Zur antidemokratischen Kampagne gegen den SWG-Vorsitzenden in Kiel

von Karl M. Richter

Die Demokratieverachtung derjenigen, die sich gerne selbst als Oberdemokraten inszenieren, manifestierte sich jüngst in der Kommunalpolitik der Schleswig-Holsteinischen Landeshauptstadt Kiel: Dort wurde Stephan Ehmke, Vorsitzender der SWG, am 13.6.2024 durch Beschluss der Mehrheit in der Ratsversammlung aus seinen ehrenamtlichen kommunalpolitischen Ämtern entfernt.

Dabei hatte dieselbe Mehrheit Ehmke erst im Januar diesen Jahres einstimmig als bürgerliches Mitglied in einen städtischen Ausschuss, als stellvertretendes Mitglied in mehrere weitere Ausschüsse sowie im Mai 2024 als Mitglied in einen Ortsbeirat gewählt.

Inzwischen hatte sich Ehmke als Mitglied dieser Gremien weder Verstöße gegen Gesetze noch Vorschriften der Stadt zuschulden kommen lassen. Dennoch wurde er aus seinen Ämtern entfernt Warum?

Der Hauptgrund lag sicherlich darin, dass es die AfD war, die Ehmke für die Wahl in die genannten Ämter vorgeschlagen hatte. Denn nicht er, sondern diese Partei war das eigentliche Angriffsziel der Kampagne gegen den SWG-Vorsitzenden, die pünktlich vor der Europawahl vom Zaun gebrochen worden war.

Federführend waren die Mehrheitsparteien im Kieler Rat, Grüne, SPD sowie die CDU als größte Oppositionspartei. Dazu traten mehrere kleine Splittergruppen und Einzelmitglieder des Rates. Sie alle bildeten nun den sattsam bekannten Einheitsblock gegen die einzige tatsächliche Opposition, die von der AfD gestellt wird. Sekundiert wurde die Kampagne von der lokalen Monopolpresse „Kieler Nachrichten“, welche über die Madsack-Mediengruppe zum Teil der SPD gehört.

Diese „Kieler Nachrichten“ berichteten nun in mehreren größeren Beiträgen von Ende Mai bis Mitte Juni 2024 über den sich entspinnenden angeblichen Skandal. Denn Ehmke, so die Begründung der Kieler Mehrheitslinken einschl. CDU, sei Vorsitzender der Hamburger Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft e.V., die vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ unter „Beobachtung“ gestellt worden sei. Dies, so die Vertreter der oben genannten Parteien, sei mit der Ausübung kommunalpolitischer Mandate unvereinbar. Deshalb wolle man Ehmke bei nächster Gelegenheit wieder von seinen Ämter abberufen.

Die „Kieler Nachrichten“ gaben Ehmke Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Vorwürfen. Dieser verwies auf die Klage gegen den Hamburger Verfassungsschutz beim Verwaltungsgericht sowie die umfangreiche wissenschaftliche Widerlegung der Vorwürfe der Behörde im Gutachten „Gedankenpolizeilicher Verfassungsschutzextremismus in Hamburg“. Was von der sachlichen Argumentation in der Presseberichterstattung übrig blieb, las sich dann am 1.6.2024 so: „Auf Anfrage der Kieler Nachrichten verwies Ehmke vor einigen Tagen auf die online zu findende Stellungnahme der SWG zu den Vorwürfen des Hamburger Verfassungsschutzes. Darin ist von `willkürlichen Auslegungen von Meinungsäußerungen in Schriften der SWG´ durch die Behörde die Rede. Der Begriff Verfassungsschutz ist dabei in Anführungszeichen gesetzt. Es laufe eine Klage des Vereins gegen die Hamburger Innenbehörde“. Überflüssig zu sagen, dass den Anklägern aus dem Kieler Rat weitaus üppigerer Raum zur Verfügung gestellt wurde. Wo die Sympathien des Lokalblattes (natürlich) lagen, wurde beim Lesen schnell klar.

Die Partei Ehmkes, die AfD, stellte sich vorbehaltlos hinter den auf diese Weise Angegriffenen. Ihre Sprecher sahen in dem Vorgehen der Ratsmehrheit einen Angriff auf die demokratischen Rechte der Opposition. Denn die Partei, vertreten durch lediglich drei Ratsherren in der Kommunalvertretung, sei auf bürgerliche Mitglieder in Ausschüssen und Ortsbeiräten dringend angewiesen, um ihre Aufgaben einigermaßen wirksam versehen zu können. Die Gesetze bezüglich der Kommunalen Selbstverwaltung sähen dies ausdrücklich vor. Würden die bürgerlichen Mitglieder, ohne dass diese sich Gesetzesverstöße hätten zuschulden kommen lassen, nun aufgrund willkürlicher politischer Vorwände von der Mehrheit entfernt, sei dies als eine klare Behinderung der Opposition zu werten. Schließlich könne auf diese Weise durch die politischen Gegner der AfD die Arbeit im Rat ganz unmöglich gemacht werden.

