Die USA haben der Ukraine jetzt offiziell erlaubt, westliche Fernwaffen auch gegen russisches Staatsgebiet einzusetzen. Dies meldeten die Medien am 17.11.2024. In den Staaten der NATO wurde dies mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, ebenso bei den politischen Lobbyisten des militärisch-industriellen Komplexes.
Kritiker befürchten nun, dass ein Einsatz der Raketen und Marschflugkörper massive Gegenschläge von Seiten Russlands zur Folge haben würde, möglicherweise nicht nur gegen die Ukraine. Manche sprechen vom 3. Weltkrieg, der dann ausbrechen könnte. Präsident Putin und sein Außenminister Lawrow haben in der Vergangenheit jedenfalls mehrfach gewarnt, ein solcher Waffeneinsatz gegen ihr Land würde als eine offene Kriegserklärung der NATO gewertet werden.
Erinnert sei aber daran, dass im Verlaufe des andauernden Krieges in der Ukraine bereits mehrfach westliche Kurzstreckenraketen und Marschflugkörper gegen Ziele auf der russischen Krim eingesetzt wurden, einschließlich der Krim-Brücke von Kertsch. Schon damals war klar, dass die Munition nur durch von den USA bzw. Großbritannien gelieferte Daten ins Ziel gelenkt worden sein konnte. Der Kreml sprach mehrfach von „roten Linien“, die überschritten worden seien. Geschehen ist daraufhin von Seiten Russlands allerdings sehr wenig.
Ob der Einsatz von westlichen Raketen und Marschflugkörpern gegen russisches Territorium – zum Beispiel in der Region Kursk – wesentlich etwas am Kriegsverlauf ändern könnten, darf bezweifelt werden. Erstens verfügt der Westen nur über ein recht überschaubares Arsenal an solchen Waffen (mit sehr einschränkten Möglichkeiten des Ersatzes), zweitens besitzt Russland über gute Möglichkeiten, die Waffen abzuschießen, wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat.
In Deutschland ist die Diskussion um die Lieferung der Taurus-Marschflugkörper an Kiew wieder in Gang gekommen, nachdem der designierte CDU-Kanzlerkandidat und Black-Rock-Mann Friedrich Merz angekündigt hatte, dies im Falle seines Wahlsieges zu tun, verbunden mit einem „Ultimatum“ an Russland. Merz, ein Lobbyist der globalen Finanzindustrie, dürfte sich dabei im Ausland vielleicht Freunde geschaffen haben, im Inland sicher nicht. Denn die Deutschen wollen definitiv keinen Krieg mit Russland.
Zurück zu den USA: Die Entscheidung des Noch-Präsidenten Biden, dem ukrainischen Diktator Selenski den Einsatz westlicher Raketen und Marschflugkörper gegen russisches Territorium zu erlauben, wird als Versuch gewertet, vor dem Amtsantritt Donald Trumps im Januar 2025 noch einmal außenpolitische Tatsachen zu schaffen. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass ein US-Präsident nach verlorenen Wahlen allgemein als „Lame Duck“ (Lahme Ende) gilt, der ohne Absprache mit dem „President Elect“ (neugewählten Präsidenten), also Trump, keine wichtigen Beschlüsse mehr treffen kann. Dazu kommt, dass Trumps Republikaner nach der kürzlichen Wahl im Kongress eine klare Mehrheit haben, die gegen Biden in dessen Rest-Amtszeit eingesetzt werden kann.
Hat Trump also möglicherweise sein Einverständnis gegeben? Viele Beobachter halten das für unmöglich, da Trump sich im Wahlkampf vehement für eine Friedenlösung mit Russland ausgesprochen hat. Demgegenüber stellen Kritiker fest, dass Trump für Schlüsselpositionen in seinem zukünftigen Kabinett eingefleischte Kriegsbefürworter und Neocons vorgesehen hat: Marco Rubio als Außenminister, Pete Hegseth als Verteidigungsminister und Mike Waltz als Nationaler Sicherheitsberater. Dies entgegen allen Erwartungen, da Donald Trump früher gegen die Neocons scharf Front gemacht hatte.
Tut Trump also das Gegenteil von dem, was er im Wahlkampf gesagt hat? Will er wirklich mit der Kriegspolitik der USA Schluss machen und im Inneren den „Tiefen Staat“ entmachten? Wir wollen dem Beginn seiner zweiten Amtszeit nicht vorgreifen, doch sind Fragen angebracht.
Karl M. Richter