EU-Europa ist friedensunfähig, aber Frieden fällt nicht vom Himmel

von Willy Wimmer

In wenigen Tagen wird die Welt wieder in besonderer Weise an den „großen Schrecken“ erinnert. Dann jährt sich der 1. September 1939, der nach allgemeinem Urteil mit dem 28. Mai 1919 in Versailles in Gang gesetzt worden ist. Damit wird im Bewußtsein nach vorne geschoben, was der am 1. September 1939 begonnene Krieg alles in die Hölle gezogen hat, auch für das russische und deutsche Volk. Öffentliche Erklärungen von deutschen Regierungsmitgliedern in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine lassen deutlich werden, wie verächtlich in Berlin mit den historischen Gegebenheiten umgegangen wird.

Das wird mit dem 31. August 2024-nach dreißig Jahren- vermutlich in besonderer Weise deutlich. Das ist der Tag des Abzuges am 31. August 1994 der letzten Soldaten der Westgruppe der Truppen in Deutschland aus dem Land, das am 22. Juni 1941 der Sowjetunion den Krieg erklärt hatte
In seiner umjubelten Rede am 25. September 2001 im Reichstag hatte der russische Staatspräsident Putin dem deutschen Volk und den anderen europäischen Völkern die Hand ausgestreckt für eine gemeinsame Zukunft zwischen Lissabon und Wladiwostok. Wie wollen wir Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der Geschehnisse seither sollen wir in Deutschland des 31. August 1994 gedenken? Wie deutlich machen, welche Verpflichtung aus diesem Tag für uns gegenüber unseren Nachbarn und damit auch dem russischen Volk erwächst?

In dieser offenkundigen Gemengelage in Deutschland und EU -Europa wundern die mahnenden Worte des Papst-Emissärs und Vorsitzenden der italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Zuppi. an das politische und mediale EU-Europa in diesen Tagen nicht. Im Auftrag des Papstes war Kardinal Zuppi in den letzten Monaten nach Kiew, Moskau und Washington unterwegs, um über „gute Dienste“ Wege der Konfliktbeilegung auszuloten. Wenn man gedacht hätte, aufmunternde Worte europäischer Spitzenpolitiker bei den Reisen von Kardinal Zuppi vernehmen zu können, sah man sich getäuscht. EU-Europa erweckt in zynischer Weise den Eindruck, daß diese päpstlichen Bemühungen in Baerbocks Sinne höchst hinderlich sein würden. EU-Europa müßte sich schämen, wenn in diesen Tagen Kardinal Zuppi öffentlich das Ausbleiben eu-europäischer Friedensbemühungen beklagt. Die verzweifelten Worte von Kardinal Zuppi waren politisch-medial so unbeachtlich, daß sie höchst selten abgedruckt oder gesendet wurden. Kein Wunder, da doch der öffentliche Eindruck besteht, es bei den Ursachen des Krieges in der Ukraine und dem, was daraus entstehen kann, nicht mit den berühmten Schlafwandlern sondern den kalt operierenden Tätern zu tun zu haben. Vor wenigen Tagen noch hat der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Herr Kujat, auf die notwendige Gesamtbeurteilung dieses Konfliktes und der Entwicklung vor dem Überschreiten der russischen Grenze durch reguläre russische Streitkräfte hingewiesen.

In dieser Vorgeschichte des Krieges scheint die Unfähigkeit der EU-europäischen Regierungen zu liegen, sich mit Nachdruck für tragfähige Friedensregelungen selbst oder durch Dritte einzusetzen. Nichts scheint man mehr zu fürchten, als die Frage der Wähler angesichts des Elends, des Leides und der Zerstörungen, ob das alles nicht hätte verhindert werden können und wer es nicht hat verhindern wollen? Die finanziellen Schwierigkeiten, in denen wir uns befinden, wirken für diese Fragestellung wie der Nachbrenner eines Kampfflugzeuges. Hier geht die Zukunft ganzer Generationen verloren und verkrüppelte Menschen werden wieder das Straßenbild in der Ukraine und Russland bestimmen. Es sind unsere Regierungen, denen wir im Sinne von Kardinal Zuppi einen Kurswechsel abverlangen müssen. Es geht um die Menschen und nicht großmäulige Minister allerorten.

Die Hoffnung auf Friedensbemühungen kann in den Wind gesprochen sein, wenn man in Folge des Krieges auch noch betrachtet, wovon in dem Weisungsgeber der „westlichen Wertegemeinschaft“ der „New York Times“oder beim „Weltwirtschaftsforum“ sonst noch gefaselt wird. Da wird allen Ernstes davon geschrieben, Wahlen in den demokratischen Staaten wegen Hinderlichkeit für Eliten abzuschaffen. Was kommt da auf uns zu mit dem Krieg als Vehikel?

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