Eine Trümmerwüste zum Unabhängigkeitstag

Robotyne – eine Trümmerwüste. In der Mitte des Bildes eine Ruine, auf der seit gestern die ukrainische Flagge weht. 

Von Redaktion

Pünktlich zum Unabhängigkeitstag gab es eine Siegesmeldung für die Ukraine: Kiews Truppen hissten die blau-gelbe Flagge auf dem Rathaus (oder ähnliches) der Ortschaft Robotyne im Gebiet Saporoschje im südlichen Frontabschnitt des Donbass, nachdem sich die russischen Verteidiger zurückgezogen hatten. Einige westliche Medien bewerten dies als Beweis dafür, dass Russland am Ende ist und die Ukraine den Krieg gewinnt.

Die nähere Betrachtung lässt das Ereignis allerdings in einem nüchterneren Licht erscheinen. Robotyne ist ein Dorf mit den Ausmaßen 2,3 x 1,2 km, bestehend aus drei Straßen mit einigen hundert Häusern, Schule, Rathaus, Supermarkt, Post usw. Sie befindet sich innerhalb der Sicherungslinie der russischen Verteidigung, also einige Kilometer vor der tiefgestaffelten und mit hunderttausenden Minen gesicherten Defensivfestung.

Seit Beginn der „Großen Gegenoffensive“ der Ukraine im Juni 2023 ist Robotyne schwer umkämpft. Welle um Welle der Angreifer haben sich an dem Ort abgearbeitet. Die Kosten waren immens: wenigstens Tausende Tote und hunderte zerstörte Fahrzeuge. Die pausenlos hämmernde russische Artillerie hat die Ortschaft in ein Trümmerfeld verwandelt, in dem Infanterie, geschweige denn Fahrzeuge, kaum mehr Deckung finden können. Man muss die Tapferkeit und die Todesverachtung der ukrainischen Soldaten bewundern, die sich während der vergangenen Wochen massenweise in ihren sicheren Untergang gestürzt haben und gleichzeitig fassungslos sein über die Skrupellosigkeit ihrer Führer, die ihre Männer um einen paar Quadratmeter Geländegewinn willen in den Tod schickten.

Der Russe dagegen spart Blut. Es klammert sich nicht fest, damit ein paar Ruinen um jeden Preis gehalten werden können. Wozu auch? Moskau braucht im Gegensatz zu Kiew keine Schlagzeilen, um Panzer und Kampfflugzeuge zu erbetteln. Dem ukrainischen Angreifer ist es bisher an keiner Stelle der Front gelungen, in die dutzende Kilometer tiefe russische Verteidigung einzubrechen. Überall kratze man bisher nur an der Oberfläche. Und auch im Falle Robotyne steht zu erwarten, dass die russischen Truppen ihren unter dem pausenlos tobenden Artilleriefeuer verblutenden Gegner in den kommenden Tagen wieder vertreiben werden.

Irgendeine Art von Befriedigung kann dabei niemand empfinden. Noch gestern wohnten in Robotyne friedlich Familien, die in den umliegenden Bergwerken und Fabriken oder in der Landwirtschaft arbeiteten. Kinder spielten lachend in den Straßen. Wo sie nur alle geblieben sind?

Das Bild der verwüsteten Ortschaft und das Sterben der Soldaten zu sehen, ist furchtbar. Wer noch ein Herz im Leibe hat und Verstand im Kopf, kann und darf nicht aufhören, unablässig nach einem sofortigen Ende der Kämpfe und einem Waffenstillstand zu rufen. Aber wer dies fordert, wird in unserem Land zum Staatsfeind erklärt und vom Inlandsgeheimdienst verfolgt.

Den Kriegstreibern hüben und drüben darf aber das Feld nicht überlassen werden. Auch Robotyne ist ein Mahnmal gegen den sinnlosen Krieg und für den Frieden. Wer schweigt oder nach immer mehr Waffen ruft, macht sich schuldig am Blut der Soldaten und nicht zuletzt an den vertriebenen Männern, Frauen und Kindern.

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