Friedensgespräche? Die russische Großoffensive wirft ihre Schatten voraus

von Dr. Walter Post

Die Realitäten des ukrainischen Kriegsschauplatzes scheinen langsam auch in den amerikanischen und britischen Mainstream-Medien anzukommen. Am Wochenende 28./29. Januar 2023 berichteten sowohl der „Guardian“ wie das „Wall Street Journal“, daß sich die Lage der ukrainischen Truppen in und um Bachmut deutlich verschlechtert habe. Tatsächlich sieht es so aus, als ob die russische Armee im Raum Bachmut zu einer weiträumigen Zangenbewegung ansetzt, mit der sie etwa 18 ukrainische Brigaden einschließen würde. Die amerikanische Regierung sieht sich mittlerweile gezwungen, auf 155-mm-Artilleriemunition aus israelischen und südkoreanischen Depots zurückzugreifen, um den enormen ukrainischen Bedarf decken zu können. Von den mit hohen Vorschußlorbeeren bedachten 155 mm Haubitzen M777 sollen inzwischen in der Ukraine nur noch ein Viertel einsatzfähig sein, auch unter den 155 mm NATO-Selbstfahrlafetten M109 und den polnischen „Krab“ soll es hohe Verluste gegeben haben.[1]

In den letzten Wochen sind Berichte eines amerikanischen und eines australischen Söldners über ihre Erlebnisse in der Ukraine bekannt geworden, die von den Zuständen in Teilen der ukrainischen Armee ein ausgesprochen negatives Bild zeichnen. Die Verluste bei den Kämpfen um Bachmut seien extrem hoch, sie würden bis zu 80 Prozent pro Einheit betragen. Der Ersatz bestehe zum Teil aus 60-jährigen ohne jede vernünftige Ausbildung. Die ukrainischen Offiziere seien hochgradig korrupt und würden die gelieferten Waffen und Ausrüstungen trotz des bei der Truppe herrschenden Waffenmangels auf dem schwarzen Markt verkaufen. Außerdem würden sie mit Rauschgift handeln. Damit nicht genug seien sie häufig inkompetent und würden sich vor dem Kampfeinsatz drücken.[2]

Der durch seine Kontakte zum Pentagon gewöhnlich gut informierte Colonel (ret.) Douglas MacGregor bezifferte am 24. Januar die Zahl der ukrainischen Gefallenen auf 122.000, wozu noch 35.000 Vermißte hinzu zu zählen sind. Die Zahl der gefallenen Russen (einschließlich der Wagner-Gruppe und der Donbaß-Milizen) liege irgendwo zwischen 16.000 und 25.000, dazu kämen 20.000 bis 40.000 Verwundete.[3]

Der Aufmarsch von mittlerweile 700.000 Mann bestens ausgerüsteter russischer Truppen in drei Armeegruppen, in Weißrußland, im Raum Bjelgorod-Charkow und in der Südukraine, löst in Washington, London und Brüssel zunehmende Unruhe aus. Eine russische Winter- oder Frühjahrsoffensive wird jetzt allgemein erwartet. Von den mobilgemachten und aufmarschierten russischen Truppen ist bisher nur ein sehr kleiner Teil überhaupt zum Einsatz gekommen, aber die psychologischen Auswirkungen auf die westlichen politischen und militärischen Führer werden zunehmend offenkundiger.[4]

John Helmer ist ein in Australien geborener Journalist und Auslandskorrespondent, der seit 1989 in Moskau lebt. Er war als Berater von Regierungschefs in Griechenland, den Vereinigten Staaten und Asien tätig und war außerdem Professor für Politikwissenschaft, Soziologie und Journalismus.

