Transkript des Videos von Prof. Dr. Stefan Homburg auf seinem Kanal „HomburgsHinterung“ vom 27.6.2025
Viele glauben, die von NATO und Merz beschlossene Erhöhung der Rüstungsausgaben seien 5% vom Bundeshaushalt.- Ein schwerer Irrtum! Es sind 5% vom Bruttoinlandprodukt. Der Bundeshaushalt umfasst nur 10% des BIP. 5% des BIP bedeuten also die Hälfte des Bundeshaushaltes für Rüstung, die bis 2035 erreicht werden sollen! Prof. Stefan Homburg, langjähriger Experte für „Öffentliche Finanzen“ an der Leibnitz-Universität Hannover, ist in seinem neuesten Video den Konsequenzen und der verheerenden Schuldenpolitik der neuen Bundesregierung insgesamt nachgegangen. Wir veröffentlichen nachfolgend unser Transkript mit von uns eingefügten Zwischenüberschriften. (hl)
Prof. Dr. Stefan Homburg:
Dieses Video ist nichts für schwache Nerven; aber Sie sollten trotzdem dran bleiben, vor allem wenn Sie überlegen zu investieren oder auszuwandern. Meine Sendungen sind zwar etwas tröge, aber sehr kompakt und mit Informationen, die stimmen. Belege finden Sie stets in der Videobeschreibung. Im Grunde führe ich hier meine Vorlesungen fort aber nicht mit 50 Hörern, sondern mit 50.000, was ich sehr befriedigend finde. Hätte ich vor 30 Jahren das geahnt, wäre ich vielleicht gar nicht Professor geworden sondern Influenzer. Aber zum Thema:
Vorgestern (24.6.2025) hat die neue Bundesregierung ihren Haushaltsentwurf für 2025 vorgelegt. Ja, Sie hören richtig, nicht für das nächste Jahr wie üblich, sondern für dieses Jahr, das schon halb abgelaufen ist. Ursprünglich wurde der Entwurf im Juli 2024 von der Ampelregierung veröffentlicht, also vor knapp einem Jahr. Aber wir erinnern uns gut, wie es ausging. Die Ampelpolitiker stritten monatelang wie die Kesselflicker, legten lange Nachtsitzungen ein und konnten sich trotzdem nicht einigen. Im November letzten Jahres zerbrach die Ampel dann am Haushaltsstreit. Das hatte einen guten Grund und macht die Beschäftigung mit öffentlichen Finanzen so interessant.
Jetzt zeige ich Ihnen ein Zitat des großen Josef Alois Schumpeter. Er war VWL Professor in Österreich, wechselte später nach Bonn und emigrierte in den 1930er Jahren in die USA. An US-Universitäten unterrichtete er dann mehrere spätere Nobelpreisträger. Schumpeter war außerdem österreichischer Finanzminister gewesen und wusste absolut, wovon er sprach. Ich lese Ihnen das einmal vor:
„Welch Geistes Kind ein Volk ist, auf welcher Kulturstufe es steht, wie seine soziale Struktur aussieht, was seine Politik für Unternehmungen vorbereiten mag – das und viel anderes steht phrasenbefreit in der Finanzgeschichte. Wer ihre Botschaft zu hören versteht, der hört da deutlicher als irgendwo den Donner der Weltgeschichte.“
Die Betonung in diesem wunderbaren Zitat liegt auf phrasenbefreit. In Wahlkämpfen wird nämlich viel versprochen, und Wahlprogramme vermitteln den Eindruck, die Parteien wollten tatsächlich alles und jedes fördern. Das funktioniert natürlich nicht. Bei der Haushaltsaufstellung muss die Politik endlich Farbe bekennen. Dann zeigt sich, was den Regierenden wirklich wichtig ist und was sie nur versprochen haben, um Wähler zu ködern. Zu diesen Ködern gehörten, wie wir nun sehen, Steuerentlastungen für Arbeitnehmer und die Senkung der Stromsteuer, die ein Wahlkampfschlager war, weil diese Steuer Haushalte und Unternehmen stark belastet. Von beiden ist im Haushaltsentwurf nichts mehr zu sehen.
Der Wahlbetrug mit der Schuldenbremse
Der erstaunlichste Bruch von Wahlversprechen betrifft aber zweifellos die Schuldenbremse. An ihr hatte die Union im Wahlprogramm ausdrücklich festgehalten, während die SPD orakelte, sie wolle die Schuldenbremse aufweichen, um kommenden Generationen etwas Gutes zu tun. Trotzdem wurde das Grundgesetz geändert, um beispiellose Schulden und Rüstungspakete schnüren zu können. Dabei stimmten im Bundesrat Union, SPD, Grüne, Linke und auch die Freien Wähler zu. Widerstand kam von AfD, BSW und FDP.
