Werteunion-Desaster

Dr. Markus Krall zeigt sich in einem Interview enttäuscht über die Entwicklung der Werteunion. Quelle: Youtube.

von Stephan Ehmke

Das Projekt Werteunion droht in einem Desaster zu enden. Seit der Gründung der Partei vor gerade einmal einer Woche haben sich schwere organisatorische Fehler, gravierende politische Fehleinschätzungen und menschliche Defizite offenbart, für die nicht zuletzt Parteigründer Dr. Hans-Georg Maaßen die Verantwortung trägt.

Dabei hätte man das von dem 62-jährigen Rheinländer, der über eine jahrzehntelange politische Erfahrung verfügt, zuletzt erwartet. In den vergangenen Jahren, seit seiner Entlassung als Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, hatte er sich als ein bedächtiger und sachkundiger Kritiker der Regierungspolitik profiliert. Er wurde zu einer der Galionsfiguren des deutschen Konservatismus, auf den viele Bürger ihre Hoffnungen auf einen politischen Wandel in Deutschland gesetzt hatten.

Dies nicht zuletzt mit dem Verein Werteunion, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, die konservativen Traditionen von CDU und CSU zu bewahren. Mit 5-6.000 Mitgliedern hatte er zuletzt eine Stärke erreicht, die durchaus politischen Einfluss sichern konnte. Mit der Ankündigung, auch gegenüber der AfD keine „Brandmauern“ aufziehen zu wollen, hatte sich Maaßen geschickt politischen Handlungsspielraum gesichert.

Doch bereits die Idee, aus dem Verein eine neue Partei zu machen, war riskant. Maaßen konstatierte den Bedarf einer „gemäßigten“ konservativen Kraft, die zwischen der „radikaleren“ AfD und der nach links gedrifteten CDU eine Lücke zu füllen geeignet wäre. Beobachter warnten allerdings frühzeitig vor der Gefahr einer weiteren Spaltung des Lagers rechts der Altparteien, die auch die Schlagkraft der AfD schwächen könnte.

Aber das war bis zur Gründung der Partei Werteunion keineswegs ausgemacht. Doch dann setzte die Reihe der Fehler ein, die der Parteigründer und erste Vorsitzende persönlich zu verantworten hat. Als fatal erwiesen sich Interviews, in denen Maaßen plötzlich eine sehr deutliche Distanz zur AfD einnahm, der er „sozialistische Tendenzen“ unterstellte, vor deren „Radikalität“ er warnte und deren Erstarken er „mit Sorge“ betrachtete. Ebenso „mit Sorge“ sah der gelernte Jurist Ministerpräsidenten und Innenminister der Rechtspartei entgegen. Mit größter Überraschung mussten Beobachter dann zu Kenntnis nehmen, dass Maaßen CDU/CSU als „Premiumpartner“ seiner neuen Partei ausmachen wollte.

Nach diesen Äußerungen schien klar zu sein, dass die Werteunion niemals Koalitionen mit der AfD eingehen würde, sondern sich eher als Mehrheitsbeschaffer des Altparteienkartells betätigen würde. Entsprechend groß war das Entsetzen bei Mitgliedern und Sympathisanten der neuen Partei.

Zwei herausragende Persönlichkeiten der Werteunion, Dr. Markus Krall und Dr. Max Otte, sahen sich angesichts dieser Entwicklungen genötigt, bereits einen Tag nach der Gründung ihren Austritt zu erklären. Besonders der profilierte Ökonom und erklärte Libertäre Dr. Markus Krall hatte sich in den vergangenen Monaten äußerst engagiert für die Werteunion eingesetzt. Er ist es auch, der sich bisher am eingehendsten über die Fehlentwicklungen in der Partei bzw. dem Verein geäußert hat.

