Am Boden der Befreiungshalle zu Kelheim, die von König Ludwig I. von Bayern in den Jahren 1842-1863 zum Gedenken an den Krieg gegen Napoleon errichtet wurde, sind folgende Worte eingelassen:
MOECHTEN
DIE TEUTSCHEN
NIE VERGESSEN WAS
DEN BEFREIUNGSKAMPF
NOTHWENDIG MACHTE
UND WODURCH SIE
GESIEGT.
Die doppelte Bedeutung des dort erwähnten „Was“ lässt sich leicht erraten: Zum einen die Uneinigkeit der Deutschen, die es ermöglichte, dass das Napoleonische Frankreich das Deutsche Reich überhaupt überwinden konnte, und zum anderen die Einigkeit des Jahres 1813, als sich alle deutschen Stämme gemeinsam gegen Fremdherrschaft und Unterdrückung erhoben und so schließlich den Sieg errangen.
Wie wir wissen, hielt diese Einigkeit nicht lange vor. Gut 50 Jahre nach der Entmachtung des korsischen Usurpators standen Deutsche in einem blutigen Bruderkrieg erneut gegeneinander. Die darauf folgende Gründung des zweiten deutschen Kaiserreiches schloss bekanntlich Österreich aus. Dies war ganz und gar nicht im Sinne der Kämpfer von 1813 und auch nicht im Sinne der Heiligen Allianz zwischen Preußen, Österreich und Russland, die 1815 begründet wurde. Auch 1848 hieß die Parole noch Großdeutschland; ein einiges Reich sollte sich in seiner territorialen Gestalt an das 1806 untergegangen Heilige Römische Reich Deutscher Nation anschließen. Die Geschichte wollte es anders, was der deutschen Einheit nicht guttat.
Am Ende des Ersten Weltkrieges, der von den Alliierten entfacht wurde, um das zu mächtig gewordene Zweite Deutsche Reich zu zerschlagen, war es mit dieser Einigkeit auch wieder aus. In den revolutionären Ereignissen von 1918 dividierten sich nicht nur die Deutschen im Deutschen Reich, sondern auch die Deutschen im ehemaligen Österreich-Ungarn auseinander – sehr zur Freude der Feinde unseres Volkes.
Das Versailler Schandmal brachte die Deutschen wieder enger zusammen. Auch Deutsch-Österreich sah seine Zukunft nur ein einem einigen Deutschen Reich. Die Feinde desselben wollten es wieder anders. Versailles brachte aber auch den Aufstieg Adolf Hitlers und der Nationalsozialisten. Deren Vorsatz, das Versailler Unrecht zu revidieren, machte einen Großteil ihrer Popularität in allen Volksschichten aus. Ob rechts oder links, einig war man sich in dem Willen, die Lüge über die Kriegsschuld Deutschlands am Ersten Weltkrieg und ihre demütigenden Folgen zu tilgen – Hitler nutzte dies geschickt aus.
Die von oben verordnete `Wiedervereinigung´ von 1938 stand unter keinem guten Stern. Sie geschah angesichts der Vorboten des neuen Weltkrieges, der das, was Deutschland war, dann noch gründlicher in Stücke schlug, als alles, was vorher geschehen war. Mit BRD und DDR blieb nur noch ein geteiltes Rumpfdeutschland übrig, das überdies militärisch besetzt und fremdbestimmt blieb.
Die „Deutsche Teilung“ war ein Kernprojekt der globalen Eliten, die unseren Kontinent insgesamt am Boden halten wollten. Was es dabei vor allem zu verhindern galt, war ein neuer Einigungswille der Deutschen ebenso, wie eine Verständigung Deutschlands mit Russland als Voraussetzung für ein starkes und unabhängiges Europa.
Daran änderte sich auch nach der Teilwiedervereinigung von 1990 nichts. Fremdherrschaft und Besetzung blieben bestehen, genauso wie die Strategie, Deutschland und Russland auf Distanz zu halten. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Geblieben ist auch die politische Absicht der Fremdherrscher, Restdeutschland innerlich gespalten zu halten. Dass es – von außen gefördert – zu einer inneren „Wiedervereinigung“ nie wirklich gekommen ist, zeigen sehr deutlich die aktuellen Unterschiede in der politischen Haltung der Bevölkerung in Ost und West. Der Osten ist im Wesentlichen blau-patriotisch gefärbt, während der Westen (noch) in klarer Mehrheit am schwarzrotgrüngelben Linkskartell der Altparteien festhält. Die beständige politmediale Hetze des Mainstreams tut ein Übriges, um zu verhindern, dass alle Deutschen wieder zu einem Bewusstsein ihrer nationalen Identität und damit zu ihrer geistigen Einheit gelangen können.
In diesen Tagen gedenken vor allem die deutschen Patrioten (und viele ihrer russischen Freunde) der 210. Wiederkehr der Ereignisse in der Völkerschlacht bei Leipzig, die vom 16. bis zum 19. Oktober 1813 tobte. Unter der Führung des Fürsten Schwarzenberg auf österreichischer und des Feldmarschalls Blücher auf preußischer Seite sowie des russischen Generals Barclay de Tolly, standen bis zu 365.000 Mann aller deutschen Stämme und ihrer russischen Verbündeten gemeinsam gegen 190.000 Franzosen unter Napoleon Bonaparte. Nur sieben Monate nach der Erhebung Preußens gelang der entscheidende Schlag gegen die Fremdherrschaft, der durch 54.000 gefallene deutsche und russische Verbündete sowie 38.000 gefallene Franzosen (mit Verbündeten) besiegelt wurde. Die usurpierte Herrschaft des Korsen war damit gebrochen, Deutschland und Europa befreit. Auch die kurzzeitige Wiederhebung Bonapartes 1815, die in der vernichtenden Niederlage von Belle Alliance/Waterloo endete, konnte hieran nichts mehr ändern.
Das Entscheidende jener historischen Ereignisse war die Einigkeit der Deutschen angesichts der Bedrohung ihrer nationalen Identität von außen. Ludwig I. von Bayern, der große „teutsche“ Patriot, hatte dies klar erkannt, als er die eingangs erwähnten Worte in den Boden der hoch über der Donau errichteten Befreiungshalle graben ließ. Das war 1863. Der Sinn der Botschaft aber überdauerte die Zeiten: Nichts und niemand kann die Deutschen überwinden, wenn sie in sich und zwischen sich einig sind. Was aber war das einigende Band? Es war das Bewusstsein, ein einziges Volk mit einem Schicksal, einer Geschichte, einer Sprache und einer Kultur zu sein, das es wert war, erhalten und bewahrt zu werden, auch wenn dafür gekämpft und gestorben werden musste.
Es erübrigt sich, angesichts der heutigen traurigen Zustände in unserem Vaterlande zu betonen, dass sich an dieser Voraussetzung für Bestand, Freiheit und Unabhängigkeit, nichts, aber auch gar nichts geändert hat.
Karl M. Richter
Fotos: Bodenmosaik in der Befreiungshalle zu Kelheim, Völkerschlachtdenkmal Leipzig. Quelle: Internet gemeinfrei.
Na ja, was Russland angeht, sollte man im Gedächtnis haben, daß die beiden Hauptkriegstreiber vor Beginn des I. Weltkrieges Frankreich und Russland waren.