Die Bundesrepublik Deutschland läuft mit Riesenschritten in den Ökosozialismus, nicht zuletzt Dank CDU/CSU. Da passt es ins Bild, wenn der letzte SED-Vorsitzende, der immer noch im Verdacht steht, auch ein Stasi-Spitzel gewesen zu sein, den neuen Bundestag eröffnen darf. Der Betreffende hat sich seinerzeit bis zuletzt für den Erhalt von Mauer und Todesstreifen eingesetzt und sich vehement gegen die Wiedervereinigung gesperrt.
Lesen Sie hier den Kommentar dazu aus der Jungen Freiheit vom 26.3.2025.
Von der „Würde“ des Bundestages
Der Ex-SED-Chef verklärt in seiner Eröffnungsrede die DDR, Linke überfallen einen designierten Minister, die AfD erhält keinen Vizepräsidenten, und die Hymne gerät zur Peinlichkeit: Die erste Sitzung zeigt, wie es um die „Würde“ des Bundestags bestellt ist. Ein Kommentar.
Alle wollten Gregor Gysi, und der Alterspräsident des Bundestages gab den „demokratischen Parteien der Mitte“, was sie bestellt hatten: Eine Rede, wie sie eben ein Ex-SED-Chef hält. Lob für die „bewaffneten Kräfte der DDR“, die bei der friedlichen Revolution 1989 „keinen einzigen Schuß“ abgegeben hatten. Lob für die „Gleichstellung der Geschlechter“, mit der man „deutlich weiter war als die Bundesrepublik Deutschland“. Und dann – neben anderen Preisungen – die Forderung nach Wiedereinführung der DDR-Feiertages 8. Mai.
Ist es zynisch, wenn man ahnt, irgendwie gehörte diese Rede an den Anfang der neuen Legislaturperiode? Solche Ansprachen des Alterspräsidenten, der das Wort ergreifen darf, weil er „weise“ ist, sollen wegweisend sein. Sie sollen die Richtung vorgeben für die kommenden vier Jahre. Insofern sagten Gysis Worte viel über die nun immer wieder beschworene „Würde“ des neuen Bundestags aus.
Die erste Sitzung des 21. Bundestages begann damit, daß nicht der an Lebensjahre älteste, nämlich Alexander Gauland (AfD), sondern der dienstälteste Abgeordnete – seine Zeit in der DDR-Volkskammer mit eingerechnet – die Eröffnungsrede hielt. Das war einhelliger Wunsch von CDU, CSU, SPD, Grünen und Linken. Einen gegenteiligen Antrag der AfD lehnten sie geschlossen ab.
Geschlossenheit von CDU, CSU, SPD, Grünen und Linken
In derselben Eintracht stimmten die selbsternannten „demokratischen Fraktionen der Mitte“ dann den AfD-Kandidaten Gerold Otten nieder, als der für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten kandidierte. Auch in dieser Legislaturperiode verwehrt die Mehrheit der Abgeordneten der nun zweistärksten Kraft das Amt, das ihr laut Geschäftsordnung bereits seit 2017 zusteht. Daß es sich bei Otten um einen honorigen langjährigen Bundeswehroffizier handelt, spielte keine Rolle.
Würde eine rechte Regierung in einem anderen Land so mit der linken Opposition umspringen, hagelte es Protestnoten der „demokratischen Parteien“ – da können wir sicher sein. Mit zweierlei Maß zu messen, Geschäftsordnungen und den Wählerwillen zu ignorieren, gehört inzwischen zum guten Ton im Hohen Haus. Man nennt es nun „Würde“.
Es paßte ins Bild, daß ausgerechnet Gysi den AfD-Mann Stephan Brandner ermahnte, „der Würde unseres Hauses zu entsprechen“, als dieser es als „widerlich und erbärmlich“ bezeichnete, seiner Fraktion keinen Vizepräsidenten zu gestatten. Man bleibt eben – Wahlergebnisse hin oder her – gern unter sich.
Bundestag soll AfD-Verbot beantragen
Insofern ist das Verlangen der Fraktionsgeschäftsführer von SPD und Grünen, der Bundestag müsse das Verbot der AfD nun so schnell wie möglich beantragen, nur konsequent. Auch zeitraubende Abstimmungen – drei waren es beim Vizepräsidenten-Kandidaten – wären dann gar nicht mehr nötig.
Daß die Bundestagsverwaltung den AfD-Abgeordneten nicht einmal genügend Sitze angeschraubt hatte, so daß alle Platz nehmen konnten, mag ein Versehen sein. Es würde aber auch der neuen „Würde“ des hohen Hauses entsprechen, wenn das eben kein Zufall war. So mußten sich die Volksvertreter Klappstühle organisieren, um nicht auf dem Boden sitzend die konstituierende Sitzung zu verfolgen.
Es war auch der Tag, an dem der designierte Landwirtschaftsminister Günther Felßner (CSU) seine Kandidatur aufgab, nachdem Linksextremisten seinen Bauernhof in Bayern überfielen. In den Medien heißen diese Gewalttäter „Umweltaktivisten“. Felßner sagte, seine Frau habe „Angst um Leib und Leben“ gehabt. Einen solchen Terror wolle er sich und seiner Familie nicht zumuten.
Bei der Nationalhymne wird es peinlich
Früher hätte es noch zur „Würde“ des Bundestages gehört, einen solchen verbrecherischen Akt einhellig zu verurteilen – unabhängig von der Parteizugehörigkeit des Betroffenen. Doch auf diese Idee, eine solche Entschließung einzubringen, kam keiner der Abgeordneten. Es ist die Zeit, in der die Grünen bestimmen, wem sich die kandidierende Bundestagspräsidentin vorstellen darf – und in der ihre Vorfeldorganisationen entscheiden, wer Minister wird und wer nicht.
Zu Ende ging diese peinliche Veranstaltung obligatorisch mit der Nationalhymne – eine Tradition, die keinesfalls mehr zur heutigen „Würde“ paßt: Die meisten Abgeordneten von SPD, Grünen und Linken sangen nicht mit. Dieses würdelose Schauspiel dürfte auch Gysi, der sich – genau wie der neue Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow – bis heute weigert, die DDR einen Unrechtsstaat zu nennen, gefallen haben.
Wahrscheinlich erinnert das alles auch Menschen, die nicht zum Zynismus neigen, an weniger gute Zeiten. Insofern könnte die die zweite deutsche Diktatur verklärende Rede des Ex-SED-Chefs tatsächlich wegweisend für die Amtszeit des neuen Bundestags gewesen sein.