Moltke ein Vorbild

Helmuth von Moltke, ehemaliger Generalfeldmarschall und Chef des Großen Generalstabes der Kaiserlichen Armee, wurde am 26. Oktober vor 225 Jahren in Parchim geboren. Er bleibt als Person und als Soldat Vorbild – auch die Bundeswehr täte gut daran, sich an ihm und vergleichbaren Persönlichkeiten der preußisch-deutschen Geschichte zu orientieren, statt zu versuchen, eine krude „woke“ Ideologie in der Truppe zu verankern. 

Stephan Ehmke bespricht im Folgenden das Buch von Generaloberst Hans von Seeckt: Moltke ein Vorbild. Verlag für Kulturpolitik, Berlin 1931, 185 Seiten. Das Buch ist antiquarisch zum günstigen Preis erhältlich. 

Heute, da die politische Führung hierzulande allerhöchstens noch Mittelmaß repräsentiert, schweift der Blick des Konservativen gerne in die Geschichte zurück und sucht Zeiten auf, in denen noch Männer von Charakter und Persönlichkeit das Staatsschiff steuerten. Mit dem Buch „Moltke ein Vorbild“ von Generaloberst Hans von Seeckt schauen wir in eine Phase der preußisch-deutschen Geschichte, wo dies ganz besonders der Fall war: das Zweite Deutsche Kaiserreich.

Hell leuchten hier die Namen Bismarck, Moltke und Roon auf, jene drei „Paladine“ Kaiser Wilhelms des Großen, welche das Reich von 1871 bauten und unter dem Monarchen leiteten. Auf militärischer Seite ragt das Bild des Chefs des Großen Generalstabes der Kaiserlichen Armee, des Generalfeldmarschalls Graf Helmut von Moltke, heraus. Generaloberst Hans von Seeckt (1866-1936), selbst Generalstabsoffizier und Chef der Heeresleitung in der Weimarer Republik, zeichnet in seinem 1931 geschrieben Buch ein prägnantes Charakterbild Moltkes. Dabei will er weder eine Lebensbeschreibung noch eine kritische Würdigung der Kriege Moltkes abliefern. Auch eine Ableitung der Moltkeschen Kriegslehre ist nicht beabsichtigt. Nach Seeckts eigenen Worten will das Werk den Versuch unternehmen „aus der Persönlichkeit des Feldherrn Züge nachzuzeichnen und hervorzuheben, die geeignet erscheinen, dem Wollenden und Könnenden ein Wegweiser zu sein“. Es werde angestrebt, „das dazulegen, das zugleich das Ewig-Vorbildliche in der Gestalt des großen Mannes“ sei.

Seeckt geht diese Aufgabe an, indem er zunächst einen Begriff des „Vorbildlichen“ definiert, sodann einen Abriss über das „Werden“ Moltkes zeichnet, das Wesen seines „Werkes“ herausschält, als das spezifische der Antriebskraft des Feldmarschalls dessen „Energie“ hervorhebt und mit der „Vollendung“ des Menschen Helmut von Moltke schließt.

Das Genie Moltkes, so Seeckt, sei ein Ergebnis harter Arbeit, die bereits in entbehrungsreicher Jugend begann. Moltke sei kein „geborener“ Preuße gewesen und habe gerade deshalb die Idee dieses Staates, welche Dienst und Pflicht am Ganzen unter Hintanstellung der eigenen Person sei, besonders in sich aufsaugen können. Hierin sei auch das besondere Treuverhältnis Moltkes zu seinen Monarchen begründet, welches dem der Gefolgschaft eines germanischen Fürsten aus alter Vorzeit ähnele. Moltkes internationale Herkunft – seine Familie hat Wurzeln in Deutschland, Dänemark, Schweden und England – habe ihm eine Weite des Blicks und Verständnis für andere Kulturen und Sichtweisen gegeben, die in militärischen Kreisen ihresgleichen suchten. Zu diesen Gegebenheiten traten ausgedehnte Auslandsaufenthalte in europäischen Ländern und in der Türkei, wo der junge preußische Offizier Moltke erste Kriegserfahrungen sammeln konnte.