Dem Bundestag liegt nun dieser Gesetzentwurf zur Abstimmung vor. Er wird monatelang beraten werden, und es ist nicht völlig sicher, dass er eine Mehrheit findet, weil vor allem jüngere Unions-Abgeordnete die Belastung kommender Generationen kritisch sehen. Das Haushaltsgesetz umfasst nur 40 Seiten, enthält aber eine Anlage, den sogenannten Haushaltsplan mit über 3000 Seiten. Zu diesem Zahlenberg gehören zudem Eckwerte für die kommenden Jahre, die so atemberaubend sind, dass wir einen Teil davon kurz anschauen, nämlich die geplanten Neuschulden.
– Siehe: (117) Bundeshaushalt 2025 – Gang in den Schuldenstaat – YouTube min. 4:21.
In dieser Grafik hier, wobei es auf die Farben nicht ankommt, sondern nur auf die Höhe der Balken, sehen Sie die geplante Nettoneuverschuldung des Bundes in den Jahren 2024 bis 29. Ein einzelner Balken zeigt nicht den Schuldenstand des Bundes im betreffenden Jahr an, sondern den Wert der hinzukommt und den Schuldenstand vergrößert. Es soll also die Bundesschuld immer rascher wachsen. Bundesfinanzminister Klingbeil wirbt für diesen Kurs mit dem Argument, Deutschland sei unter der Schuldenbremse kaputtgespart worden. Der Balken ganz links im Diagramm zeigt Ihnen, dass das einfach nicht stimmt. Denn letztes Jahr nahm der Bund neue Schulden in Höhe von 50 Milliarden Euro auf. In den Jahren davor waren es noch viel mehr.
Die bisherige Schuldenbremse erlaubte nämlich durchaus eine gewisse Normalverschuldung und hatte darüber hinaus zahlreiche Ausnahmen wie eine Konjunkturkomponente, eine Notlagenklausel, Regeln für finanzielle Transaktionen und so weiter. Ich will das nicht im Detail vertiefen, sondern auf den Kernpunkt eingehen.
Stärkste Wählertäuschung
Nach Aufweichung der Schuldenbremse will die neue Regierung allein zwischen 2025 und 2029 astronomische 850 Milliarden Euro Schulden zusätzlich aufnehmen. Damit wächst der Schuldenstand, der sich seit Gründung der Bundesrepublik angesammelt hat, um rund die Hälfte.
Vor der Wahl hatte das niemand erwartet, dachte ich jedenfalls, bis ich dieser Tage bei News las, dass Bundeskanzler Merz schon vor der Bundestagswahl heimlich ein Gutachten in Auftrag gegeben und dafür neuneinhalbtausend Euro gezahlt hatte, wie er den neuen Bundestag austricksen und mit dem abgewählten Bundestag den Weg frei für Megaschulden machen könne. Gutachter war der frühere Verfassungsrichter Udo Fabio, der später auch öffentlich erklärte, es sei völlig in Ordnung, wenn ein abgewählter Bundestag noch rasch das Grundgesetz ändere.
Die Erzählung, Merz sei von Klingbeil und Esken zu Beginn der Koalitionsverhandlung überfahren worden und dann eingeknickt, stimmt also gar nicht.
Vielmehr hat Merz den Bruch der Schuldenbremse von langer Hand vorbereitet und damit die wohl stärkste Wählertäuschung der Nachkriegszeit inszeniert, weil er seine Wahlkämpfer versichern ließ, die Union werde an der Schuldenbremse, die in der Bevölkerung ja durchaus beliebt ist, festhält.
Welche Konsequenzen die Verschuldung in den kommenden Jahren haben wird, kann ich momentan noch nicht genau sagen, weil die sogenannte „Mifrifi“, die mittelfristige Finanzplanung, noch nicht detailliert vorliegt, sondern nur grobe Eckwerte veröffentlicht werden. Klar ist aber, dass es trotz der Schulden enorme Löcher im Bundeshaushalt gibt. Insbesondere laufen die Sozialversicherungen aus dem Ruder, Kranken- und Pflegeversicherungen sind defizitär, und die Rentenversicherung wird durch verschiedene Wahlgeschenke und die demographische Entwicklung belastet.
Warum schlägt das einstmals solide Deutschland jetzt einen Kurs ein, der an die frühere Politik Griechenlands erinnert?
Ursachen der Schuldenpolitik
Statt auf Klein, Klein einzugehen, möchte ich diese tieferliegende Frage behandeln und zwei Erklärungen anbieten.
