Enoch Powells „Fluss aus Blut“?

von Dr. Dušan Dostanić

Wer trägt die Verantwortung dafür, dass Großbritannien nur noch einen Schritt von einem Bürgerkrieg entfernt ist – die Einheimischen, die sich der Masseneinwanderung widersetzen, oder die linksliberale Elite, die ihre zu Recht empörten Bürger als Schläger, Hooligans und natürlich Rechtsextremisten abstempelt?

Die großen linksliberalen Medien berichten über die Unruhen im Vereinigten Königreich in ziemlich einheitlicher und, man könnte sagen, vorhersehbarer Weise. Die Demonstrationen werden als Proteste und Unruhen der „extremen Rechten“ bezeichnet. Damit wird der Hauptfeind einmal mehr klar identifiziert.

Schläger aus der Arbeiterklasse?

Diejenigen, die gegen Masseneinwanderung protestierten und Transparente mit der Aufschrift „Schützt unsere Kinder“ trugen, wurden von Journalisten als Rechtsextremisten abgestempelt, während Premierminister Starmer sie als Schläger und Hooligans bezeichnete. Die Gegendemonstranten hingegen bekamen solche Etikettierungen nicht verpasst, obwohl sie versuchten, die Demonstranten anzugreifen und „Allahu Akbar“ riefen. Laut Nachrichtenberichten waren sie Antirassisten. Die linksliberalen Medien boten wieder einmal ein extrem verzerrtes, aber dennoch wünschenswertes Bild der Realität, in der es eine klare Trennung zwischen Gut und Böse gibt.

Obwohl Großbritannien eine lange Geschichte rassistischer Spannungen hat, ist dies etwas völlig Neues. Die Demonstranten sind überwiegend weiß und kommen aus der Arbeiterklasse. Bisher waren es jedoch die „People of Colour“, die am häufigsten auf die Straße gingen. Damals erklärten die linksliberalen Medien die Konflikte mit sozialen Ungleichheiten, Klassenfaktoren und dem angeblichen strukturellen Rassismus, der in der britischen Gesellschaft fortbesteht. Als Lösungsansätze zur Entspannung schlugen die diensthabenden Soziologen vor, stärker gegen Vorurteile vorzugehen, das Bildungssystem zu reformieren und den sozialen Status der Migrantenbevölkerung zu verbessern.

Starmers Regierungsantwort

Im Fall der aktuellen Demonstrationen fehlen solche Erklärungen. Für die politisch-mediale Klasse sind die Demonstranten ein Haufen Rechtsextremisten, Rassisten, Hooligans und Schlägertypen, denen es nur um Hass und Gewalt geht. Bestenfalls sind sie manipulierte Unglückliche, die aufgrund ihrer Vorurteile ein ideales Ziel für Fake News sind. Es fällt schwer, sich nicht an Hillary Clintons Bemerkung zu erinnern, dass Donald Trumps Wähler ein „Haufen Erbärmlicher“ seien. Obwohl dieser Begriff nicht mehr verwendet wird, beschreibt er ziemlich gut, wie die politisch-mediale Klasse die Bürger auf der Straße sieht. Was auch immer der Grund war, der die Briten auf die Straße brachte, er bleibt für Politiker und Medien unverständlich. Daher ist die einzige Reaktion von Starmers Regierung die Verurteilung der extremen Rechten, begleitet von Drohungen mit Strafverfolgung und Verhaftungen.

Seltsame Koalition

Auf der anderen Seite stehen die Gegendemonstranten, ein Bündnis zwischen Linken und Islamisten. Auf ihren Versammlungen sah man ungewöhnlich viele kommunistische Plakate und antifaschistische Fahnen, neben Hamas- und Hisbollah-Fahnen und „Allahu Akbar“-Rufen. Was diese seltsame Koalition mit den Politikern an der Macht verbindet, ist ihre gemeinsame Intoleranz gegenüber der Rechten.

