Bürgerliche Freiheit ist kein Zustand, der einem gnadenvoll von oben geschenkt wird, sondern den sich jeder einzelne immer wieder neu mutig erkämpfen muß. Wer dies in seinem politischen Kampf verinnerlicht hat, ist Michael Stürzenberger. Der Lohn dafür sind massive Verunglimpfungen bis hin zu Einträgen wegen „Islamfeindlichkeit“ in den bayerischen Verfassungsschutzberichten seit 2013, was wenig über Stürzenberger und seine Islamkritik, aber viel über das bayerische Innenministerium aussagt.
Denn was mit „Islamfeindlichkeit“ unterstellt werden soll, ist eine Art Symmetrie extremistischer Ränder, hier islamische Haßprediger in den Moscheen, dort Leute wie die Bürgerbewegung Pax Europa mit ihrem prägenden Gesicht Stürzenberger, die durch ihre Kritik an dem um sich greifenden Islam irgendwie auch verantwortlich für die Eskalation seien. „Überwiegend friedlich“, „nicht pauschalisieren“, „wir lassen uns nicht trennen“ und wie diese Phrasen auch heißen. Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen.
Plötzlich entdecken Politiker die Meinungsfreiheit
Nun also dieses Attentat auf Stürzenberger. Fluch und Segen der modernen Zeit, daß immer irgendwo eine Videokamera mitläuft. So werden auch wir unmittelbar in das dramatische, schwer erträgliche Geschehen auf dem Mannheimer Markt hineingesogen. Fluch und Segen, da diese Kamera wohl mehr als alles andere das Narrativ der angeblichen Symmetrie von radikalen Moslems einerseits und Islamkritikern wie Pax Europa andererseits zerstörte. So konnte unsere politische Elite gar nicht anders, als die Flucht nach vorne anzutreten.
Sie alle, die sonst Islamkritik gerne als „Haß und Hetze“ verunglimpfen, haben nun auf einmal die Meinungsfreiheit für sich entdeckt, die auch scharfe Religionskritik beinhaltet. Selbst Staatsoberhaupt Frank-Walter Steinmeier, dem vor kurzem ein Partyvideo Sylt vor die Kameras trieb, rang sich immerhin dazu durch, über eine Sprecherin mitteilen zu lassen: „Ich verurteile die Tat in Mannheim aufs Schärfste! In unserer Demokratie darf kein Platz für Gewalt sein – Gewalt zerstört Demokratie.“
Die Tagesschau wirft Nebelbomben nach Mannheim
Sie alle, bis auf Polizeigewerkschaftler Rainer Wendt, der in seiner Blase von dem Umschwung wohl nichts mitbekam. „Wenn zwei Extremisten aufeinandertreffen, dann wird es gefährlich“, sagte er sich in einem Kommentar für Welt-TV, der wohl für sich selbst steht. Womit er die angesprochene – angebliche Symmetrie von Stürzenberger als einen „extremistischen Islamkritiker“ einerseits und dem Attentäter als „möglicherweise einen Islamisten“ andererseits – konstruierte. Sonst war aber niemand so schnell so dreist.
Auch die Redaktion der Tagesschau zog es vor, lieber ein Rückzugsgefecht mit Nebelbomben anzutreten. Es habe einen „Vorfall“ in Mannheim gegeben. „Ziel war offenbar die Kundgebung einer islamfeindlichen Gruppe“, raunte der Sprecher dunkel. „Hintergrund noch unklar.“ Wie gesagt, die allgegenwärtigen Videokameras sind Fluch und Segen zugleich. Für ein Partyvideo aus Sylt räumte die Tagesschau rund sechsmal soviel Platz ein. Jeder mag für sich selbst beantworten, welches Video er als Segen, welches als Fluch betrachtet.
Informationsmonopol gebrochen
Tatsache bleibt jedoch daß es kein staatliches Informationsmonopol über ein Ereignis gab. Schneller als es gelöscht wurde, verbreitete es sich im Internet. Was das ausmacht, zeigt die gemeinsame Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe, des Präsidiums Mannheim und des Landeskriminalamtes zu dem Attentat. Hier heißt es zu dem, durch den Attentäter lebensgefährlich verletzten Polizisten: „Ein Polizeibeamter, der in das Geschehen eingriff und einen der Verletzten aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich brachte, wurde von dem Tatverdächtigen angegriffen und mehrmals von hinten in den Bereich des Kopfes gestochen.“
Jeder, der das Video gesehen hat, kann selbst diese offizielle Aussage bewerten. Doch was ist in den Fällen, wenn er nur diese zur Verfügung hat? Und vor allem: Was ist, wenn die Kamera aus ist? Wie viel sind die Politiker-Bekenntnisse zur Meinungsfreiheit dann noch wert?