Inwieweit hier ein verfassungswidriger Angriff auf die Rechte der demokratisch gewählten Opposition vorliegt, müssten Gerichte entscheiden. Allerdings ist die vorgebrachte Begründung für die Entfernung Ehmkes aus seinen Ämtern tatsächlich substantiell angreifbar.

Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes stellen die Einlassungen des Verfassungsschutzes grundsätzlich „Werturteile“, also Meinungsäußerungen dar, die „keine Rechtsfolgen“ haben dürften[1]. Eine andere Entscheidung des höchsten deutschen Gerichtes stellte darüber hinaus klar, dass der Begriff „rechtsextrem“, der im Zentrum der Vorwürfe gegen die SWG steht, rechtlich unbrauchbar sei: „Erst Recht fehlt es dem Verbot der Verbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts an bestimmbaren Konturen. Ob eine Position als rechtsextremistisch möglicherweise in Abgrenzung zu `rechtsradikal´ oder `rechtsreaktionär´ einzustufen ist, ist eine Frage des politischen Meinungskampfes und der gesellschaftswissenschaftlichen Auseinandersetzung“, so das Gericht[2].

Der Verfassungsschutz ist eine Behörde und kein Gericht. Noch dazu ist er politisch weisungsgebunden und untersteht derzeit denjenigen politischen Kräften, die ein vitales Interesse daran haben, die erstarkende und unbequeme Oppositionspartei AfD massiv zu behindern oder gar loszuwerden. Der jetzige Chef des Verfassungsschutzes im Bund, Haldenwang, ein CDU-Mann, hat zu diesbezüglichen Absichten jedenfalls keinen Zweifel aufkommen lassen[3].

Die „Werturteile“ des Verfassungsschutzes sind jedenfalls angreif- und auch widerlegbar. Dies hat die SWG in ihren Publikationen getan. Dass ihre Einlassungen von der politischen Gegenseite und der auf ihrer Seite stehenden Presse nicht aufgegriffen werden, ist wenig verwunderlich. Denn dann müsste man sich mit Sachargumenten auseinandersetzen und die ideologisch-propagandistische Ebene verlassen. Bisher jedenfalls hat niemand die Verteidigung der SWG gegen die Vorwürfe des Verfassungsschutzes widerlegen können.

Für die Begründung der Entfernung eines Kommunalpolitikers aus seinen Ämtern sind „Anhaltspunkte“ für verfassungswidrige Bestrebungen“ einer Organisation, der er angehört oder vorsteht, jedenfalls nicht geeignet. Denn Ehmke hat sich – wie gesagt – während seiner kurzen Zeit der Betätigung in der Kommunalpolitik keinerlei Gesetzesverstößen zuschulden kommen lassen, noch hat er sich in irgendeiner Weise verfassungsfeindlich geäußert oder betätigt. Bleibt noch zu ergänzen, dass der Verfassungsschutz dem SWG-Vorsitzenden persönlich keine extremistische Haltung hat nachweisen können.

Aber es geht den linken Mehrheitsparteien im Kieler Rat (zu denen wir die CDU getrost hinzuzählen können) in Wirklichkeit auch gar nicht um die Frage, ob ein Vertreter der AfD verfassungsfeindlich ist oder nicht. Bekanntlich wird der Partei von dieser Seite stets pauschal Extremismus vorgeworfen. Entscheidend ist der Demokratiebegriff, den sich diese Linke längst zu eigen gemacht hat: Demokrat ist nur, wer links ist. Rechts gibt es keine Demokraten. Dabei handelt es sich schlicht um die Annäherung an den Begriff der „Volksdemokratie“ wie wir ihn z.B. aus der DDR kennen: dort konnten nur Sozialisten Demokraten sein.

Doch wer legitime rechte bzw. konservative Meinungen aus dem demokratischen Spektrum ausschließen und dies mit seiner parlamentarischen Mehrheit durchsetzen will, handelt selber extremistisch und verfassungsfeindlich.

Es geht also auch den Antidemokraten in Kiel nicht darum, einen angeblichen „Extremisten“ aus der Kommunalpolitik herauszuhalten, sondern letztlich darum, eine unbequeme politische Kraft – hier die AfD – zum Schweigen zu bringen.

 

Anmerkungen:

[1] BVerfGE 40, S. 287, 293.

[2] Rn. 20 des Beschlusses vom 08.12.2010 – 1 BvR 1106/08.

[3] https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2024/das-verzweifelte-geschwurbel-des-thomas-haldenwang/

Foto: Schlagzeile aus den „Kieler Nachrichten“ vom 31. Mai 2024.

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