(Dieser Beitrag erschien am 31.10.2024 auf www.zeitgeschehen-im-fokus.ch.)
Interview mit Prof. Dr. iur. et phil. Alfred de Zayas, Völkerrechtler und ehemaliger Uno-Mandatsträger

Zeitgeschehen im Fokus Welche Bedeutung hat der Summit of the Future der Uno, auf dem ein «Zukunftspakt» verabschiedet wurde?
Prof. Dr. Alfred de Zayas Der Summit of the Future (Zukunftsgipfel),¹ der am 20. und 21. September in New York stattfand, war eine weitere PR-Extravaganz. Der sogenannte «Zukunftspakt», der dort mit viel Lärm angenommen wurde, ist kein Aktionsplan, sondern eine Aneinanderreihung von Deklarationen, Slogans, Banalitäten – déjà vu. Nihil novum sub sole (nichts Neues unter der Sonne). Da ist nichts Konkretes drin, nichts, um die Probleme von heute friedlich zu lösen, nichts, um den Krieg in der Ukraine durch Verhandlungen zu beenden und den Völkermord in Gaza zu stoppen, um den Hunger in der Welt zu beseitigen. Was die Menschheit dringend braucht, ist ein Gipfel für die Gegenwart und ein Pakt für uns selber, für unsere Generation. Wenn die Nato so weiter macht, wenn Rutte und die anderen weiterhin hetzen, wenn sie provozieren und eskalieren, dann brauchen wir keinen Zukunftspakt, denn es wird gar keine Zukunft geben. Die Atombomben, die die USA 1945 gegen Japan einsetzten, werden vielleicht in den nächsten Wochen gegen die USA und Europa eingesetzt. Dies heisst keinesfalls, dass Russland einen Atomkrieg mit den USA und der Nato will oder plant. Russland hat diesen Krieg nicht angefangen und wollte ihn auch nicht. Russland wollte eine zuverlässige Sicherheitsarchitektur für Europa, die auch seine Sicherheit berücksichtigen würde. Russland wollte eine normale politische und diplomatische Beziehung mit Europa und mit der Welt. Leider wollten USA und Nato die Hegemonie über die ganze Welt, einen neuen Imperialismus, der die Existenz Russlands bedrohte und weiterhin bedroht. Dies kann sehr schlecht enden, wie Viktor Orban und Robert Fico dringend mahnen.
Warum sind in dem Pakt keine Antworten auf die brennenden Fragen des 21. Jahrhunderts zu finden?
Man klopft Parolen, gibt generelle «Antworten», aber keine «Gebrauchsanweisung». Die Ziele und Prinzipien der Uno werden x-mal wiederholt, und sie sind weiterhin gültig. Die Uno-Charta ist eben eine Art Weltverfassung, die einzige «rules based international order», die wir haben. Aber nirgends wird im Pakt erklärt, wie die Uno- prinzipien und wie die Entscheidungen, Urteile und Gutachten des Internationalen Gerichtshofs umzusetzen sind. Meine 14 Berichte an die Generalversammlung und an den Menschenrechtsrat haben mehr Substanz als dieser Pakt. Man unterhält uns mit Gipfeln und Deklarationen, aber die Staaten betreiben weiterhin Kriegspropaganda, Krieg und Farbige Revolutionen – «colour revolutions» – und machen viel Geld damit.
Warum tun sich die Staaten so schwer, sich auf eine gemeinsame Friedens-Charta festzulegen?
Sie haben sich sehr wohl in der Uno-Charta und in etlichen Verträgen wie zum Beispiel im Non-Proliferation Treaty² und dem Vertrag über die Illegalität von Nuklearwaffen³ festgelegt. Aber sie tun weiterhin, was sie wollen. Die Uno-Charta würde vollkommen genügen, aber viele Staaten sind in offener Rebellion gegen das Völkerrecht und gegen die Uno-Charta. Bekanntlich verfügt die Uno über keinen Mechanismus, ihre Entscheidungen durchzusetzen. Hinzu kommt, dass der Uno-Generalsekretär keinen Mut hat, schweigt, wenn er schreien sollte. Er wagt es nicht einmal, den Völkermord in Gaza als Völkermord zu bezeichnen.