Helmer unterhält einen Blog mit dem Namen „Dances with Bears“, zu deutsch: „Der mit den Bären tanzt.“ Darin berichtete er kürzlich über ein Interview, das ein Journalist namens David Ignatius kürzlich mit US-Außenminister Antony Blinken geführt hat. Ignatius fungierte während seiner gesamten Karriere als Sprachrohr des US-Außenministeriums. Er wurde jüngst vom amtierenden Außenminister Antony Blinken mit der Aufgabe betraut, eine Botschaft an Präsident Wladimir Putin sowie an den Sicherheitsrat Rußlands und den Russischen Generalstab zu veröffentlichen. Diese Botschaft erschien am 25. Januar 2023 in Form eines Berichts über das Interview in der „Washington Post“.

Zum ersten Mal seit Beginn der „Besonderen Militärischen Operation“ im Februar 2022 bietet, so Helmer, die Kriegspartei in Washington der Moskauer Regierung zumindest scheinbar Zugeständnisse in Bezug auf ihre Sicherheitsinteressen an, ohne dabei auf die Ukrainer Rücksicht zu nehmen. Blinken gesteht Rußland andeutungsweise die Herrschaft über die Krim, den Donbaß sowie Saporoschje und Cherson, der Landbrücke zwischen der Krim und Rußland. Für die ukrainischen Gebiete westlich des Dnjepr, nördlich um Charkow und südlich um Odessa und Nikolajew schlägt der US-Außenminister einen „entmilitarisierten Status“ vor, was für die amerikanische Seite ein Novum darstellt. Zur Krim heißt es bei Ignatius:

„In Washington und Kiew ist die Ansicht weit verbreitet, daß eine Wiedergewinnung der Krim durch militärische Gewalt unmöglich ist. … Das liegt zum Teil daran, daß Putin angedeutet hat, daß ein Angriff auf die Krim ein Stolperdraht für eine nukleare Eskalation sein könnte. Die US-Regierung teilt die Beharrlichkeit der Ukraine, daß die 2014 von Rußland besetzte Krim letztendlich zurückgegeben werden muß. Aber kurzfristig ist für Kiew entscheidend, daß die Krim nicht länger als Stützpunkt für Angriffe auf die Ukraine dient. Eine Formel … wäre ein entmilitarisierter Status, wobei Entscheidungen über die endgültige politische Kontrolle vertagt werden würden.“

Weiterhin stellt Blinken in Aussicht die Stationierung von HIMARS-Raketensystemen, NATO-Schützenpanzer sowie „Abrams“- und „Leopard“-Kampfpanzern auf Gebiete in der Westukraine zu beschränken, von denen aus sie „als Abschreckung gegen zukünftige russische Angriffe manövrieren können“. Dieser entmilitarisierte Status der Krim und die Stationierung von von der NATO aufgerüsteter ukrainischer Truppen in der Westukraine sind der eigentliche Pferdefuß in dem ganzen Verhandlungsangebot: Sollte die Krim tatsächlich entmilitarisiert werden, könnte die Ukraine sie mit ihren Streitkräften in einer Überraschungsaktion besetzen und anschließend ihre Mitgliedschaft in der NATO verkünden, womit sie offiziell unter den nuklearen Schirm der USA treten würde.

In einer verqueren Art deutet Blinkens Angebot einen Kompromiß an, nämlich die Teilung der Ukraine durch eine entmilitarisierte Zone im Osten des Landes. Im Gegenzug verzichtet Moskau auf die geplante russische Großoffensive und die mit ihr verbundene Zerstörung der Eisenbahnknotenpunkte, Truppenquartiere und Flugplätze im Westen der Ukraine. Dieser territoriale Kompromiß soll nach den Vorstellungen Blinkens einen „gerechten und dauerhaften Friede“ etablieren, „der die territoriale Integrität der Ukraine wahrt“. Der Deal enthält auch das Angebot einer amerikanisch-russischen Vereinbarung über „ein späteres militärisches Gleichgewicht nach dem Krieg“. Der springende Punkt in diesem  Angebot ist, daß die amerikanische Seite nicht mehr auf einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine beharrt. Blinken gesteht weiter zu, daß die USA die Krim als „Putins Stolperdraht für eine nukleare Eskalation“ respektieren und die russische „Reserve, einschließlich strategischer Bomber, bestimmter präzisionsgelenkter Waffen und natürlich taktischer und strategischer Atomwaffen“ akzeptieren.[5]

Wichtige Punkte in diesem Angebot bzw. Interview sind allerdings nur andeutungsweise formuliert.

