Wie weit der Rechtsstaat in Deutschland vor die Hunde gekommen ist, zeigt der Umgang des Bundesverfassungsgerichtes mit den Klagen gegen die Einberufung des aufgelösten alten Bundestages wegen der Absegnung der Neuverschuldung des Bundes in Höhe von knapp einer Billion Euro. Wie die Junge Freiheit am 11.3.2025 berichtet, gibt es offensichtlich (wieder einmal) Kungeleien mit der Union:
Die dubiose Rolle des Verfassungsgerichts bei der AfD-Klage
Autor: Frank Hauke
Kurz nachdem die AfD in Karlsruhe Klage gegen die Sitzungen des aufgelösten Bundestags einreicht, teilt die CDU „vertrauliche“ Informationen in der Sache aus dem Verfassungsgericht mit. Kommentierende Analyse zu einem ungeheuerlichen Vorgang.
BERLIN/KARLSRUHE. Wie unabhängig wird das Bundesverfassungsgericht bei den Klagen von AfD und Linken gegen die Einberufung des vom Bundespräsidenten aufgelösten und vom Volk abgewählten Bundestages urteilen? Die Frage stellt sich seit Montagabend um 19:30 Uhr. Denn da verbreitete die Bild-Zeitung folgende Nachricht:
„‘Wir haben gerade vertraulich erfahren, daß wir davon ausgehen können, daß bereits am Mittwochnachmittag das Bundesverfassungsgericht sich im Rahmen von Eilverfahren zum jetzigen politischen Prozeß äußern wird‘, heißt es aus Unionskreisen, was die geplanten Sondersitzungen des scheidenden Bundestags zur Änderung des Grundgesetzes anbelangt. Dabei geht es ganz konkret um die Verabschiedung des Finanzpakets von Union und SPD.“
Heißt: Das Bundesverfassungsgericht informiert die CDU/CSU vorab „vertraulich“, daß Karlsruhe sich bereits morgen äußert. Die Union betreibt aber die Sondersitzungen des alten Parlaments mit Hochdruck. Es geht also um ihr Anliegen. Wie vertraulich der Vorgang geschah, zeigt, daß das Bundesverfassungsgericht bis Montagnacht keine offizielle Pressemitteilung zu der Terminierung des Falls und darüber hinaus versendete.
Daran hängt Merz‘ Kanzlerschaft
Dieser Vorgang hat mehr als ein Geschmäckle. Die Union ist hier nämlich quasi juristische Partei und hat ein großes Interesse, daß das Verfassungsgericht die Klagen abweist. Denn am Beschluß über die „Sondervermögen“, den der am 23. Februar abgewählte und bereits am 27. Dezember vom Bundespräsidenten aufgelöste Bundestag mit Zweidrittelmehrheit fassen soll, hängt womöglich auch die Kanzlerschaft von Friedrich Merz.
Wenn das Bundesverfassungsgericht aber einer Seite bereits vor der Verkündung „vertrauliche“ Informationen zuspielt, wirft das erhebliche Zweifel an der Unabhängigkeit auf. Mutmaßlich vor jedem kleinen Amtsgericht würde der Richter bei einem solchen Vorgehen wegen Befangenheit ausgetauscht.
Zwangsläufig wirft die einseitig vorgenommene Indiskretion weitere Fragen auf: Was haben Union und Bundesverfassungsgericht außerdem noch „vertraulich“ besprochen? Hatten Politiker von CDU und CSU bereits Gelegenheit, ihre Rechtsauffassung vorzutragen und auf die Entscheidung Einfluß zu nehmen?
Verfassungsgericht gerät in Verruf
Erstmals Zweifel an der Unabhängigkeit des höchsten deutschen Gerichts waren aufgekommen, als sich alle Verfassungsrichter des Ersten und Zweiten Senats mit der Bundesregierung Angela Merkels (CDU) am 30. Juni 2021 zu einem geheimen Abendessen getroffen hatten. Dabei ging es auch, wie unstrittig feststeht, um die Corona-Politik. Kurz darauf sollte das Bundesverfassungsgericht über Klagen gegen eben diese Pandemiemaßnahmen entscheiden – und lehnte sie ab.
Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts ist Stephan Harbarth (CDU). Bevor er auf Drängen Merkels im November 2018 an das Gericht berufen wurde, hatte er nie zuvor als Richter gearbeitet. Er war vielmehr stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Auch diesmal wird der Ex-Politiker eine entscheidende Rolle spielen bei der Frage, ob ein aufgelöster und vom Volk dann dreieinhalb Wochen zuvor abgewählter Bundestag weitreichende Entscheidungen wie drei Grundgesetzänderungen beschließen kann.
Der Schatten der „vertraulichen“ Vorabgespräche
Um die von SPD und Union geplante und „Sondervermögen“ genannte Rekordverschuldung von wahrscheinlich mehr als einer Billion Euro zu verabschieden, könnte auch jederzeit der neue Bundestag einberufen werden. Das Grundgesetz schreibt lediglich vor, daß dies „spätestens“ 30 Tage nach der Wahl zu geschehen hat. Das ist am 25. März. Über den frühestmöglichen Zeitpunkt sagt es nichts.
Explizit soll der alte Bundestag nur deswegen zum Einsatz kommen, um Mehrheiten zu liefern, die im gewählten Bundestag nicht mehr vorhanden sind. Sollte das Bundesverfassungsgericht diese hochumstrittene Frage zugunsten von Union und SPD bejahen, dürften sich die Zweifel an der Unabhängigkeit der höchsten deutschen Richter mehren. Den Schatten der „vertraulichen“ Vorabgespräche werden sie nicht mehr los.