Hier ist doch der IGH gefragt. Die Klage Südafrikas versus Israel ist immer noch hängig. Warum macht das Gericht hier keine Nägel mit Köpfen?
Die Klage Südafrikas gegen Israel wegen Völkermords war und ist berechtigt.⁴ Zweifelsohne betreibt Israel einen Völkermord, nichts weniger. Der IGH hat drei «Orders» erlassen, aber die klaren Feststellungen und Entscheidungen des IGH sind von Israel ignoriert worden.⁵ Mittlerweile schicken die USA und die Europäer noch mehr Waffen nach Israel, so dass Israel den Völkermord an den Palästinensern vollendet. Wenn es jemals einen Fall für die Anwendung der «Responsibility to Protect»-Doktrin gab – dies ist er.6 Leider kann der IGH seine Entscheidungen nicht durchsetzen. Dafür wäre eine Resolution des Sicherheitsrates notwendig. Die USA haben bisher mehr als 40 Vetos gegen Resolutionen eingelegt, die Israel kritisieren oder Sanktionen gegen Israel verhängen würden.
Hat die Uno ihre Glaubwürdigkeit verloren?
Ja, weil die Staaten versagt haben, weil wir – die Zivilgesellschaft – den Völkermord in Rwanda nicht stoppten, den Krieg in Irak duldeten, der Ausbeutung der Entwicklungsländer durch den Internationalen Währungsfonds applaudierten. Ich habe vernichtende Berichte über das Versagen der Weltbank und des IMF dem Menschenrechtsrat und der Generalversammlung vorgelegt.7/8 – ohne jegliche Konsequenz – alles bleibt «business as usual».
Ihre Berichte haben jeweils grossen Beifall geerntet. Warum werden Ihre Vorschläge nicht von anderen Staaten eingefordert, von denjenigen, die am meisten unter der Missachtung der Menschenrechte leiden?
Der Beifall kam vor allem aus der globalen Mehrheit, jenen progressiven Staaten von Lateinamerika, Afrika und Asien. Ich habe keinen Beifall von den USA oder von Australien, Kanada, Japan, Grossbritannien, Frankreich oder Deutschland erhalten. Im Gegenteil. Der «kollektive Westen» beabsichtigt weiterhin, die Welt zu beherrschen, und diese Staaten bedienen sich einer verlogenen Sprache und einer monströsen Propagandamaschinerie. Sie haben aus den Menschenrechten Waffen gemacht, Waffen um Länder wie China, Kuba, Nicaragua, Syrien, Russland, Venezuela zu verdammen, aber niemals um sich selbst anzuklagen, niemals um Israel zu verurteilen. Es geht um die «Wahrnehmung» der Realität. Für die grosse Masse in den USA und Europa sind die Palästinenser «Terroristen». Man spricht nicht über ihr Recht auf Selbstbestimmung. Man empfindet sie nicht als «Opfer» von grossen Ungerechtigkeiten und Menschenrechtsverletzungen. Man sieht die Palästinenser als «Täter», die bekämpft werden müssen.
Welche Staaten könnten der Uno wieder mehr Gewicht geben?
Eine gewisse Hoffnung liegt bei der globalen Mehrheit in Lateinamerika, Afrika und Asien. Sie müssen sich zusammentun und den Imperialismus der USA und den Neo-Kolonialismus der Europäer, Japaner und Australier beim Namen nennen. Sie sollen lieber BRICS beitreten und sich von der Tyrannei des Dollars befreien. Bis dahin bleiben sie erpressbar.
Es gibt seit Tito und Nasser das Non-Aligned Movement, dem 130 Staaten angehören. Warum melden sie sich nicht lautstark zu Wort?
Doch, doch, das Non-Aligned Movement hat seit Jahren die Palästinenser unterstützt. Beim Gipfel in Kampala im Januar 2024 wurde Israel wegen Völkermords angeklagt, insbesondere wurde Israels Verwendung von illegalen Waffen wie Weissem Phosphor verurteilt.9/10 Im Oktober 2024 hat das Non-Aligned Movement verlangt, dass die Organisation für das Verbot chemischer Waffen die Verwendung von chemischen Waffen durch Israel untersucht.11
Warum hat sich die Uno von ihren Grundsätzen entfernt?