Die „Neue Zürcher Zeitung“ berichtet, daß CIA-Chef William Burns während eines geheimen Aufenthalts in Moskau der russischen Regierung 20 Prozent des ukrainischen Territoriums angeboten habe, was allerdings vom Weißen Haus, der CIA und Moskau offiziell dementiert wird.[6]

Unmittelbar nach diesem Interview mit Blinken trat die Unterstaatssekretärin für politische Angelegenheiten im State Department, Victoria Nuland, an die Öffentlichkeit und und erklärte, sollte Rußland seine Kräfte aus der Ukraine zurückziehen, dann könnten die USA einige der gegen Rußland verhängten Wirtschaftssanktionen aufheben.[7]

Der Zusammenhang zwischen der plötzlichen Verhandlungsbereitschaft von Blinken und Nuland mit der bevorstehenden russischen Großoffensive und der sich abzeichnenden Niederlage der ukrainischen Streitkräfte ist unübersehbar. Die russische Regierung hat keinerlei Anlaß, Washington über den Weg zu trauen, am wenigsten dem, was von Antony Blinken und Victoria Nuland kommt. Die Aussage von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Westen habe das Minsker Abkommen von 2015 nur geschlossen, um Zeit für die Aufrüstung der Ukraine zu gewinnen, haben in Moskau jeden Rest von Vertrauen in westliche Versprechungen zerstört.

Putin deutete die russische Antwort bereits wenige Stunden nach der Veröffentlichung des Artikels  in der „Washington Post“ bei einer Diskussion mit Universitätsstudenten in Moskau an. Unter den Fragestellern befand sich auch der 24-jährige Wladislaw Oleynik, der sich im Februar 2022 freiwillig zur Volksmiliz von Lugansk gemeldet und sich während seines Kampfeinsatzes eine Tapferkeitsauszeichnung verdient hatte. Putin äußerte sich gegenüber Oleynik folgendermaßen:

„Wladislaw, zuerst möchte ich Ihnen und Ihren Waffenbrüdern danken, die an den Feindseligkeiten teilgenommen haben, um Ihre Landsleute, unsere heutigen Landsleute, zu schützen. Ich denke, daß Menschen wie Sie die Notwendigkeit dessen, was Rußland jetzt tut, um unsere Bürger in diesen Gebieten – das sind Lugansk, Donezk, der gesamte Donbaß sowie Cherson und Saporoschje – zu unterstützen, am klarsten und genauesten verstehen. Wie ich schon oft erklärt habe, besteht unser Ziel in erster Linie darin, die Menschen und Rußland vor den Bedrohungen zu schützen, die sie [die NATO] für uns in unseren eigenen historischen Territorien, die an uns angrenzen, zu schaffen versucht. Das können wir nicht zulassen.“[8]

Mit anderen Worten, Lugansk, Donezk, das gesamte Donbaß-Gebiet sowie Cherson und Saporoschje gehören zu Rußland und sind für die russische Regierung überhaupt nicht verhandelbar, und die Ukraine gehört zu Rußlands „eigenen historischen Territorien, die an uns angrenzen“. Diese Ausführungen Putins ließen also keine positive Antwort auf das amerikanische Angebot erwarten. Für Moskau stellte sich die Frage, ob das amerikanische Verhandlungsangebot ernstgemeint ist, oder ob Washington nur Zeit gewinnen will, um die schwer angeschlagenen ukrainischen Streitkräfte zu reorganisieren und neu auszurüsten.

