Die Wirtschaft wird als Steuereintreiber missbraucht

von Prof. Dr. Eberhard Hamer

Der Staat hat nicht nur der Wirtschaft einen Großteil seiner Bürokratie aufgebürdet („Bürokratieüberwälzung“[1]) – das sind 1.000 Stunden pro Betrieb pro Jahr Hilfsarbeiten für staatliche Stellen wie Steuerberechnungen, Statistiken, Sozialabgabenberechnungen, Überweisungen u.a.[2] –, er missbraucht die Wirtschaft immer mehr als bürokratischen Hilfsdiener der eigenen Bürokratie, ohne dies zu bezahlen und schon durch die EU in doppelter Wachstumstendenz.

Das Mittelstandsinstitut Niedersachsen hat diese Belastungen berechnet und nachgewiesen, dass ein Großteil dieser Belastungen überflüssig wären (z.B. durch Privatisierung der Statistik) und bürokratische Pflichten abverlangt werden (z.B. Sozialabgabenberechnung), welche die staatlichen Stellen bereits in eigenen Akten vorhanden haben. Da es den Staat aber nichts kostet, wird die Wirtschaft gedankenlos weiterhin mit immer mehr Bürokratiekosten belastet.

Das gleiche Spiel sehen wir auch in der Steuerverwaltung. Immer mehr Steuerpflichten sind an die Betriebe übertragen worden, d.h. Betriebe werden immer mehr als Steuereintreiber des Staates missbraucht. Dies macht Kosten im zweistelligen Milliardenbereich pro Jahr aus, pro Betrieb mit mehr als 1.000 Euro Kosten[3].

Grund für die Steuerverlagerung auf die Betriebe ist die Heimtücke des Staates, nicht selbst als Steuereintreiber gelten zu wollen, sondern die Steuerpflicht in den Kosten der Betriebe und Produkte zu verstecken:

  • So ist die größte Steuereinnahme des Staates die Umsatzsteuer (ca. 200 Mrd. Euro[4]). Sie wird vor allem vom Mittelstand erhoben und in jede Handelsstufe errechnet. Jeder Verkauf ist mehrwertsteuerpflichtig, muss von den Betrieben mit dieser Mehrwertsteuer berechnet, ausgewiesen und überwiesen werden. Der Staat bekommt die Steuern, ohne die ganze Arbeit mit den einzelnen Berechnungsstufen zu haben und ohne selbst beim letztbelasteten und ausgebeuteten Verbraucher dafür erkannt zu werden.
  • Die zweitgrößte Steuer des Staates – die Lohnsteuer – muss ebenfalls von den Betrieben mit allen Zuschlägen und Einzelbedingungen für die Mitarbeiter jeweils errechnet und an das Finanzamt abgeführt werden. Warum werden eigentlich unsere Arbeiter als unfähig angesehen, ihre Steuern selbst zu bezahlen, wie das in den USA selbstverständlich ist? Weil es den Staat nichts kostet, die Betriebe für seine eigene Steuereintreibung zu missbrauchen!
  • Gleiches ist mit der GEZ-Umlage („Propagandasteuer“). Die Sicherung der Regierungspropaganda durch Staatsfinanzierung der öffentlichen Medien wird fälschlicherweise als „Beitrag“ bezeichnet[5], ist aber eine Steuer, deren Unmut der Verbraucher nicht dem Staat, sondern den Medien zurechnen lassen soll. Die Abschaffung dieser Steuer würde jeden Haushalt um mehr als 250 Euro jährlich entlasten – allerdings die Propagandanutzung für die Regierung reduzieren.

Knallt ein Sektkorken in fröhlicher Runde, freut sich auch der Staat über die Sektsteuer, von der niemand mehr weiß.

Die größte staatliche Steuer-Hinterlist besteht aber bei den Energiesteuern.

Die Autofahrer schimpfen an den Tanksäulen über die dramatisch gestiegenen Preise und machen „die habgierigen Ölmultis“ dafür verantwortlich. Das stimmt nur zum geringeren Teil. Mehr als die Hälfte der Spritpreise (fast 60 %) sind öffentliche Steuern. Der Staat ist also für den hohen Preis hauptverantwortlich, hat seine Steuergier aber geschickt hinter den Lieferanten und Händlern versteckt, seine eigentliche Täterschaft unkenntlich gemacht. Deshalb wollen die Grünen auch höhere Spritpreise, nicht nur aus ideologischen Gründen (Kampf gegen Auto und Individualverkehr), sondern um damit heimlich zusätzliche Staatseinnahmen zur Umverteilung zu gewinnen.

