Die Faulen belohnen, die Fleißigen strafen – Arbeitsmarktpolitik in Deutschland

von Prof. Dr. Eberhard Hamer

Von 84 Millionen Einwohnern arbeiten als Unternehmer (6 Millionen) und Lohnsteuerzahler (36 Millionen) etwa die Hälfte. Die andere Hälfte ist entweder als Kinder oder Rentner noch nicht bzw. aus dem Beruf, zunehmend aber auch als Arbeitsfähiger nicht mehr oder nur noch schwarz in Arbeit.

Das hat zwei Gründe:

  1. Den Staat.

Lohnerhöhungen werden in Deutschland mit den höchsten Zusatzabgaben der Welt belastet, dass der Anreiz fehlt, dafür zu arbeiten. Während sich Fiskus und Sozialkassen beim Grundgehalt noch zurückhalten, werden zusätzliche Einnahmen mit den sog. „Grenzabgaben“ belastet. Bei einer Lohnerhöhung von 100,- Euro, die ein alleinstehender Durchschnittsverdiener etwa in der Industrie verhandelt, landen lediglich 41,- Euro in seinem Portemonnaie, aber 59,- Euro beim Staat über Steuern und Sozialabgaben. Die Höhe der Grenzabgaben liegt also bei 60 %.

Zusätzlich nimmt aber der Staat von der Lohnerhöhung noch einmal Mehrwertsteuer von allem, was der Arbeitnehmer mit diesem Lohn zahlen muss (19 %). Somit bleiben von der Gehaltserhöhung von 100,- Euro nur noch 33,- Euro übrig.

Damit hat Deutschland international eine Spitzenposition wie die OECD zeigt. In den USA liegen die Grenzabgaben bei 41 %, in der Schweiz sogar nur bei 32 %.

Inzwischen knabbert auch die Inflation den größten Teil der Lohnerhöhung zusätzlich weg.

Der erste Wirtschaftsminister der Bundesrepublik, Ludwig Erhard, schrieb: „Das mir vorschwebende Ideal beruht auf der Stärke, dass der Einzelne sagen kann, ich will mich aus eigener Kraft bewähren, ich will das Risiko des Lebens selbst tragen, will für mein Schicksal selbst verantwortlich sein. Sorge Du, Staat, dafür, dass ich dazu in der Lage bin.[1]“ Das „Wirtschaftswunder“ ist nicht durch Sozialleistung, sondern durch Fleiß der Bevölkerung entstanden.

Für die Verteilung der Steuerlast unter den Bürgern hat die Finanzwissenschaft den Maßstab der „Leistungsfähigkeit“ aufgestellt. Mit ihr begründen vor allem die Sozialisten die Umverteilung und Zusatzbelastungen der „starken Schulten“, der „Besserverdienenden“, der „Vermögenden“ – im Grunde mehr Neid als objektive Maßstäbe, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Konzerne und Reichen sich ihrer Mitbelastung durch steuerliche und sozialrechtliche Auswanderung weithin entziehen können, sich also praktisch an der Staatsfinanzierung und Umverteilung weder mit ihrer Leistungskraft noch netto angemessen oder überhaupt beteiligen[2]. Peter Gilles schrieb in der Welt[3]: „Steuern zahlen muss, wer arbeitet, kauft, verkauft, produziert, befördert, etwas unternimmt, in- oder exportiert, wer spart, anlegt, tankt, fährt, nicht fährt, wer trinkt, raucht, spielt, sich vergnügt, unsolidarisch oder religiös ist, Hunde hält, auf Pferde wettet oder Energie verbraucht, verpackt oder wer jagt und fischt, ausschenkt, verbraucht, sich versichert, baut, besitzt, erkrankt, schenkt oder erbt – die Abgabenphantasie kennt keine Grenzen und letztlich auch keine Scham.“ Das zeigt sich an den jährlich steigenden Steuereinnahmen ebenso wie an der waschsenden Staatsverschuldung, die dadurch entsteht, dass der Staat hemmungslos noch mehr ausgibt als er überhaupt mit Einnahmen rechnen kann.

Von einem durchschnittlichen Bruttolohn von 3.500 Euro erhält ein Lediger 55,9 % netto, mit Kind 66,7 %[4]. Vergleicht man die Mitteleinkommen der fleißigen Mitarbeiter mit den Unterstützungsleistungen des Arbeitsersatzgeldes (Bürgergeld) und der Nettoeinkommen der 70 % arbeitslosen Immigranten, so liegt schon bei einem Bruttoeinkommen der Fleißigen von 3.500 Euro das netto verfügbare Einkommen je nach Kinderzahl unter dem der Unterstützungsempfänger[5] , wobei die vielfältigen Zusatzleistungen wie Miete, Heizung, Verpflegung, Gesundheit, Rentenanwartschaft u.a. noch nicht einmal berücksichtigt sind, die der fleißige Arbeitnehmer zahlen muss, für die der Unterstützungsempfänger aber Sozialansprüche hat.

Angesichts der Belastung und den Möglichkeiten des Lebens ohne Arbeit entscheiden sich viele Deutsche lieber für Freizeit als für Mehrarbeit. Die durchschnittliche Jahresarbeitszeit liegt in Deutschland bei 1.349 Stunden (niedrigster Wert der OECD), in der Schweiz dagegen bei 1.533 Stunden und in den USA 1.791 Stunden.

Millionen Beschäftigte wollen vor allem kürzer arbeiten, weil sich mehr Arbeit für sie nicht mehr lohnt – nach einer Umfrage der HDI-Versicherung aus 2022 jeder zweite (48 %).