Am 27. Januar wies die Sprecherin des russischen Außenministeriums Marija Sacharowa

die Vorschläge von US-Außenminister Antony Blinken und seiner Unterstaatssekretärin Victoria Nuland offiziell zurück. Sie erklärte, daß Rußlands seine militärischen Operationen in der Ukraine weder unterbrechen noch verzögern werde: „Es ist nicht nötig, darüber zu sprechen, was passiert, wenn jemand [in der Ukraine] etwas tut. Es gibt eine Situation vor Ort, die wir lösen. Wir werden alles lösen. Dies ist keine Frage von Vermutungen, sondern unserer Einschätzung dessen, was geschieht. Grundlage dafür sind die Lage vor Ort und direkte politische Äußerungen westlicher Politiker. Da alle Verhandlungen von der Ukraine beendet wurden, wird diese Frage vor Ort [d.h. auf dem Schlachtfeld] entschieden. Unter Druck oder aus eigener Initiative hat Kiew jegliche Verhandlungen mit Rußland auf Regierungsebene verboten. Das war’s. Der Rest ist für die Militärexperten.“

Dann wandte sich Marija Sacharowa Bundeskanzler Olaf Scholz und der Entscheidung der deutschen Bundesregierung, „Leopard“-Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern, zu. Ihre Antwort war außerordentlich scharf, sie stellte Olaf Scholz in die Nachfolge der „Nazi-Wehrmacht“ und bezeichnete ihn als „Marionette“ der US-Regierung. Scholz, so Sacharowa, sei einer von den Deutschen, denen „der Geist fehlt, um die richtige Wahl zu treffen, und um nicht die Fehler ihrer Vorfahren zu wiederholen, für die unter anderem die Menschen in Deutschland einen enormen Preis bezahlt haben … Wir erinnern uns gut, was deutsche Panzer sind. Das sind Maschinen, die zum Symbol nicht nur des Todes und einer tödlichen Ideologie geworden sind, sondern auch des Hasses auf die Menschheit – eine globale, existentielle Bedrohung für den gesamten Planeten … Was erwarten sie in Deutschland? Daß Kampfpanzer mit Tarnanstrichen und Eisernen Kreuzen – damals wie heute Symbole der deutschen Wehrmacht – durch unsere Städte und Dörfer fahren werden? Wir erinnern uns, wie es damals endete. Erinnern sie sich in Berlin? … Der Tag der Entscheidung über die Lieferung von ‚Leopard‘-Panzern an die Ukraine … ist auch historisch, weil [er] den totalen Verlust der Souveränität Deutschlands markiert. Scholz hat die Absage an eine eigenständige deutsche Außenpolitik für alle Zeit unterschrieben. Er hat alles aufgegeben, was seine Vorgänger in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut haben.“[9]

Die russische Regierung hatte bereits im August 2022 der Berliner Regierung zu verstehen gegeben, daß sie die Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine als „Rote Linie“ betrachte.

So hatte u.a. der in Rußland sehr bekannte Fernsehjournalist Wladmir Solowjow in seiner Talkshow in „Rossija 1“ Bundeskanzler Olaf Scholz in polemischer Weise angegriffen. Scholz hatte gerade den Truppenübungsplatz Putlos besucht und sich dabei auf einem Flak-Panzer „Gepard“ fotografieren lassen. Solowjow spielte nun diese Fotos ein und stellte sie neben ein Foto von Hitler, der sich die neuesten deutschen Panzer vorführen und sich auch auf ihnen fotografieren ließ. In seinen Kommentaren bezeichnete Solowjow Scholz als „verrückt“, er solle eine entsprechende Mütze aufsetzen und sich ein Bärtchen wachsen lassen wie sein „Idol“. Besonders scharf wandte sich Solowjow gegen die Ausbildung von ukrainischen Nationalisten, die er „banderistischen Abschaum“ nannte, in Deutschland. Solowjow ist mit Putin befreundet, und sein Fernsehauftritt war eine zwar nur indirekte, aber deutliche Warnung an die Bundesregierung.[10]