Das Wesen Helmut von Moltkes war in Ruhe, Ausgeglichenheit und Zurückhaltung gegründet, zweifellos ein Erbteil seiner skandinavischen Vorfahren. Die Sicherheit des Urteils, Schärfe der Wahrnehmung und Klarheit der Entschlussfindung aber wurzelten in der sorgfältigen Ausbildung, die Moltke in der preußischen Offizierslaufbahn erfuhr. Den traditionsreichen Generalstab fand sein späterer Chef bereits vor. Die großen Vorgänger Gneisenau, Scharnhorst und Clausewitz wurden ihm selbst wichtige Lehrer. Moltke schuf im eigentlichen Sinne nichts neu, sondern entwickelte das Vorgefundene organisch-konsequent weiter und führte es zu bis dahin nicht gekannten Höhen. Unter Helmut von Moltke wurde der Große Generalstab eine Pflanzschule großer militärischer Führer und brillanter Generalstabsoffiziere. Namen wie Waldersee, Schlieffen, der jüngere Moltke, Falkenhayn, Hindenburg aber auch Seeckt selbst stechen hier hervor.

Dienst und Pflicht war das Ethos des preußischen Generalstabsoffiziers Moltkescher Prägung. Das berühmte Wort des Feldmarschalls: „Viel leisten, wenig hervortreten, mehr sein als scheinen“, charakterisiert das am treffendsten. Niemand verkörperte dieses uneigennützige Dienen mehr als Helmut von Moltke selbst.

Religiöser Glaube, philosophische Tiefe und damit sittlich-moralische Fundamentierung zeichneten den Chef des Generalstabes aus. Der „Große Schweiger“, der sich nie wichtig nahm, war allerdings kein Zauderer. Seeckt stellt Moltkes Offensivgeist, welcher in seiner Energie, dem „in ihm lodernden Feuer“ und seiner Tatkraft begründet war, besonders heraus. In der militärischen Operationsführung gab es für den Chef des Großen Generalstabes kein Zurückhalten, keine Verzögerung und keine Verteidigung. Alles war Angriff. Nach Moltke war die oberste Pflicht des Feldherrn, einen Krieg so schnell wie möglich zu beenden, um das Leiden von Land und Volk zu begrenzen. Dies konnte nur geschehen, indem die Entscheidung in einer Offensive rasch herbeigeführt wurde. Das Ziel musste stets die Vernichtung der gegnerischen Streitmacht sein. Frieden zu schließen, das war dann die Aufgabe der politischen Führung.

Bleibend war auch Moltkes Auffassung vom „Führen durch Auftrag“. Militärische Führer aller Ebenen sollten die Absicht des Feldherrn, das große operative Ziel, verstehen und verinnerlichen. Auf dieser Grundlage konnten sie auch dann noch handeln, wenn Befehle von der übergeordneten Stelle ausblieben oder offensichtlich der Lage nicht angemessen waren. Der Führer jeder Ebene aber sollte im Sinne des Auftrages möglichst große Handlungsfreiheit haben. Dieses Vermächtnis Helmut von Moltkes bestimmte mit der Tapferkeit und Leistungsfähigkeit des Soldaten die preußisch-deutsche Armee bis in unsere Tage.

Helmut von Moltkes Güte und Bescheidenheit waren sprichwörtlich. Er kannte keine harten Worte und Bestrafungen, dafür aber um so mehr Verständnis und Nachsicht für den, welcher fehlte. So liebten und verehrten ihn seine Schüler und Untergebenen, so schätzten und achteten ihn seine Könige und Kaiser. Wie er lebte, so starb Helmut von Moltke. Er, der als Jüngling die preußische Uniform angelegt hatte, der zum Mitbegründer des Zweiten Reiches wurde, der die Grundlagen für die großen deutschen Heere des Ersten und Zweiten Weltkrieges schuf, verschied in seiner Uniform, im Dienst.

Über das Militärische hinaus, so die Essenz des vorliegenden Buches, ist Moltkes Persönlichkeit in Denken und Handeln Vorbild für alle diejenigen, die in Staat und Gesellschaft Verantwortung tragen, um so mehr auch heute, in einer Zeit, in der nicht Charakter und Persönlichkeit, sondern Großtuerei und Scheinheiligkeit die Politik bestimmen. In diesem Sinne ist Seeckts „Moltke ein Vorbild“ auch immer noch ein Buch für die Jugend!

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert