BERLIN/KARLSRUHE/MÜNCHEN. Nach dem Skandal um die designierte neue Bundesverfassungsrichterin, Frauke Brosius-Gersdorf, zeigen Recherchen der JUNGEN FREIHEIT, daß auch die zweite SPD-Kandidatin für den Posten in Karlsruhe sehr weit links steht. Ann-Katrin Kaufhold könnte ebenfalls schon am kommenden Donnerstag im Bundestag mit der Zweidrittelmehrheit von CDU/CSU, SPD, Grünen und Linken gewählt werden.
Grüne und Linke hatten die 48 Jahre alte Kaufhold 2022 in die Expertenkommission zum Volksentscheid „Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen“ des Landes Berlin berufen. Kaufhold, Frauenbeauftragte der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), stufte das Anliegen der linksextremen Bürgerinitiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ mit der Mehrheit der anderen linksgerichteten Kommissionsmitglieder als „verfassungsgemäß“ ein.
Dafür mußte sie scharfe Kritik einstecken – pikanterweise unter anderem vom ehemaligen Richter am Bundesverfassungsgericht, Michael Eichberger. Gemeinsam mit den beiden von der SPD nominierten Mitgliedern, Christian Waldhoff und Wolfgang Durner, gab er ein Sondervotum ab, in dem er auch Kaufholds Auffassung als „nicht vereinbar mit der Verfassung“ bezeichnete.
Ex-Verfassungsrichter kritisiert Kaufhold
Bemerkenswert: Zwei sozialdemokratische Top-Juristen gingen mit den Enteignungsplänen unter anderem von Kaufhold hart ins Gericht. Doch die Bundes-SPD nominiert die Frau, die bisher – genau wie Frauke Brosius-Gersdorf – noch nie als Richterin gearbeitet hat, nun aber für die endgültige Rechtsprechung über das Grundgesetz.
Die designierte Verfassungsrichterin ist in der Öffenlichkeit sehr zurückhaltend: Es gibt kein einziges offizielles Pressefoto, keine Fernsehauftritte, keinen Account in den sozialen Netzwerken. Doch ihre Aussagen haben es in sich, ihre Haltung wird als „klimasozialistisch“ beschrieben. Kaufhold leitet die Klimaschutz-Forschungsgruppe „The Institutional Architecture for a 1.5 °C World“ am Center for Advanced Studies“ der LMU. In diesem Zusammenhang forderte sie eine „gesamtgesellschaftliche Transformation“. Denn die brauche es: „Dann müssen wir an allen Stellschrauben drehen.“
Implizit rief Kaufhold im Mai 2023 auch dazu auf, Unternehmen zu boykottieren, die dem Klimaschutz nicht die angemessene Priorität einräumen: „Wir alle haben über viele verschiedene Hebel Einfluß darauf, was ‚die Reichen‘ machen. Wir können uns fragen: Wem stelle ich meine Arbeitskraft zur Verfügung? Wo kaufe ich ein? Wem gebe ich meine Stimme bei der nächsten Wahl?“
Bei Klima-Maßnahmen setzt Kaufhold auf Gerichte
Es sei Tatsache, „daß sich derzeit die Wohlhabenden besonders klimaschädigend verhalten und auch deshalb faktisch eine besondere Verantwortung tragen“, sagte sie in einem Gefälligkeits-Interview mit ihrer eigenen Universität. Und sie ergänzte: „Wenn Wohlstand bedeutet: Es muß alles so weitergehen wie bisher – dann wird das nicht klappen.“
Auf die Frage, welche Institutionen „die Klimazukunft aktiv gestalten“ sollten, gab sie eine Antwort, die vor dem Hintergrund ihrer Kandidatur für das Bundesverfassungsgericht eine neue Brisanz erhält: „Natürlich denkt man in solchen Fragen zunächst an Parlament und Regierung. Wir stellen aber leider fest, daß sie das Thema nicht schnell genug voranbringen. Deswegen muß man überlegen, wie man das Tableau der Institutionen erweitert. In den letzten Jahren sind zwei weitere Akteure auf den Plan getreten: Zum einen die Gerichte, die deutlich machen, daß Klimaschutz auch eine menschenrechtliche Dimension hat.“ Zum anderen nannte Kaufhold die Zentralbanken.
Sie betonte, beide Institutionen seien unabhängig: „Damit eignen sie sich zunächst einmal besser, unpopuläre Maßnahmen anzuordnen.“ Als Richterin am Bundesverfassungsgericht könnte sie diese Situation für ihre politischen Anliegen nutzen.
SPD schlägt zwei Verfassungsrichterinnen vor
Das Bundesverfassungsgericht besteht aus insgesamt 16 Richtern, die sich jeweils auf zwei Senate aufteilen. Drei Richter werden derzeit ausgetauscht. Zwei davon darf die SPD vorschlagen: Kaufhold und Brosius-Gersdorf.
Die CDU/CSU hat für einen der drei das Vorschlagsrecht. Nachdem der Bundesverwaltungsrichter Robert Seegmüller von den anderen Parteien als zu konservativ abgelehnt worden war, weil er vor sieben Jahren durchblicken ließ, Zurückweisungen an den Grenzen könnten vom Europarecht gedeckt sein, hat die Union nun den Bundesarbeitsrichter Günter Spinner nominiert. Er gilt nach heutigen Maßstäben als politisch unbelastet.