Gleiche staatliche Hinterlist steht hinter der Verdopplung der Gaspreise. Wir hatten billiges Gas über Jahrzehnte von Russland bezogen und könnten dies weiter so billig beziehen. Die Amerikaner (und auf ihren Druck die EU) haben aber Dauerbezug verboten, um die Preise durch Spekulation mindestens verdoppeln zu lassen, damit die USA ihr doppelt so teures schmutziges Fracking-Gas nach Europa liefern können. Nicht die Gasversorger sind also schuld an unseren Gaspreissteigerungen, sondern die Regierung, welche sich gegen die Erpressung der USA nicht wehrt und sogar die North Stream 2-Zuleitung für mehr billiges russisches Gas mittorpediert. Bei der Bevölkerung wird jedoch verbreitet, die „Gasknappheit“ sei schuld an den Preissteigerungen. Dass diese politisch mit Hilfe unserer Regierung herbeigeführt wurde, wird verschwiegen.

Am meisten hat der Staat auf den elektrischen Strom aufgeschlagen. Neun verschiedene Steuern, Abgaben und Umlagen sind als öffentliche Abgaben auf den Strom aufgeschlagen worden. Nur 24,1 % der Stromkosten bleiben bei der Stromerzeugung. Mehr davon (24,5 %) sind Netzentgelte, 6,4 % Stromsteuer, 19 % Umsatzsteuer, 20,4 % EEG-Umlage, 5,2 % Konzessionsabgabe, 1,35 % Strom NEV-Umlage, 2,13 % Offshore-Netzumlage, 0,79 % KWKG-Umlage und 0,02 % AbLaV-Umlage[6]. Mehr als die Hälfte (51,4 %) unserer explodierenden Strompreise sind also zum großen Teil staatliche Kosten, die nicht von den Finanzämtern eingezogen werden, sondern von den mehr als 40 Millionen Haushalten – wütend über die Kostenerhöhungen – an die Stromlieferanten bezahlt werden müssen, die sie dann an die Finanzämter weiterzuleiten haben.

Von den 34,6 Cent für ein kWh-Strom (2022) sind mehr als 18 Cent hinterlistig eingeschmuggelte öffentliche Steuern und Abgaben, die der Bürger nicht merkt, deren Wut sich auf die Stromlieferanten verlagern soll, während der eigentliche Täter – unsere Regierung – täglich von sozialen Entlastungen säuselt, die sie aus Steuervorteilsgründen aber gar nicht wirklich will.

Bei der Berechnung des Staatsanteils der Energiesteuern sind die Bürokratieüberwälzungskosten noch gar nicht enthalten, welche die Firmen dadurch haben, dass sie die oben genannten unterschiedlichen Energieabgaben und Stromsteuern berechnen, abführen und sich dafür von den Finanzämtern kontrollieren lassen müssen.

Die Steuerüberwälzung von den Finanzämtern auf die Unternehmen ist ebenso wie die Bürokratieüberwälzung für die Unternehmen ein Missbrauch der Staatsmacht gegen die unternehmerische Freiheit. Es missbraucht die private Wirtschaft als staatliche Hilfsbürokraten und staatliche Hilfssteuereinnehmer auf deren Kosten. Das System hat leider Erfolg, weil der Bürger bei steigenden Liefer- und Produktpreisen den Staat als Urheber nicht erkennt, „die Wirtschaft“ dafür verantwortlich macht und unsere Politiker so „Leistungen auf fremde Kosten und fremden Ärger“ beziehen können. Mit Steuerwahrheit und Steuerklarheit hat dies nichts zu tun.

Es wird deshalb Zeit, dass die Steuerdiskussion sich nicht nur auf die direkten Steuern beschränkt, sondern vielmehr die indirekten, heimlichen und verschwiegenen Steuern mehr diskutiert, weil die Versuchung der Politik, diese letzteren Steuern zu erhöhen wegen ihrer Verschleierung größer ist als die der in mehr Kritik stehenden Direktsteuern.

[1] Vgl. Hamer, E. „Bürokratieüberwälzung auf die Wirtschaft“, Hannover 1979

[2] Ausf. in Hamer, E. „Bürokratieüberwälzung auf die Wirtschaft“, Hannover 1979

[3] Vgl. „Bürokratieüberwälzung auf die Wirtschaft“, a.a.O., S. 109 ff.

[4] Ca. 24 % der Gesamteinnahmen

[5] Auch für Leute, die überhaupt keine Medien haben, fällig.

[6] Konzessionsabgabe ist gleich Wegerecht für die Kommunen

KKW-Umlage für Kraft-Wärme-Kopplungsförderung (um gleichzeitig Strom- und Heizwärme zu erzeugen)

19-NEV-Umlage sind Vergünstigungen für Industrieunternehmen

Offshore-Haftungsumlage zur Förderung des Baus von Windkraftanlagen am Meer

 

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