Im Netz geht ein Video herum, das wohl als Werbefilm für die Bundeswehr gedacht ist: Der Inspekteur des Heeres besucht die in Litauen stationierte deutsche Panzerbrigade 45 (in Aufstellung). Untermalt von pompösen Klängen aus einem amerikanischen Monumentalfilm („The Lord of the Rings“), wird eine abendliche Veranstaltung gezeigt, die wohl eine Art Appell darstellen soll, aber eher den Eindruck einer vorgezogenen Halloween-Feier macht. Inspekteur Freuding tritt vor die Truppe, um von Krieg und Sieg zu reden (wohl gegen und über Russland), bevor er sich mit einem kräftigen „Hurra“ von den angetretenen Soldaten feiern lässt. Umrahmt wird das Ganze aus einer Kulisse von brennenden Ölfässern, in die das Wappen der Brigade geschnitten wurde, und Fackeln.
Nun ist bekannt, dass die genannte Brigade derzeit erst über 400 Mann verfügt. Waffen und Gerät sind vorläufig nur in geringer Zahl vorhanden. Das Ganze soll bis 2027 zu einem kampfstarken Verband mit zwei Bataillonen und Unterstützungstruppen aufwachsen, der dann rund 5000 Mann (und Frau) umfassen soll. Ob es dazu kommt, steht allerdings in den Sternen. Denn Deutschland hat sich dazu verpflichtet, Waffen in Milliardenhöhe in den USA zu kaufen, um sie dann an die Ukraine weiterzugeben. Ob dabei genug für die Bundeswehr übrig bleibt, muss sich erst noch zeigen.
Besonders martialisches Auftreten, noch dazu in einem Stil, den man sonst von militärischen Zeremonien der Bundeswehr nicht kennt, ist wenig angebracht, wenn eine Truppe noch meilenweit von der Einsatzbereitschaft entfernt ist. Das kann man höchstens machen, wenn die Sache steht. Derweil wird der Russe, an den dieses Schauspiel ja gerichtet ist, sich wohl eher amüsieren.
Die Bundeswehr ist insgesamt in einem desolaten Zustand. Die Arsenale sind für die Ukraine geleert worden, es fehlt an allen Ecken und Enden an Waffen, Gerät und Ausrüstung. Nachschub kommt viel zu langsam und unzureichend. Die Truppe ist frustriert und durch jahrzehntelange sinnlose Auslandseinsätze, die fremden Interessen dienten und teilweise (wie auf dem Balkan) völkerrechtswidrig waren, demoralisiert. Afghanistan war ein Desaster mit Ansage, nicht nur für die Amerikaner. Viele Offiziere haben längst das Vertrauen in die Führung verloren.
Ob der zwar markig daherkommende, aber sonst eher komisch wirkende, schlacksige Inspekteur des Heeres das ändern kann, scheint zweifelhaft. General Freuding ist ein Offizier der Politik, ein enger Vertrauter des SPD-Verteidigungsministers Pistorius. Wird er die Interessen der Soldaten gegenüber der politischen Führung vertreten oder umgekehrt? Man wird sehen.
Ebenso offen bleiben muss derzeit die Frage, ob die zig-Milliarden an Steuergeldern und Schulden, die derzeit für Rüstung freigeschaufelt werden, tatsächlich der Bundeswehr zugute kommen oder, wie in der Vergangenheit leider allzu oft, in den dunklen Kanälen des globalen militärisch-industriellen Komplexes verschwinden werden. Aber wir lassen uns gerne eines Besseren belehren.
Derweil sollte die Bundeswehrführung sich allerdings in Bescheidenheit und Mäßigung üben, statt ein Halloween mit markigen Worten zu feiern. Denn das wirkt eher peinlich.
Karl M. Richter

