Gespenstervilla ohne Gespenster – die Visionen des Hamburger Abendblattes

In einem neuen Schmähartikel gegen die SWG* bemüht sich das „Hamburger Abendblatt“ um literarischen Stil. Der Autor, Kai Schiller, scheint seinen Namen ernst zu nehmen und konstruiert eine Rahmenhandlung um eine Villa im renommierten Hamburger Stadtteil Harvestehude. Unter dem großformatigen Foto eines schönen, weißen Hauses prangt die Zeile: „Der rechtsextremistische Verein `Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft e.V.´ residiert in der feinen Parkallee in Harvestehude“. Weiter unten heißt es: „In Harvestehude residiert ein Verein, der im Visier des Verfassungsschutzes steht“. Im Verlaufe der Geschichte taucht die ominöse Villa im Feudalviertel einige Male wieder auf. „Der Kontrast könnte nicht viel größer sein. Hier eine der edelsten und teuersten Straßen Hamburgs, dort die hässlichen und gefährlichen Weiten des Internets. Der gemeinsame Nennen: Hier wie dort ist die `Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft e.V.´ (SWG) ansässig“.

Das Bild der Gespenstervilla mit den „bösen Geistern“ wird im Text auch weiterhin bemüht: „Ansonsten wirkt das weiße Parkallee-Haus schlicht. Eine Alarmanlage und zwei Fenster auf Kipp. Was aber hinter den Fassaden vor sich geht, dafür interessiert sich bereits seit längerer Zeit der Hamburger Verfassungsschutz“. Nach der Lyrik folgt die Prosa: Das beflissene Wiederkäuen der haltlosen Vorwürfe eines linksideologisch eingefärbten Inlandsgeheimdienstes; an Verleumdung, üble Nachrede und Beleidigung grenzende Unterstellungen gegen unbescholtene Bürger, die sich nur eines haben zu Schulden kommen lassen: Sie sind Patrioten und vertreten eine andere Meinung, als die momentan in Deutschland Herrschenden und die ihnen hörige Presse. Mithin, sie tun nichts anderes, als ihre grundgesetzlich verbrieften Rechte wahrzunehmen. Auf Einzelheiten müssen wir hier nicht eingehen, denn damit beschäftigen sich derzeit die Gerichte.

Setzen wir fort bei der angeblichen Geistervilla: Journalist Schiller gibt sich sogar die Mühe, Zeugen der Spukerei in der Parkallee aufzutreiben. Eine „Passantin“ in der Parkallee, auf die bösen Geister angesprochen, meint: „Man bekommt hier in der Gegend ja gar nichts von seinen Nachbarn mit.“ Wie auch, wenn es sich um Gespenster handelt. Eine „Anwohnerin“ sinniert auf Schillersches Befragen: „Sie habe schon mal gehört, dass es um rechte Tendenzen gehe, aber viel mehr habe sie nicht gewusst“. Offensichtlich ist die Dame üblicherweise auch nicht zur Geisterstunde unterwegs. Ein dritter „Nachbar“ ist auch kein Nachtgänger: „Davon habe ich noch nie etwas gehört. … Man hat hier einfach keinen großen Kontakt zu den Nachbarn“. Wie auch? Bei durchsichtigen „Hui Buhs“?

Das geisterhafte Rätsel löst sich auf, wenn man weiß, dass es in der Parkallee im schönen Harvestehude weder Geister noch andere böse Wesen gibt. Denn die SWG „residiert“ dort überhaupt nicht. Der Verein hat seinen Sitz ganz woanders. Die weiße Villa ist (bildlich) leer. Der Träger des Namens des großen deutschen Dichters hätte mit simpler Recherche selbst darauf kommen können. Er konnte es nicht, und so teilen wir es ihm auf diesem Wege mit. Das kommt übrigens davon, wenn man mutmaßlich von anderen abschreibt. Denn die Hamburger Morgenpost hat in einem eigenen Hetzbeitrag gegen die SWG am 20.9.2023 dieselbe falsche Tatsache behauptet.

Wer allerdings in den einfachsten Sachen nicht in der Lage ist, die Wahrheit herauszubekommen, dem sollte man geflissentlich die anderen Dinge auch nicht glauben. Das sagt nicht Schiller, sondern der Autor dieser Zeilen.

Stephan Ehmke

*) Erschienen am 21.9.2023 im Hamburger Abendblatt auf Seite 12 unter dem Titel: „SWG – Die Rechtsextremisten von nebenan“.

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