1. Wachstumsschwäche
Erste Ursache für die Schuldenpolitik ist eine ausgeprägte Wachstumsschwäche, die uns von allen Staaten der G20 Gruppe unterscheidet. Die Grafik hier https://www.youtube.com/watch?v=eZzxdrHBz1M min. 8:05 – zeigt die Entwicklung des deutschen Bruttoinlandsprodukts pro Kopf im Vergleich zur Entwicklung in Frankreich, Italien, den Niederlanden und Spanien, den nächst größeren EU-Staaten. Um einen Vergleich der letzten Jahre zu ermöglichen, ist das erste Quartal 2020 als einheitlicher Startpunkt gewählt. Wir sehen, dass alle Länder in der Corona-Krise einen Wachstumseinbruch erlitten und Deutschland sogar einen zweiten 2021, weil es an seinen Lockdowns länger festhielt. Anschließend erholten sich die übrigen Länder aber, während der BIPR-Kopf in Deutschland in den letzten Jahren schrumpft. Das ist für uns eine ganz neue Erfahrung.
Seit Ende des Zweiten Weltkriegs gab es immer wieder kurze Rezessionen, aber niemals eine derart lange Kontraktion. Die Politik hatte sich über die Jahrzehnte daran gewöhnt, alljährlich einen kleinen Zuwachs zu verteilen. Doch ist dieser Weg nun versperrt.
Hauptgrund für die Dauerrezession ist die Fixierung auf das Ziel, Deutschland CO2-neutral zu machen.
Dies Ziel verfolgen nicht nur alle deutschen Regierungen, sondern auch die EU-Kommission mit Verbrenner-Verbot, Emissionshandel und unzähligen Schikanen, die Deutschland mit seiner dominanten Industrie stärker treffen, als andere Länder. Solange sich die Regierung mehr um das weltweite Wetter kümmert als um das Wohlergehen des eigenen Landes, wird sich an dieser Malaise wenig ändern.
Andere Länder, insbesondere die USA haben die CO2-Ideologie aufgegeben und florieren, während sich Deutschland mit Wirtschaftssanktionen und der abwegigen Vorstellung, das Weltklima ändern zu können, fortwährend selbst schädigt.
2. Umstellung auf Kriegswirtschaft
Der zweite Grund für den Schuldenkurs ist die Umstellung unseres Sozialstaats auf Kriegswirtschaft, die vor allem im Ziel zum Ausdruck kommt, künftig 5% des BIP für Rüstung auszugeben. Damit entsteht ein Zielkonflikt, den die vielleicht berühmteste volkswirtschaftliche Grafik illustriert, eine ganz einfache – https://www.youtube.com/watch?v=eZzxdrHBz1M min. 10:22 –
In diesem Diagramm steht Butter bildlich für alle privaten Güter, vom Essen über Gesundheitsdienste bis hin zu Urlaubsreisen. Die Kanonen bedeuten bildlich Rüstungs-Ausgaben aller Art. Der grüne Punkt links oben illustriert eine Politik, wie die von Costa Rica, das 1948 seine Armee abschaffte und die Mittel für Bildung, Gesundheit und ähnliche Zwecke umwidmete. Null Rüstungsausgaben bedeuten maximale Wohlfahrt. Der blaue Punkt symbolisiert Deutschlands frühere Politik mit eher geringen Rüstungsausgaben. Und der rote Pfeil samt rotem Punkt illustriert die von der Koalition geplante Aufrüstung.
Bei gegebenen Ressourcen erzwingt Aufrüstung einen Rückgang der Wohlfahrt. Adam Riese lässt sich nicht betrügen. – Oder vielleicht doch:
Der Sprecher von Bundesfinanzminister Klingbeil scheint da anderer Meinung zu sein. Hören wir das einmal an (wird eingeblendet:
„Dass es die sogenannte Bereichsausnahme von der Schuldenbremse gibt, dafür dass wir in Sicherheit und Verteidigung investieren können, bedeutet gerade, dass es kein entweder-oder gibt zwischen Verteidigungsausgaben und Ausgaben, Investitionen in die wirtschaftliche Stärke Deutschlands, in Wachstum, in Beschäftigung, in auch Gesundheit, z.B. Modernisierung der Krankenhäuser, habe ich gerade eben erst drüber gesprochen. Das heißt, dieses Entweder – Oder gibt es nicht. Wir investieren in Sicherheit und Verteidigung, und wir investieren in andere Bereiche, vor allen Dingen in wirtschaftliches Wachstum.“
Bei solchen Pressekonferenzen bleibt einem die Spucke weg, und man glaubt, Habecks Geist zu vernehmen. Sie wollen ein neues Auto und eine Weltreise machen, haben aber nicht genug Geld für beides. Machen Sie doch einfach Schulden! Dann ist das Problem gelöst. Winwin, wie man heute sagt. Aber im Ernst:
Schulden müssen nicht nur zurückgezahlt werden, sondern sie erhöhen auch die jährliche Zinslast und zwar gleich in doppelter Weise:
1. steigen die Zinszahlungen bei höheren Schulden rein rechnerisch.
