Für die Ukraine bahnt sich eine Katastrophe an

Seit dem 10. Mai 2024, dem Tag nach der großen Siegesparade auf dem Roten Platz in Moskau in Erinnerung an 1945, greifen starke russische Kräfte an der neu eröffneten Nordfront aus dem Gebiet Belgorod nach Süden Richtung Charkow an. Die Ukraine konnte dem bisher kaum etwas entgegensetzen. Seine Truppen sind an der Donbass-Front gebunden uns stehen ihrerseits unter starkem Druck. Reserven hat Kiew keine mehr.

Ausländische Experten wundern sich über den relativ mühelosen Vormarsch der Russen im Norden. Hatte der Westen Kiew doch Hunderte Millionen Dollar gegeben, um seine Grenze zu Russland zu befestigen und zu sichern. Doch von Festungen, Schützengräben, Panzersperren und Minenfeldern war wenig oder nichts zu sehen. Offensichtlich ist das Geld anderswo geblieben.

Der ukrainische Geheimdienstchef Budanov war persönlich nach Charkow geeilt, um nach dem militärisch Rechten zu sehen. Schließlich waren dort zur Sicherung gegen Norden vor allem ukrainische Sonder- und Söldnertruppen eingesetzt, nicht zuletzt russische Abtrünnige, die offensichtlich unter dem direkten Kommando des Kiewer Geheimdienstes stehen. Ausrichten konnte Budanov nicht viel, denn die früher gepriesenen „freien Russen“ zeigten wenig Elan, sich gegen ihre Brüder aus Moskau zu stellen. Kein Wunder, denn es dürfte klar sein, was mit ihnen im Falle einer Gefangennahme geschehen würde.

Nach Budanov kam Selenski persönlich nach Charkow, um die Moral zu heben. Ob ihm das gelungen ist, darf bezweifelt werden, denn jede Stadt, die der Präsident bisher an der Front besucht hatte, war wenig später an die Russen gefallen.

Was will Moskau nun mit der neuen Front erreichen? Es wird vermutet, dass in der Region Belgorod wenigstens eine russische Armee (etwa 100.000 Mann) steht, deren Hauptkräfte bisher in dem Angriff nach Süden noch nicht eingesetzt wurden. Beobachter schätzen zudem, dass sich in Weißrussland etwa 120-200.000 russische Soldaten befinden. Trifft das zu, könnte Putin zweifellos einen sehr starken Vorstoß nach Süden durchführen, der die gesamte Donbass-Verteidigung der Ukraine zu Zusammenbruch bringen würde. Doch der russische Präsident äußerte sich jüngst dahingehend, dass eine Einnahme von Charkow momentan nicht geplant sei.

Vielmehr liegt die Annahme nahe, dass Moskau auch im Norden begrenzte Ziele verfolgt. Der Angriff von Belgorod aus soll offensichtlich eine Pufferzone auf ukrainischem Gebiet schaffen, um die russische Region vor weiteren Raketen- und Artillerieangriffen der Ukraine zu schützen. In den vergangenen Monaten waren in Belgorod und Umgebung im Zuge von fast täglichen Feuerüberfällen seitens der Ukraine zahlreiche Zivilisten verletzt oder getötet worden.

Zum anderen ist es sicher die russische Absicht, Kiew zu zwingen, Kräfte zur Verteidigung Charkows von der Donbass-Front abzuziehen und sich damit dort zu schwächen. Die ukrainische Verteidigung steht dort überall unter erheblichem russischen Druck. Überall? Nicht ganz, denn auffälliger Weise verhalten sich Putins Truppen ganz im Süden am Dnjpr, in der Region Saporoschje und vor Cherson, weitgehend ruhig. Möglicherweise soll die ukrainische Führung dadurch verleitet werden, genau von dort Truppen nach Norden zu verlegen. Geschieht dies, könnte Moskau dann an eben dieser Stelle einen größeren Angriff in Richtung Odessa starten.

Damit sind wir wieder bei den strategischen Zielen Moskaus, die – wie gesagt – offensichtlich weiterhin begrenzt sind. Putin will die Krim behalten, die bereits 2022 von der Ukraine abgespalteten Donbass-Republiken ganz besetzen und schließlich Odessa erobern, das frühere „Novo Rossija“, „Neu-Russland“, das Katharina die Große im 18. Jahrhundert für das Zarenreich gewonnen hat. Im Großen und Ganzen jene Gebiete, die ganz überwiegend von russischer Bevölkerung besiedelt sind.

Es spricht viel dafür, dass Putin nicht mehr erreichen will. Die Westukraine ist für Russland weitgehend uninteressant. Politisch dürfte für den Kreml nur eine Rolle spielen, dass dort künftig kein Russland-feindliches Regime regieren wird, bzw. eine von Moskau kontrollierte Regierung an die Macht gelangt.

Militärisch bahnt sich für die Ukraine also eine Katastrophe an. Was wird angesichts dieser Entwicklung der Westen, insbesondere die USA und die NATO machen, was können sie machen? Diese Frage wird sich in nächster Zukunft beantworten.

Übrigens läuft am 21. Mai 2024 Selenskis reguläre Amtszeit ab. Wählen lassen wollte er nicht, auch die westlichen Oberdemokraten haben wenig Anstalten gemacht, den Noch-Präsidenten dazu anzuhalten. Wenigstens für Moskau wird ab diesem Zeitpunkt die Ukraine führungslos sein. Welche Konsequenzen die Regierung Putins aus diesem Umstand ziehen wird, ist eine weitere spannende Frage.

Karte: An der nördlichen Front sind die russischen Truppen seit dem 10. Mai 2024 bis zu 10km auf ukrainisches Gebiet vorgedrungen und haben mehrere Ortschaften genommen. Quelle: https://t.me/militarysummary

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert