Nach dem Fall von Awdijiwka

Awdijiwka (ehemals 31.000 Einwohner, heute völlig zerstört), nördlich der Industriestadt Donezk gelegen, hatte die für die militärische Operationsführung Russlands im Donbass keine strategische Bedeutung. Ihre jetzt erfolgte Einnahme stellt aber einen erheblichen Prestigegewinn für Moskau dar, hatte doch die ukrainische Führung kürzlich noch betont, man werde den Ort niemals aufgeben. Vielleicht war es aber auch dar nicht die Kiewer Führung, welche die Entscheidung zur Räumung Awdijiwkas getroffen hat, sondern die Truppe selbst.

Der Wechsel in der ukrainischen Armeeführung von dem bei den Soldaten beliebten General Saluschnyj zu dem als „Schlächter“ gefürchteten Syrskyj, dürfte der Standfestigkeit der Truppen Kiews nicht gedient haben. Jedenfalls sprechen die Quellen von massenhaftem Niederlegen der Waffen und panikartiger Flucht der Ukrainer. Auch in der Bevölkerung steigt der Unmut gegen die Regierung Selenskyjs, was zahlreiche Aufstände gegen das brutale Rekrutierungsregime des Diktators belegen. Bisher ist es Kiew nicht gelungen, weitere Aushebungen im erforderlichen Maße durchzuführen, was nicht zuletzt auch an der andauernden Korruption im Lande liegt.

Jedenfalls entsteht der Eindruck eines allmählichen, vielleicht sich jetzt beschleunigenden Zusammenbruchs der Front am Donbass. Russland ist an allen Stellen auf dem Vormarsch. Es herrscht eine unbedingte Luftherrschaft des Angreifers. Dieselbe Überlegenheit gibt es bei der Artillerie. Immer mehr Panzerverbände werden eingesetzt. Die personelle und materielle Vormacht der russischen Armee wirkt sich immer stärker aus. Jüngst sorgten im Westen die gewaltigen Ausstoßzahlen der Rüstungsindustrie Moskaus für Aufsehen.

Dem kann die Ukraine schon längst nichts mehr entgegensetzen. Selbst die bisher ununterbrochenen Drohnenangriffe geraten ins Stocken, wohl weil der Nachschub fehlt, aber auch, weil die elektronischen Gegenmaßnahmen der Russen immer wirksamer werden. Die spärlichen Lieferungen des Westens können die gewaltigen Verluste nicht annähernd ausgleichen. Die mit großem Propagandagetöse begleiteten Geldzahlungen an Kiew bleiben in Wahrheit weitgehend in der Rüstungsindustrie der NATO hängen oder versickern in der Korruption der Ukraine. Als Vorteile auf Seiten der Ukraine können noch gelten die zweifellos starken Befestigungen in Städten und Ortschaften sowie die Massen an Minen, welche den russischen Vormarsch bremsen können.

Dennoch ist der Krieg für die Ukraine verloren. Nur Fanatiker und Profiteure der Rüstungsindustrie im Westen leugnen das hartnäckig und faseln vom Endsieg und Wunderwaffen. Die gewissenlosen Politiker, die jetzt noch Verhandlungen mit Russland und einen sofortigen Waffenstillstand hintertreiben, machen sich mitschuldig am Tod von weiteren Hunderttausenden an der Donbass-Front.

Inwieweit Moskau aber überhaupt noch bereit ist, zu verhandeln, weiß niemand so genau. Putins Äußerungen im (bereits millionenfach im Internet angesehenen) Interview mit Tucker Carlson lassen jedenfalls darauf schließen, dass Russland mittlerweile doch Anspruch auf die gesamte Ukraine erhebt. Dies würde dazu führen, dass russische Truppen demnächst an der polnischen Grenze stehen könnten. Eingebrockt hat uns das die aggressive Ausdehnungspolitik der NATO seit 1990 mit dem beständigen Ignorieren der russischen Sicherheitsinteressen und der glatte Betrug im Zusammenhang mit den „Minsker Abkommen“. Absicht des Westens war es von Anfang an, die Ukraine zu einem waffenstarrenden „Flugzeugträger“ gegen Russland auf- und auszubauen. Nun, die Sache ging völlig nach hinten los.

Ob sich im Westen noch Staatsmänner und Generäle mit praktischer Vernunft gegen die fanatischen Kriegstreiber und Rüstungslobbyisten werden durchsetzen können, steht in den Sternen. Aufmerksamkeit sollte aber erregen, dass die bisher auf Seiten der imperialistischen „Neocons“ stehende, einflussreiche „Denkfabrik“ Rand-Corporation im Januar diesen Jahres ein Papier vorgelegt hat, in dem ein Strategiewechsel für die US-Politik dringend angeraten wird. In Anbetracht der Tatsache, dass Amerika vor allem aus wirtschaftlichen Gründen, aber auch auch wegen der zunehmenden gesellschaftliche Probleme im Inneren, es keinesfalls mehr mit Russland und China gleichzeitig aufnehmen könne, müsse der Ukraine-Konflikt schnell beendet werden. Unvermeidlich sei eine Einigung mit Russland. Dahinter steht natürlich die Absicht, Moskau und Peking wieder weiter voneinander zu entfernen, aber auch, um die Möglichkeit zu behalten, Europa und Deutschland wirtschaftlich zu schädigen. Nur so könne, so Rand, die Führungsrolle der USA auch in Zukunft erhalten werden.

Bereits 2023 hatte Rand der US-Politik eine deutlich defensivere militärische Strategie empfohlen. In der Vergangenheit wurden die Ratschläge der Denkfabrik regelmäßig vom Weißen Haus übernommen, ob es diesmal auch so sein wird, kann im Moment niemand sagen. Jetzt herrschen jedenfalls noch die neokonservativen Kriegsfalken im Weißen Haus.

Karl M. Richter

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