Angriffe auf Moscheen und islamistische Parolen können den Beobachter zu der Annahme verleiten, dass es sich hier in erster Linie um einen religiösen Konflikt handelt. Was hier geschieht, ist jedoch komplexer. Auf horizontaler Ebene handelt es sich um einen ethnischen Konflikt, bei dem der Islam nur eine der Komponenten ist, und nicht die wichtigste. Parallel dazu gibt es eine weitere, vertikale Spaltung zwischen der Elite und dem Volk, da die politisch-mediale Elite die Politik der Masseneinwanderung unterstützt. Die Einwanderungsfrage oder die Identitätsfrage ist also das Bindeglied zwischen diesen beiden Trennlinien.

Der ungenannte Grund

Von allen großen Medien ist nur der Zürcher NZZ (Neue Züricher Zeitung) aufgefallen, dass die meisten Medien sich weigern, das Wesentliche und den Grund all dieser Ereignisse in Großbritannien klar zu benennen. Es geht um massenhafte und unkontrollierte Einwanderung. Einfach ausgedrückt handelt es sich um Proteste der Einheimischen, die mit der Masseneinwanderung und den damit verbundenen Folgen nicht mehr klarkommen. Eine dieser Folgen ist der Rückgang der Sicherheit; die einheimische Bevölkerung will keine islamistischen Banden, die auf den Straßen patrouillieren. Sie will auch nicht Zeuge der kulturellen Transformation ihres Landes und der Zerstörung ihrer Lebensweise werden. Die britischen Arbeiter wehren sich gegen die unbegrenzte Einwanderung, während die Partei, die sich Labour, also Arbeiterpartei, nennt, die Polizei gegen sie schickt.

Die Birmingham-Rede

Dieses Problem ist jedenfalls nicht plötzlich aufgetaucht. Es spielt in der britischen Gesellschaft schon seit langem eine Rolle, auch wenn die Medien und die beiden großen Parteien versucht haben, es zu ignorieren oder zu bagatellisieren oder alle kritischen Stimmen zum Schweigen zu bringen. Im April 1968 warnte der britische konservative Politiker Enoch Powell in seiner berühmten Rede in Birmingham vor den unabsehbaren Folgen der Masseneinwanderung. Diese Rede ging unter dem Titel „Flüsse aus Blut“ in die Geschichte ein. Am Ende seiner Rede zitierte Powell den römischen Dichter Vergil und seine Prophezeiung an die Römer über den Tiber, der von Blut schäumt. „Wenn ich in die Zukunft blicke, bin ich erfüllt von düsterer Vorahnung. Wie die Römer scheine ich den Fluss Tiber von viel Blut schäumen zu sehen.“ Die Anspielung ist mehr als deutlich: Wenn die unkontrollierte Einwanderung nicht eingedämmt wird, stehen Großbritannien Unruhen, Konflikte und schließlich ein Bürgerkrieg bevor – „Flüsse aus Blut“.

Keine Demagogie

Damals war Powell weder eine Randfigur noch ein Extremist. Im Gegenteil, er war Mitglied des Schattenkabinetts von Edward Heath und eine wichtige Figur unter den Tories. Neben seiner politischen Karriere hatte er eine glanzvolle militärische Vergangenheit und stieg vom einfachen Soldaten zum Brigadegeneral auf. Politisch unterstützte er die Unabhängigkeit der Kolonien und war gegen jedes Imperium, sowohl das britische als auch das europäische. Daher war er gegen die britische Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Heute werden Menschen, die Powells Ansichten zur Einwanderung teilen, mit dem vagen Begriff „Populist“ oder häufiger „Rechtspopulist“ beschrieben. Dies impliziert wahrscheinlich, dass Gegner der Masseneinwanderung demagogische Tricks anwenden. Auf Powell trifft dieses Etikett nicht zu. Man kann ihn nicht als Demagogen beschuldigen, denn er täuschte sein Publikum nicht mit Phrasen, Slogans und leerem Optimismus. Stattdessen wollte er vermitteln, was er sah. „Zu sehen und nicht zu sprechen, wäre der große Verrat“, sagte Powell. Er hat seine Meinung gesagt und dafür den Preis bezahlt.