Dies unter anderem in einem ausführlichen Interview vom 23.2.2024 auf dem Youtube-Kanal „Politik Spezial“. Dort konnte man hören, dass Krall nicht einmal zur Gründungsversammlung der Werte-Union in Bonn eingeladen worden war, obwohl der 61-jährige Frankfurter gerade erst von einer schweren Erkrankung genesen war. Differenzen zwischen Maaßen und Krall über die Inhalte der neuen Partei waren zwar bereits vorher bekannt geworden, jedoch ist von einem Bruch zwischen den beiden bisher keine Rede gewesen.

Dementsprechend enttäuscht zeigte sich Krall über den Umgang mit ihm seitens des neuen Parteivorsitzenden. Doch auch darüber hinaus hatte der Ökonom und Goldhändler Überraschendes mitzuteilen. So seien in den Bundesvorstand der Partei Personen aufgenommen worden, die vorher noch nicht einmal Mitglieder im Verein Werteunion gewesen seien. Zudem fehlten dort profilierte und bekannte Männer und Frauen aus dem konservativen Politikbereich. Tatsächlich ist die bekannteste Persönlichkeit der ehemalige Inspekteur der deutschen Marine, Vizeadmiral a.D. Kay-Achim Schönbach, doch war auch er politisch bisher unauffällig.

Ebenso vermisst Krall das vorher auch von Maaßen angekündigte libertäre Wirtschaftsprofil der Werte-Union. Dies, so der Frankfurter, sei mit den von ihm vertretenen Forderungen nach einem Minimalstaat aber Positionen gewesen, die an der Basis besonders gut angekommen seien. Das habe er, Krall, jedenfalls durch zahlreiche Rückmeldungen so wahrgenommen.

Die plötzliche scharfe Abgrenzung Maaßens zur AfD mit der gleichzeitigen Anbiederung an die CDU traf Krall offensichtlich ebenso überraschend wie außenstehende Beobachter. Die CDU sei doch, so der Libertäre, erklärtermaßen bisher der Hauptgegner der Werteunion gewesen. Krall erinnert an die strikte Ausgrenzung durch die derzeitige CDU-Führung, die soweit ging, Mitglieder des Vereins aus der Partei ausschließen zu wollen. Schließlich sei es doch die Werteunion, welche das verloren gegangenen konservative Profil der Adenauer/Erhard-Partei retten wollte. Wieso dann ausgerechnet eine Koalition mit denjenigen, die gerade das verraten haben?

Über die Motivationen Maaßens kann auch Dr. Markus Krall nur spekulieren. Auf die Frage des Interviewers, ob der Mönchengladbacher Ex-Geheimdienstler vielleicht ein „U-Boot“ sei, wollte er nicht eingehen. Er halte das für „Unsinn“. Dennoch sei die junge Partei, so Krall, auf scharfe Klippen aufgelaufen und drohe zu sinken. Die Chance einer Rettung in letzter Sekunde bestehe darin, jetzt auf die Basis zu hören und ihre Unzufriedenheit zur Kenntnis zu nehmen sowie dann daraus unverzüglich Konsequenzen zu ziehen. Denn andernfalls, so Krall abschließend, würde das Boot mit Sicherheit „absaufen“.

Es wird abzuwarten sein, wie sich diese Basis angesichts des Führungsdesasters tatsächlich verhält. Läuft nun alles auseinander? Man wird sehen.

Für den politischen Gegner auf der linken Seite ist die Angelegenheit jedenfalls ein gefundenes Fressen. Entsteht doch der Eindruck, als sei das rechtskonservative Lager wieder einmal unfähig, sich zu einigen und zusammenzuhalten. Und dies ausgerechnet in einer Lage, in der unser Land von seinen erklärten Feinden in der Regierung an die Wand gefahren wird.

One thought on “Werteunion-Desaster

  1. Danke für die treffende Analyse über das WerteUnion-Desaster – ein Ergebnis der übergroßen Eitelkeit des HGMaaßen.
    WBae

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