Die Grundwerte der Uno sind nach wie vor gültig und sollten umgesetzt werden. Aber geopolitische und wirtschaftliche Interessen stehen dem im Wege. Ausserdem betreibt die USA seit der Gründung der Uno dreiste Erpressung – Blackmail. Man ist wie gelähmt, zum Teil weil viele eine völlig falsche Vorstellung der Welt haben – Fake News, Fake History, Fake Law, Fake Diplomacy, Fake Democracy sind überall. Schuld sind die Regierungspropaganda und die Public Relations-Giganten, die uns sagen, was wir zu glauben und wem wir zu glauben haben. Allmählich aber merken viele Staaten, dass es so nicht weiter gehen kann. Man will die Situation ändern, aber die Kritiker werden sofort diffamiert und als «conspiracy theorists» abgetan, Beamte, Professoren werden entlassen, Studenten werden weggewiesen. Es herrscht Meinungsterror.
Sie sagten in einem Vortrag, es brauche dringend Abrüstungsgespräche. Warum finden sie bis heute nicht statt?
Gerade heute sind sie um so notwendiger. Wir sind nicht weit von einer nuklearen Konfrontation zwischen der Nato und Russland, zwischen Israel und Iran. Wir brauchen Abrüstungsgespräche, wie die Luft zum Atmen. Aber seit Jahren blockieren die USA und die EU die Arbeit der Abrüstungskonferenz in Genf, genauso wie sie 2016 die Uno-Resolution über das Menschenrecht auf Frieden sabotierten.12 Es genügt zu schauen, wie die USA und die EU bei einschlägigen Resolutionen in der Generalversammlung und im Human Rights Council stimmen (siehe Alfred de Zayas: The Human Rights Industry, Kapitel VIII).
Bei Israel und den USA sowie auch bei Deutschland und Grossbritannien sieht man kaum einen Willen zum Frieden. Wie kann man die Staaten dazu bringen, wenn die Waffenlobby den Ton angibt?
Die globale Mehrheit sollte sämtliche kommerziellen und diplomatischen Beziehung zu Israel abbrechen. Sonst ist sie mitschuldig am Genozid (siehe Völkermordkonvention Artikel IIIe).
Sie haben als Sonderberichterstatter an der Uno 25 Grundsätze für ein friedliches Zusammenleben der Völker definiert. Was sind die wichtigsten Gedanken darin, und lassen sich diese in unserer aktuell martialischen westlichen Welt umsetzen?
Erfreulicherweise gibt es etliche Professoren, die meine Analyse unterstützen, unter anderem Jeffrey Sachs, Richard Falk, Stephen Kinzer, Norman Solomon, Dan Kovalik, John Mearsheimer. Ich rede mit vielen Uno-Experten und merke, dass die meisten auch so denken wie ich. Aber es gibt persönliche Gefahren, und nicht alle wollen sich exponieren. Die wichtigsten Gedanken sind die Verpflichtung zu Prävention von Konflikten, das Verbot von Provokationen, das Verbot der Bedrohung und der Gewaltanwendung. Man muss immer wieder an die Gleichheit aller Menschen, aller Kinder Gottes, an die Souveränität der Staaten, an das Selbstbestimmungsrecht der Völker, an das Verbot der Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Staaten erinnern und an das Verbot von unilateralen Zwangsmassnahmen. Diese Gedanken brauchen aber intellektuelle und emotionale Redlichkeit, und beide sind dem Westen abhanden gekommen.
Sie sagen an anderer Stelle, dass die Uno eine erfolgreiche Arbeit geleistet habe, auf der anderen Seite kritisieren Sie zu Recht, dass die Uno ihre Glaubwürdigkeit verloren habe. Können Sie den Widerspruch auflösen?
Zweifelsohne war die Normierung völkerrechtlicher Prinzipien kolossal, die vielen Verträgen, die Menschenrechtspakte, die Arbeitsrechtskonventionen der Internationalen Arbeitsorganisation.13 Wichtig waren die vielen Urteile des Internationalen Gerichtshofs. Aber, wenn Staaten wie die USA und Israel diese Urteile systematisch ignorieren oder unterminieren, verliert die Organisation an Glaubwürdigkeit. Ich hoffe, dass bald eine multipolare Welt entsteht und dass sich die globale Mehrheit behauptet und verlangt, dass auch die USA und Israel gezwungen werden, sich ans Völkerrecht zu halten. Die heutige Welt ist vom nuklearen Krieg bedroht. Niemals war die Gefahr so gross wie heute. Immerhin ist der Friede ein Menschenrecht, und alle Staaten sind durch die Uno-Charta – eine Welt-Verfassung – verpflichtet, den Frieden zu fördern.
