Kurz vor Pfingsten ereignete sich im Bundestag ein erneuter Skandal: Das Parlament verweigerte mit den Stimmen des Kartells der Altparteien die Aufhebung der Immunität des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Dresden dies wegen eines Ermittlungsverfahrens gegen Habeck beantragt. Während die Aufhebung der Immunität bei Abgeordneten der Opposition kein Problem darstellt, scheint sich das Mehrheitskartell aus CDU/CSU/SPD/Grüne und Linke vor Strafverfolgung schützen zu wollen. Dies, nachdem man bereits auf dem Gesetzgebungswege Regierungskritik kriminalisiert hat (Stichwort: „Majestätsbeleidigungsparagraph“). Ein erneuter ungeheuerlicher Anschlag auf Demokratie und Rechtsstaat.
Die „Junge Freiheit“ berichtet über den Fall am 10. Juni 2025 auf ihrem Internetkanal folgendermaßen:
Verhinderte Ermittlungen gegen Habeck – Jetzt spricht die Staatsanwaltschaft
Der Vorgang war ungewöhnlich, Erklärungen gab es zunächst nicht: Am vergangenen Donnerstag entschied der Deutsche Bundestag in öffentlicher Abstimmung über drei Anträge der Justiz zur Aufhebung der Immunität von Abgeordneten. Eigentlich ein normaler Vorgang. Hier aber war etwas seltsam. Denn in den Fällen eines AfD- und einer Linken-Abgeordneten stimmten die Parlamentarier einstimmig zu – aber in einem dritten Fall votierten sie, mit Ausnahme der AfD, gegen „die Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens“.
Warum, blieb unklar. Eine Aussprache gab es – wie üblich – nicht. Auffällig war der Vorgang schon deshalb, weil es selten vorkommt, daß der Bundestag die Aufhebung der Immunität verweigert. Ein Sprecher des Deutschen Bundestages teilte der JUNGEN FREIHEIT mit, daß in der vergangenen Legislaturperiode nur einmal eine Immunität trotz Antrags nicht aufgehoben wurde, in den drei Legislaturperioden zuvor sogar kein einziges Mal.
Hintergründe blieben zunächst im Dunkeln
Besonders pikant ist der jetzige Fall aber, weil es um einen prominenten Namen geht: den früheren Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck, der nun noch als einfacher Grünen-Parlamentarier im Bundestag sitzt. Bis dato war gar nicht bekannt, daß eine Staatsanwaltschaft gegen ihn ermitteln möchte.
Die Hintergründe ließen sich zunächst nicht aufklären. Das Bundesjustizministerium, das Immunitätsanträge an den Bundestag weiterleitet, traf gegenüber der JF am Freitag keine Aussage zu dem Vorgang. Aus dem Bundestag waren lediglich kryptische Hinweise darauf zu hören, daß es um einen Wahlkampfauftritt Habecks in Dresden gehen könnte.
„Verleumdung zum Nachteil Wagenknechts“
Doch auch die dortige Staatsanwaltschaft wimmelte einen Anruf am Freitag ab. Auf die Nachfrage der JF, ob die Staatsanwaltschaft Dresden ein Ermittlungsverfahren gegen Habeck führe, antwortete Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt lediglich, das wisse er nicht und müsse es prüfen. Es kam das Wochenende, es kam Pfingsten. Eine Auskunft gab es nicht.
Erst seit Dienstagmorgen ist nun klarer: Die Spuren in die sächsische Landeshauptstadt scheinen richtig gewesen zu sein. Jedenfalls teilte die dortige Staatsanwaltschaft um 10 Uhr mit, daß sie tatsächlich ein Ermittlungsverfahren gegen Habeck „aufgrund eines bestehenden Anfangsverdachts“ führt. Tatvorwurf: „Verleumdung zum Nachteil des Bündnisses Sahra Wagenkencht (BSW) und einer gegen Personen des politischen Lebens gerichteten Verleumdung zum Nachteil von Sahra Wagenknecht“. Eine Verbindung zum Immunitätsbeschluß des Bundestages stellt die Behörde selbst nicht her.
Habeck warf BSW Korruption vor
Die Staatsanwaltschaft nennt die in Frage stehenden Äußerungen nicht, sagt lediglich, daß es um einen Auftritt Habecks im Landtagswahlkampf am 30. August in Dresden gehe. An diesem Tag hatte der damalige Vizekanzler AfD und BSW vorgeworfen, „korrupt und gekauft“ zu sein. „Sich aber für seine Meinung bezahlen zu lassen, im Internet Stimmen zu kaufen, Troll-Armeen aufzubauen, eine Meinung gekauft zu bekommen: Das ist widerlich, und das gehört sich nicht, und wir wissen, daß AfD und BSW genauso bezahlt werden.“
Die Äußerungen fielen ihm schnell auf die Füße. Im September berichtete die Süddeutsche Zeitung, daß Habeck eine Unterlassungserklärung gegenüber Wagenknecht abgegeben hatte. Sein Anwalt argumentierte zugleich, der Minister habe „in freier Rede“ Aussagen über die „zweifelhafte Herkunft“ von BSW-Geldern getätigt, „die möglicherweise als Tatsachenbehauptungen mißverstanden werden konnten, aber eine politische Einschätzung zum Ausdruck bringen sollten“.
Wagenknecht erstattete Anzeige
Wagenknecht reichte das nicht. Am 30. Oktober 2024 brachte sie die Sache bei der Dresdner Staatsanwaltschaft zur Anzeige, wie diese am Dienstag mitteilte. Am 13. November 2024 ging eine weitere Anzeige ein, dieses Mal vom BSW.
Das Problem: Bundestagsabgeordnete besitzen gemäß Artikel 46 des Grundgesetzes Immunität. Sie dürfen „nur mit Genehmigung des Bundestages“ strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Dadurch sollen das Parlament und seine Arbeit vor Eingriffen anderer Gewalten geschützt werden. Der Bundestag hat in Grundsätzen zu Immunitätsangelegenheiten, die der Geschäftsordnung angehängt sind, sogar festgehalten, daß „Beleidigungen politischen Charakters in der Regel nicht zur Aufhebung der Immunität führen“ sollen.
Warum stellt sich der Bundestag vor Habeck?
Allerdings werden Verleumdungen davon im Text ausdrücklich ausgenommen. Genau eine solche Verleumdung wird Habeck von Wagenknecht und ihrem BSW aber zur Last gelegt; die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren zu diesem Tatvorwurf eröffnet. Übrigens genau auf Basis jenes Paragraphen 188 des Strafgesetzbuches („Politikerbeleidigung“), der in den vergangenen Monaten für heftige Diskussionen sorgte, nicht zuletzt, weil Habeck auf diesem Weg den Rentner Stefan Niehoff juristisch belangen ließ („Schwachkopf-Affäre“).
Warum der Bundestag die Aufhebung der Immunität verweigerte, bleibt also offen. Klar ist nur: Die Immunität schützt einen Abgeordneten grundsätzlich auch schon vor einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren. Die Staatsanwaltschaft Dresden teilte am Dienstag indes mit, daß sie vom Bundestag noch nicht über dessen Entscheidung in der Immunitätsangelegenheit informiert worden sei. „Weitergehend äußern wir uns derzeit zu dem Ermittlungsverfahren nicht“, sagte Oberstaatsanwalt Schmidt der JF.