2. Zweitens ist das gute Rating Deutschlands durch den Crashkurs der Regierung gefährdet. Wenn die Ratingagenturen Deutschland herabstufen, erhöhen sich die Zinsen auf den gesamten Schuldenstand.
– Es wird eingeblendet:
„Wichtige Daumenregel:
1. Bundeshaushalt: 10% des BIB
2. Rüstungsziel 2035: 5% des BIB
=> 50% des Bundeshaushalts
Bis 2029 als erster Schritt 33%“
Ab 1929 soll nicht nur ein Drittel der Bundeseinnahmen in die Rüstung fließen, sondern es wird auch die Zinsbelastung von Jahr zu Jahr steigen. Damit entsteht ein Druck auf die übrigen Ausgaben, und Entlastungen bei den Steuern werden ohnehin illusorisch.
Diese Schlagzeile von gestern:
„BILD: Erste Steuer-Sauerei der Merz-Regierung“
illustriert bereits, wie irreführend die Suggestion des BMF-Sprechers ist. Die Koalition habe gewissermaßen ein ökonomisches Perpetuum Mobile gefunden. Die Schlagzeile bezieht sich auf die Beibehaltung der Stromsteuer und belegt dies Manöver mit einem Kraftausdruck, weil die Entlastung nicht nur im Wahlkampf versprochen, sondern Koalitionsvertrags-fest vereinbart war.
Man sollte mit Kraftausdrücken aber zurückhaltend sein, weil in den kommenden Jahren viele weitere Kürzungen folgen werden, vor allem im Sozialbereich, um Deutschland von Butter auf Kanonen umzustellen.
Bin ich an dieser Stelle zu streng, weil uns Wirtschaftswachstum aus der Misere helfen wird? Ich denke nicht. Merz ist offensichtlich nicht Milei (argentinischer Präsident), und die neue Koalition hat es nicht geschafft, die Weichen auf Wachstum zu stellen. Bürgergeld und Heizungsgesetz werden nur umbenannt, das Lieferkettengesetz kommt auf europäischer Ebene zurück und statt Bürokratie abzubauen und das 2021 errichtete erfolglose Wohnungsministerium abzuschaffen, kommt ein weiteres Ministerium hinzu, und hunderte Beamten-Stellen. Sogar der Kurzzeitkanzler Olaf Scholz erhält 9 Mitarbeiter zusätzlich zu dem Stab, den er als Bundestagsabgeordneter ja ohnehin hat.
Und das Infrastruktursondervermögen? – Die Mittel daraus werden wahrscheinlich zäh abfließen, weil es an fertigen Plänen und freien Baukapazitäten fehlt, nicht aber an Bürgerinitiativen, die gegen fast alle Maßnahmen angehen. 100 der 500 Milliarden des Fonds wurden ohnehin auf Druck der Grünen für den Klima- und Transformationsfond reserviert und zugleich zurückentfremdet, weil die Regierung daraus jetzt Gassubventionen finanzieren will, die sie braucht, weil sowohl die heimische Gasförderung als auch Gasimporte aus Russland weitgehend verboten sind.
Auch eine degressive Abschreibung, die nur Zinseffekte hat oder eine Senkung der Körperschaftsteuer in 3 Jahren um einen Prozent-Punkt werden uns keinen Wachstumsboom jetzt bringen.
Was schließlich das 5% -Ziel angeht, würde nicht einmal Wachstum helfen, denn je höher das BIP, desto mehr Geld fließt auch in die Rüstung.
Letztes Jahr lagen unsere Verteidigungsausgaben bei 60 Milliarden Euro. Das waren nach USA China und Russland die viert höchsten der Welt. Dieser Wert soll nun auf über 200 Milliarden Euro hochgeschraubt werden, was auf Dauer Kürzungen um 140 Milliarden Euro erfordern wird. Denn Schulden machen nicht reicher, sondern verschieben Probleme nur in die Zukunft. – Eine Politik der verbrannten Erde.
Ich glaube, meine Damen und Herren, dass demnächst einige ins Grübeln kommen werden, ob Russland uns wirklich so massiv bedroht, wie es die Regierung erzählt. –
Das ist aber schon ein anderes Thema, vielleicht für die nächste Sendung.
Hier ist das Video:


Letztes Jahr lagen unsere Verteidigungsausgaben bei 60 Milliarden Euro. Das waren nach USA China und Russland die viert höchsten der Welt. Dieser Wert soll nun auf über 200 Milliarden Euro hochgeschraubt werden,
Aber, wie groß und kampfstark ist denn die BW? Merz will offenbar nicht die BW stärken, sondern das transatlantische Großkapital!