Joe Biden wird in Deutschland mit der höchsten Auszeichnung geehrt. Was heisst das für die vorher angedeutete Schwierigkeit, zu mehr Frieden in der Welt zu kommen?
Preise und Auszeichnungen haben wenig mit Leistung und Würde zu tun. Preisverleihungen sind da, um eine gewisse politische Botschaft zu vermitteln. Obwohl einige wenige Friedensnobelpreisträger den Preis verdienten14 – etwa Henri Dunant, Bertha von Suttner, Albert Schweitzer, Sean Macbride, Nelson Mandela, Desmond Tutu, und Jose Ramos Horta – waren viele Nobelpreisträger keine Friedensengel – etwa Henry Kissinger, Barak Obama, Martti Attisaari, Shimon Peres, Maria Ressa, Memorial und so weiter. Das ganze System der Preise und der Auszeichnungen ist unglaublich korrumpiert worden. Ausserdem, wenn der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag neutral, objektiv und unabhängig wäre, wäre Biden für Verletzungen des Statuts von Rom angeklagt, auch wegen Verletzungen der Völkermordskonvention, denn er trägt die Verantwortung für die Komplizität der USA beim israelischen Genozid gegen die Palästinenser in Gaza und in Libanon. Allerdings ist Biden nicht der einzige Kriegsverbrecher. Es zählen auch Boris Johnson, Rishi Sunak, Keir Starmer, Emmanuel Macron und natürlich auch Olaf Scholz dazu. Tatsache ist, dass der Internationale Strafgerichtshof eine Farce, ein Betrug, eine neokoloniale Einrichtung ist, um Afrikaner anzuklagen, eine imperialistische Institution, um die Rivalen der USA und der Nato zu diffamieren und zu bekämpfen. Ich habe Kapitel 4 meines Buches «The Human Rights Industry», dieser Misere gewidmet, die den moralischen Bankrott des Westens vor Augen führt.
Warum findet der Internationale Strafgerichtshof keine Resonanz?
Der Internationale Strafgerichtshof war eine gute Idee. Ich selber habe als Völkerrechtsprofessor in Chicago zusammen mit Prof. Cherif Bassiouni an dem Statut gearbeitet und in den 90er Jahren mehrere enthusiastische Artikel geschrieben, um die Schaffung eines IStGH zu fördern. Zunächst war ich glücklich darüber, dass im Jahre 1998 das Statut angenommen wurde, das dann 2002 in Kraft trat. Die letzten 22 Jahre haben aber gezeigt, dass der IStGH eine hyperpolitische Institution ist und keine neutrale juristische Instanz, sondern eine Waffe in den Händen des «kollektiven Westens», um seine Geopolitik weiter zu betreiben. Der IStGH ist eine politische Einrichtung, um die Gegner des Westens anzuklagen, während die westlichen Staaten verschont werden. Und doch trägt der Westen die Verantwortung für Aggression, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit in Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien. Der Westen trägt die Verantwortung für etliche Provokationen, nicht zuletzt die Zerstörung von Nordstream II – alles völkerrechtswidrige Handlungen. Bisher ist kein einziger westlicher Politiker oder Militär angeklagt worden – nicht Jens Stoltenberg, Boris Johnson, Keir Starmer, Bill Clinton, Tony Blair, George W. Bush, Barack Obama, Hillary Clinton, Victoria Nuland, Donald Trump, Mike Pompeo, John Bolton, Joe Biden, Anthony Blinken, François Hollande, Emmanuel Macron, Angela Merkel, Annalena Baerbock, Olaf Scholz, auch nicht Gerhard Schröder, der zumindest zugegeben hat, dass er mit dem Jugoslawienkrieg das Völkerrecht gebrochen hat, und noch weitere. Heute sind viele westliche Staaten am Völkermord in Gaza und Libanon direkt beteiligt, dadurch dass sie militärische, politische, finanzielle, diplomatische Unterstützung an den Genozidialstaat Israel liefern. Wo bleiben die Haftbefehle gegen Netanjahu und seinen Kriegsminister Yoav Gallant? Man bedenke, wie schnell der IStGH einen Haftbefehlt gegen Putin erliess, weil Putin Teile der Zivilbevölkerung des Donbass in Sicherheit brachte, um sie vor dem Kriegsgeschehen zu schützen. Dies dokumentiert die Umdrehung des Statuts des IStGH, die Korrumpierung des Völkerrechts – eine Absurdität – und ist ein weiterer Beweis dafür, wie politisiert dieses sogenannte Tribunal ist.