Will man, dass Arbeit mehr lohnt, muss der Arbeitnehmer „mehr Netto vom Brutto“ behalten dürfen. Es kann nicht sein, dass der Arbeitnehmer von Mehrarbeit nur einen Euro, der Staat aber zwei Euro gewinnt. Solange wir die höchsten Lohnsteuern und Sozialabgaben der Welt haben, bleibt Arbeit in Deutschland unattraktiv und werden wir Fachkräftemangel behalten.

Niedrige Steuern könnte der Staat erreichen, wenn der „fette und impotente Staat“ abschlanken würde. Stattdessen hat die rot-grüne Regierung gerade für 10.000 grüne bildungsproblematische Parteigenossen neue Beamten-Staatsstellungen und über 100 Funktionärsplätze mit Spitzengehältern geschaffen, z.B. „Beauftragte“ für irgendwelche unsinnigen politischen Vorstellungen (Wolfsbüro, Genderforschung und -politik, Feminismus, Öko-Verwaltung etc.) verschlingen unsere Steuern mit Pensionsgarantie.

Obwohl die Privatisierungsforschung nachgewiesen hat, dass Aufgaben, die in öffentlichen Regiebetrieben statt in privaten Unternehmen erstellt werden, durchschnittlich ein Drittel mehr kosten, zum Teil aber auch das Doppelte bis Vierfache, werden selbst wirtschaftliche Aufgaben nicht an die private Wirtschaft delegiert, sondern von grünen Amateurunternehmern auf Staatskosten durchgeführt. Das hängt damit zusammen, dass der öffentliche Dienst nicht auf Rentabilität, sondern auf Rechtlichkeit programmiert ist. Löst er seine Aufgabe gesetzesmäßig, kann es ruhig mehr kosten. Und wenn die Arbeit nicht fertig wird, muss neues Personal angestellt werden. Mehrkosten: mehr als 60 Mrd. Euro.

  1. Sozialgewerbe

Der zweite Großsektor öffentlicher Verschwendung ist die Sozialindustrie.

Ein Drittel unseres Bruttosozialprodukts wird hier sinnvoll oder sinnlos ausgegeben, um „Berufsarbeitslose“ (Langzeitarbeitslose), Sozialimmigranten, Scheinkranke und Faule für Nichtarbeit zu finanzieren. Das Bundessozialgericht hat ihnen sogar ein „Menschenrecht auf Hartz-IV-Versorgung“ bescheinigt, also Einkommen plus Miete plus Heizung plus Einrichtung plus Bekleidung plus Gesundheit plus Rentenanspruch auch ohne Arbeit.

Zu den durch Gesetz geschaffenen Arbeitslosen kommen noch die echten Sozialfälle, die „Aufstocker“, denen der Staat wegen zu geringer Einkommen Zuschüsse leistet, die durch Krankheit nicht oder nur eingeschränkt arbeiten können, die Rentner, die gearbeitet haben und nun mit Recht Rentenansprüche fordern, Kinder, denen der Staat Kindergeld und Zuschüsse zahlt u.a.

Zur Bevölkerungsmehrheit (65,8 %) der Arbeitslosen und Rentner, der Angehörigen und Sozialfälle gehört als Transferleistungsempfänger auch der öffentliche Dienst, der ebenfalls aus den Abgaben der Privatwirtschaft finanziert werden muss.

„Stellt man die beiden für den Markt leistenden Gruppen der Unternehmer und ihrer direkt für den Markt arbeitenden Mitarbeiter bzw. Arbeitnehmer mit etwa 34 % den von Steuern und Sozialabgaben Lebenden (37,7 %) und den Angehörigen (28,4 %) gegenüber, so müssen auf dem Arbeitsmarkt ein Drittel der Marktleistungsträger das Einkommen für zwei Drittel weiterer Bevölkerungskreise mitverdienen, die zwar ebenfalls zum Teil fleißig sind (z. B. öffentlicher Dienst), aber eben aus den Abgaben der Marktleister der privaten Wirtschaft bezahlt werden müssen.[6]

Die fleißigen Arbeiter der niedrigen Einkommensgruppen wissen zum Glück nicht, dass die Netto-Rundumversorgung für Nichtarbeit längst höher ist als der Ertrag fleißiger Bruttoarbeit minus unserer Steuer- und Sozialabgaben.

Allerdings hat sich dies im Ausland herumgesprochen, wie die Völkerwanderung der Armen der Welt ins Sozialparadies Deutschland zeigt.

Unser Fachkräftemangel ist deshalb nicht echt, sondern künstlich. Wegen der höchsten Steuern und Sozialabgaben kommen Fachkräfte nicht zu uns, gehen in andere Länder, in denen sie mehr netto übrigbehalten. Und unsere eigenen Fachkräfte wandern ab (200.000 jährlich) oder versuchen, ihre Arbeit zu vermindern, „weil Arbeit ja nicht mehr lohnt!“.

Und dazu fällt dem Arbeitsminister als Lösung nur ein, die Mindestlöhne kräftig zu erhöhen (damit auch das Bürgergeld) und Teilzeitarbeit sowie die 4-Tage-Woche anzustreben.

„Wen der Herr vernichten will, den schlägt er mit Blindheit, sagt die Bibel.“

 

Anmerkungen:

[1] Vgl. Ludwig Erhard „Wohlstand für alle“, Econ Taschenbuch 1990, S. 251

[2] Vgl. Hamer, Eberhard u. Imke „Mittelstand unter lauter Räubern“, Unna 2011, S. 49 ff.

[3] 07.05.2008

[4] Vgl. Hamer, Eberhard u. Imke „Mittelstand unter lauter Räubern“, S. 66

[5] Vgl. Hamer, Eberhard u. Imke „Mittelstand unter lauter Räubern“, S. 68

[6] Vgl. Mittelstandsinstitut Niedersachsen „Wer ist Mittelstand?“, Hannover 2021, S. 163

 

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