Eine desaströse Reise in den Multikulturalismus

Schon zu Zeiten von Powells Rede wurden Gewalt gegen die einheimische Bevölkerung und Angriffe von Einwanderern zu einem unangenehmen Teil des Alltags. Powell verstand, wie sich die Dinge entwickeln würden, und sah es als seine Pflicht an, diese Entwicklung zu verhindern, denn die wichtigste Aufgabe eines Staatsmannes ist es, vorhersehbares Übel zu verhindern. Das ist nicht einfach, da man dieses Übel erst dann beweisen kann, wenn es passiert. Für Powell war dieses Problem mit der menschlichen Natur verbunden, die sich mehr um die Probleme von heute als um die von morgen kümmert, während Politiker die Zukunft oft bewusst vernachlässigen, um gegenwärtige Probleme zu lösen. In diesem Zusammenhang zitierte Powell einen Wähler aus seinem Wahlkreis, der, offensichtlich unzufrieden mit dem Zustand des Landes, erklärte, er würde gerne auswandern, wenn er das Geld dafür hätte. Es ging ihm nicht um Arbeitslosigkeit, schlechte Standards oder ähnliches. Der Mann wollte weggehen, weil er sein Land und seine Stadt nicht mehr wiedererkennen konnte und auch keine Zukunft für sich und seine drei Kinder in einem England sah, das sich langsam in Richtung Multikulturalismus bewegte.

Eine Minderheit im eigenen Land

In seiner Rede führte Powell weitere Beispiele von Menschen an, die, da ihnen das Geld für eine Auswanderung fehlte, die Hölle des Lebens im multikulturellen Paradies ertragen mussten. Powell war sich völlig bewusst, dass es nicht unerheblich ist, ob Ausländer 1 % oder 10 % der Bevölkerung ausmachen. Daher warnte er, dass in 15 bis 20 Jahren in vielen Teilen Großbritanniens Einwanderer die Mehrheit bilden und ganze Gebiete und Städte besetzen würden, während die einheimische Bevölkerung in ihrem eigenen Land zur Minderheit würde. Andererseits werden Einwanderer, solange sie eine winzige Minderheit bleiben, danach streben, sich der Mehrheit anzupassen. Sobald ihre Zahl jedoch zunimmt und sie ihre eigenen Gemeinschaften und abgetrennten Nachbarschaften bilden, wird der Wunsch nach Anpassung verschwinden. In diesem Moment werden sie versuchen, ihrem Raum ihre eigenen Regeln aufzuzwingen und die lokale Bevölkerung zu zwingen, sich dieser neuen Ordnung anzupassen. Es braucht nicht viel Weisheit, um zu dem Schluss zu kommen, dass unkontrollierte Einwanderung unweigerlich zu erhöhten Spannungen und dem Aufkommen von Konflikten führen muss.

Zwischen der Elite und dem Volk

Powell glaubte jedoch, dass es noch nicht zu spät sei und dass das schlimmste Szenario vermieden werden könne, wenn weitere Einwanderung gestoppt und Anreize für die Auswanderung geschaffen würden. 1968 war es vielleicht noch nicht zu spät, die Einwanderung zu stoppen, aber die Zeit, in der man offen darüber sprechen konnte, war bereits vorbei. Powells politische Karriere war zerstört. Die Times schrieb über die „böse Rede“ und der Redner wurde als Rassist gebrandmarkt. Am Tag nach Powells Rede entschied Tory-Chef Edward Heath, dass es für ihn keinen Platz mehr in seinem Schattenkabinett gebe. Kurz darauf wurde Powell aus der Partei ausgeschlossen.

Die Unterstützung von fast hunderttausend Bürgern, die Unterstützungsbriefe schickten, halfen nicht, ebenso wenig wie die Tatsache, dass die Parteimitglieder hinter Powell standen. Sogar von den Gewerkschaften kam Unterstützung, weil die Arbeiter aus eigener Erfahrung die Situation verstanden, von der Powell sprach, und seine Sorgen teilten. Hafenarbeiter in Westminster gingen auf die Straße, um ihre Unterstützung für Powell auszudrücken. Schließlich zogen Einwanderer in Arbeiterviertel. Trotzdem wollten weder Heath noch Margaret Thatcher, die ihm als Parteivorsitzende folgte, etwas von ihrem ehemaligen Parteikollegen hören. Die Konservativen gewannen die Wahlen von 1970, aber Powell blieb dem Kabinett fern. Es half nicht, dass er laut einer Umfrage des Daily Express von 1972 der beliebteste Politiker des Landes war. Schon damals wurde klar, dass es eine Zwietracht zwischen der Elite und dem Volk gab.

