezogen.
Moldawien hat bezüglich der Friedenmission in Transnistrien Verträge mit Russland abgeschlossen. Bisher scheute man sich davor, diese Vereinbarungen offen zu brechen. Das scheint jetzt anders geworden zu sein, möglicherweise auf Druck der USA. Dabei ist zu beachten, dass Washington derzeit auch den Konflikt im Kosovo wieder befeuert, in den Russland als Verbündeter Serbiens ebenfalls involviert wäre, sollte er sich ausweiten.
Insgesamt spricht die Entwicklung für die Annahme, dass der Westen den Ukraine-Konflikt weiter prolongieren will, um Russland zu schwächen. Dabei muss man natürlich vermeiden, dass die ukrainische Armee im Falle einer gescheiterten massierten Gegenoffensive vernichtet wird. Denn hierauf hätte die NATO kaum noch Möglichkeiten, zu reagieren.
Karte: Kämpfe im russisch-ukrainischen Grenzgebiet bei Belgorod (Quelle: Internet).