Was kann die Generalversammlung tun, wenn die USA, Grossbritannien und Frankreich Israel unbedingt schützen wollen und den Sicherheitsrat weiterhin blockieren?
Die Generalversammlung kann «jede Frage im Zusammenhang mit der Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erörtern, die ihr von einem Mitglied der Vereinten Nationen vorgelegt wird […]» (Artikel 11 Absatz 2, 34 und 35 der Uno-Charta).
«Die Generalversammlung kann Massnahmen zur friedlichen Lösung jeder Situation empfehlen […]» (Artikel 14). Heute soll man an die «Uniting for Peace»-Resolution vom 3. November 1950 erinnern, die Resolution 377(V), auch als «Dean Acheson-Resolution» bekannt, die vorsieht, dass bei Erfüllung bestimmter Bedingungen (Machtlosigkeit des Sicherheitsrats, Entscheidung zur Einberufung der Generalversammlung und so weiter), «prüft die Generalversammlung die Frage der friedlichen Lösung jeder Situation» (Artikel 14). Die Generalversammlung nutzte das «Acheson-Verfahren» mehrmals und zu unterschiedlichen Zeiten: Militärintervention in Ägypten (1956), Ungarn (1956), Libanon (1958), Indopakistan-Konflikt (1971), Jordanien (1980), Afghanistan (1980), Namibia (1981), Bosnien und Herzegowina (1992) und so weiter.
Im Falle Ägyptens (israelische Aggression und englisch-französische Invasion im Jahr 1956) richtete die Generalversammlung am 5. November 1956 auf Initiative von Generalsekretär Dag Hammarskjöld eine Friedenstruppe von 6000 Mann ein, die Nothilfetruppe der Uno (UNEF), die bis 1967 vor Ort blieb.
Mit anderen Worten: Hundert Staaten können die Einberufung der Generalversammlung zur Beschlussfassung beantragen. Wenn dies nicht geschieht, liegt das daran, dass es derzeit nicht 100 grosse oder kleine Staaten gibt, die den politischen Willen dazu haben.
Das bedeutet, dass zwei Länder (Gaza und Libanon) zerstört werden und ihre Bevölkerung getötet wird, und die Uno unternimmt nichts, um dies zu verhindern. Darüber hinaus duldet der Sicherheitsrat, dessen spezifische Aufgabe darin besteht, den Frieden zu schützen und/oder wiederherzustellen, die Aggression tatsächlich, wie es bereits in ähnlichen Fällen geschehen ist. Eine «Uniting for Peace»-Resolution müsste von der Generalversammlung angenommen werden, die den Völkermord der israelischen Regierung gegen die Palästinenser beim Namen nennt und konkrete Massnahmen ergreift, um ihn zu stoppen, zum Beispiel durch Uno-Truppen, Blauhelme. Dafür gibt es Präzedenzfälle wie zum Beispiel Korea und Kongo. Es muss sich eine Mehrheit in der Welt bilden, die die verbrecherische Haltung der USA und Europas schärfstens verurteilt und Rechenschaft von ihnen verlangt. Inzwischen ist der moralische Bankrott des Westens für die globale Mehrheit zu offensichtlich geworden, aber unsere westlichen Politiker und Medien wagen es noch zu behaupten, wir seien im Recht. Totaler Unsinn. Wir im Westen stehen auf der falschen Seite der Geschichte.
Herr Professor de Zayas, vielen Dank für das Gespräch.
Interview Thomas Kaiser