Londoner Viertel ähneln Pakistan

Powells Worte haben sich über Jahre bestätigt. Die Rassenunruhen in Oldham und Burnley im Jahr 2002 hat er zwar nicht mehr erlebt, aber vorhergesagt. Von den Terroranschlägen und Hinrichtungen in England konnte er nichts wissen, auch nicht von den drastischen Vorfällen wie dem in Rotherham, wo vor einigen Jahren bekannt wurde, dass eine Bande lokaler Muslime über 30 Jahre lang vor den Augen der Behörden über tausend Mädchen missbraucht und zur Prostitution gezwungen hatte. Die örtlichen Behörden und die Polizei taten so, als wüssten sie nichts von dem, was geschah, aus Angst, des Rassismus und der Islamfeindlichkeit beschuldigt zu werden. Powell sah voraus, dass eines Tages ganze Viertel englischer Städte wie Pakistan aussehen würden, wo man auf den Straßen nur noch verschleierte Frauen und Männer in traditioneller pakistanischer Kleidung sehen würde. In diesen Vierteln ist von jeglichem Integrationsversuch nichts mehr zu spüren. Wenn diese Menschen auf die Straße gehen, skandieren sie „Allahu Akbar“.

Großbritannien auf den Straßen

Nichts davon hat zu einem Kurswechsel oder einem Ende der Multikulturalismuspolitik geführt, sondern nur zu einer Zunahme der Repressionen gegen Kritiker. Aus dieser Perspektive ist Powell in seiner Zeit relativ gut gefahren. Zwar sagte David Cameron schon 2011, der Multikulturalismus im Vereinigten Königreich habe sich als erfolglos erwiesen, aber es wurde nichts dagegen unternommen. Wäre das so gewesen, müsste Großbritannien heute vielleicht nicht auf die Straße gehen. Mit jeder Kritik am Multikulturalismus hat das Establishment versucht, die Muslime auf der Insel als die einzigen wahren Opfer darzustellen und damit islamistische Tendenzen weiter zu stärken. Premierminister Starmer wandte dasselbe Modell an, ebenso wie die Extremisten auf der Linken, die versuchten, die Situation auszunutzen, um ihre eigene moralische Überlegenheit zu demonstrieren.

So bringen Sie ihren Gegner zum Schweigen

Tatsächlich hat das britische Establishment, wie schon vor mehr als fünfzig Jahren, Angst, über Einwanderung zu sprechen. Es vermeidet das unangenehme Thema, und wenn es ernst wird, greift es darauf zurück, den Gegner zum Schweigen zu bringen, indem es ihn moralisch als Rassisten diskreditiert. Der Hinweis auf reale oder eingebildete „rechtsextreme Organisationen“ als Organisatoren der Unruhen löst das Problem nicht, sondern verschleiert es und kehrt es unter den Teppich. Die politisch-mediale Elite bemüht sich, ihr Image zu wahren, und das Beste, was sie anstelle eines Dialogs anbieten kann, ist die Zensur der sozialen Medien. Wäre er heute noch am Leben, würde man Powell als Unruhestifter abstempeln. Eines ist sicher: Dies ist nicht der Weg, um Spannungen abzubauen. Wenn es in Zukunft zu ernsteren Konflikten kommt, wird die Schuld in erster Linie bei der hartnäckigen medienpolitischen Elite liegen, die seit über fünfzig Jahren nur die Rhetorik eskaliert und freie Diskussionen blockiert hat. In seiner Rede sagte Powell, wenn die Götter jemanden bestrafen wollen, nehmen sie ihm den Verstand. Die linksliberale politisch-mediale Elite hat in über fünfzig Jahren nichts aus diesen Worten gelernt.

Dr. Dušan Dostanić ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Belgrader Institut für Politische Studien. Der Artikel erschien am 11.8.2024 auf eagleeyeexplore.com. 

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