Was hatte Biden Scholz zu sagen?

von Prof. Dr. Eberhard Hamer

Der Besuch von Scholz in Washington war von Biden nicht erbeten, sondern angefordert worden. Wenn jemand seinen Untergebenen für eine Stunde Gespräch über den Atlantik kommen lässt, muss es schon wichtige Gründe für dieses Gespräch geben. Die hinterher verbreiteten Floskeln vom allgemeinen Schulterschluss und von der gegenseitigen Freundschaft sind nur Standardware, nicht der wahre Inhalt der Gespräche.

Weshalb musste also Scholz nach Washington? Scholz selbst nannte zwei Themenkomplexe: Ukraine und China.

Hinsichtlich der Ukraine hat Scholz ja inzwischen alle Wünsche der USA erfüllt, ist in Europa größter finanzieller und militärischer Helfer der Ukraine und sind die grünen und gelben Kabinettsmitglieder die größten Kriegstreiber Europas. Die von den USA gewünschte Eskalation des Krieges wird also bisher von Deutschland mitgemacht. Deutschland hat sich mit seiner Teilnahme an den amerikanischen Sanktionen und den NATO-Kriegslieferungen selbst mehr geschädigt als alle anderen NATO-Staaten, hat seine billige russische Energieversorgung selbst gekündigt und gegen dreimal so teure amerikanische Abhängigkeit eingetauscht, hat seine eigenen Truppen entwaffnet, um die Waffen der Ukraine zu schenken, hat zusätzlich für viele Milliarden Waffen für die Ukraine in den USA eingekauft und mehr als eineinhalb Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine als kostenträchtige Dauergäste aufgenommen. Der amerikanisch-russische Ukraine-Krieg kostet Deutschland jährlich mehr als die Wiedervereinigung.

Die Folgen sind eine drastische Verteuerung der Lebenshaltungskosten in Deutschland (also Absenkung des Lebensstandards der Bevölkerung), der Verlust internationaler Wettbewerbsfähigkeit für die in Deutschland produzierende Industrie (was zum Abzug von Firmen in die USA geführt hat) und das Versprechen, künftig 2 % unseres Bruttosozialprodukts an die NATO abzuführen, statt eigene Brücken, Kindergärten oder Schulen zu bauen. Viel mehr konnte Biden von Scholz wohl nicht erwarten und verlangen.

Viel schwerwiegender dürfte das Thema China gewesen sein. Die US-Regierung und das US-Militär halten eine kriegerische Auseinandersetzung mit China für unausweichlich. Das Militär glaubt, dass ein früherer Krieg der USA mehr Überlegenheit bringe als ein späterer. Die US-Regierung jedenfalls hat – wie beim Beginn des Ukraine-Kriegs – bereits ein Sanktionspaket fertiggestellt, welches den Wirtschaftskrieg mit China eröffnen soll, sobald China Waffen an Russland liefere.

Hier könnte sich ein Konfliktfeld mit Deutschland auftun, wenn die USA wie bei der Ukraine auch gegen China die Gefolgschaft von Deutschland bei amerikanischen China-Sanktionen verlangt. Immerhin ist China der größte Außenhandelspartner Deutschlands. Würde Deutschland wie bereits von Russland auch vom Geschäft mit China abgeschnitten, verlören wir schlagartig unseren größten Exportmarkt und unsere meisten Importe.

Die Kriegslust der Amerikaner würde den Wirtschaftskrieg – wie der Ukraine-Krieg gezeigt hat – mit immer neuen Sanktionspaketen steigern und auch zu Vermögensbeschlagnahmen gegen China – wie schon bisher gegen Russland – führen, die dann mit Vermögensbeschlagnahmen Chinas gegen deutsches Vermögen zurückschlagen würden.

Eine Gefolgschaft Deutschlands aller US-Maßnahmen gegen China ist deshalb nicht nur gefährlich, sondern für die deutsche Exportwirtschaft und für unseren Lebensstandard tödlich. Das weiß auch die amerikanische Regierung und sie weiß auch, dass Scholz schon die Eskalation des Krieges der Ukraine nicht wollte, also möglicherweise auch bei einer Gefolgschaft gegen China ein „unsicherer Kantonist“  ist.

Ihn deshalb vorher zu vergattern, geplante Sanktionen gegen China mitzumachen, war aus US-Sicht deshalb sicher strategisch richtig und scheint sogar aussichtsreich, wie der deutsche Masochismus im Ukraine-Krieg gezeigt hat. Niemand hat mehr Schaden durch den Ukraine-Krieg im Westen erlitten als wir; sogar mehr als Russland. Und eine deutsche Regierung, die nicht einmal bei Sprengung ihrer wichtigsten Versorgungsleitungen durch die USA aufmuckt, wird auch ihren eigenen wirtschafspolitischen Selbstmord durch Teilnahme an China-Sanktionen mitmachen.

Ob Scholz wohl sein Kabinett in Meseberg darauf eingeschworen hat?

Es könnte aber auch sein, dass ein bevorstehender Militärschlag gegen den Iran durch Israel und die USA ein Kernthema von Biden an Scholz gewesen ist.

Israel behauptet, dass der Iran schon über 90 % Atomanreicherung schaffe, also bald auch Atombomben bauen könne und dass „man“ deshalb unbedingt und kurzfristig mit einem Militärschlag die Atomanlagen im Iran vernichten müsse.

Bisher hat Israel die amerikanische Politik durch seine Lobby immer gegen den Iran bestimmen können. Die gleiche Lobby könnte auch Biden drängen, diesen Forderungen zu folgen und am Militärschlag gegen den Iran teilzunehmen. Die eskalierenden Drohungen gegen den Iran jedenfalls lassen Taten befürchten.

Ein Militärschlag von Israel und den USA gegen den Iran würde nicht ohne Rückwirkungen auf die Verbündeten Irans – China und Russland – sowie auf die neutralen Staaten der Welt bleiben und könnte sich zu einem Weltkrieg entwickeln. Es steht zumindest als Mitglied der NATO auch die Beteiligung Deutschlands wieder zur Debatte.

Dass Scholz nach Washington geflogen ist, um seinen NATO-Vorgesetzten Biden nur einmal eine Stunde wiederzusehen, scheidet wohl aus. Und dass Biden den Besuch von Scholz eingefordert hat, deutet eben auf wichtige Informationen oder Forderungen hin.

Und dass es sich dabei um amerikanische Forderungen handelt, zeigt allein schon die Tatsache, dass über deutsche Forderungen nach der Sprengung unserer Versorgungsleitungen durch die USA offenbar nicht geredet worden ist.

Der Rapport von Scholz in Washington bei Biden dürfte in einem oder mehreren der vorstehenden Themen möglicherweise Nachteile oder gar schwere Turbulenzen für Deutschland nach sich ziehen.

Der amerikanische Wahlkampf dreht sich wohl deshalb auch schon um das Thema 3. Weltkrieg. Trump wirft Biden vor, einen 3. Weltkrieg zu wollen und zu eskalieren, während er selbst diesen verhindern wolle.

Das Thema Ukraine-Krieg wird also Wahlkampfthema in den USA. Damit steht Biden unter Druck, den Krieg noch in diesem Jahr zu gewinnen oder zu beenden. Wohl deshalb redet auch der Oligarch von US-Gnaden, Selenskyj, schon von ukrainischer Frühjahrsoffensive und einem „Endsieg bis zur Rückeroberung der Krim“.

Solche Endsieg-Töne hat der Verfasser aber bereits schon einmal aus verzweifelter militärischer Lage gehört.

 

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