Der Russische Staatspräsident Wladimir Putin ging auf die deutschen Panzerlieferungen in seiner Rede zum 80. Jahrestag des sowjetrussischen Sieges von Stalingrad ein:

„So unglaublich es schienen mag, es ist eine Tatsache – wir werden wieder von deutschen ‚Leopard‘-Panzern mit aufgemalten Kreuzen bedroht. Es gibt wieder einen Plan, Rußland auf ukrainischem Boden mit Hitlers Nachfolgern, den Banderisten, zu bekämpfen. Wir wissen, daß wir trotz der Bemühungen offizieller Stellen und der korrupten Propaganda der feindseligen westlichen Eliten viele Freunde auf der ganzen Welt haben, einschließlich Amerika, Nordamerika und Europa. Aber diejenigen, die europäische Länder, Deutschland eingeschlossen, in einen neuen Krieg mit Rußland ziehen, und besonders diejenigen, die verantwortungslos davon sprechen, daß es sich um eine vollendete Tatsache handelt, diejenigen, die hoffen, Rußland auf dem Schlachtfeld zu besiegen, verstehen offenbar nicht, daß ein moderner Krieg gegen Rußland für sie ein völlig anderer Krieg sein wird. Wir schicken unsere Panzer nicht an ihre Grenzen, aber wir haben etwas, womit wir reagieren können, und es ist nicht auf die Verwendung von Panzern beschränkt. Dies müssen alle verstehen.“[11]

Mit „diejenigen“, die den Krieg „als vollendete Tatsache bezeichnen“, meint Putin zweifellos Annalena Baerbock. Die Bundesaußenministerin hatte vor dem Europarat in Straßburg eine „Kriegserklärung“ an die Russische Föderation  ausgesprochen, die man als völkerrechtlich gültig interpretieren kann. Es ist möglich, daß Baerbock sich tatsächlich nur „verplappert“ hat, es ist aber sehr viel wahrscheinlicher, daß sie das offen ausgesprochen hat, was in gewissen Kreisen tatsächlich gedacht wird. Annalena Baerbock ist im Auswärtigen Amt ein Aktivposten sowohl für die Gruppe Antony Blinken – Wendy Sherman – Victoria Nuland, die derzeit die amerikanische Außenpolitik bestimmt, wie auch für das „World Economic Forum“ in Davos, das sie früher einmal als „Young Global Leader“ gefördert hat.

Am 31. Januar überbrachte der ägyptische Außenminister Samih Schukri bei einem Besuch in Moskau einen Brief Blinkens an die russische Regierung. Die darin enthaltenen Vorschläge wurden aber vom russischen Außenminister Sergej Lawrow auf einer Pressekonferenz als „unvollständig“ zurückgewiesen.[12]

Kaum hatte Bundeskanzler Olaf Scholz sich bereit erklärt, der Ukraine Kampfpanzer des Typs „Leopard 2“ aus Beständen der Bundeswehr zu überlassen, wurden von Seiten Kiews Forderungen an die NATO laut, nun auch Kampfflugzeuge vom Typ F-16 „Fighting Falcon“ zu liefern. Aufgrund der langwierigen Ausbildung, die normalerweise 35 Monate dauert, läuft es daraus hinaus, daß diese Flugzeuge von NATO-Piloten geflogen werden müssen. Da die Flugplätze in der Ukraine jederzeit von russischen Flugkörpern getroffen werden können und außerdem die Startbahnen meistens schon zerstört sind, müßten die F-16 von Flugplätzen in Polen aus operieren. Angesichts der Tatsache, daß die russische Flugabwehr derzeit wohl die beste der Welt ist, sind Abschüsse von F-16 mitsamt ihren westlichen Piloten nur eine Frage der Zeit. Wie zu erwarten werden von ukrainischer Seite außer Kampfflugzeugen auch Kurzstreckenraketen vom Typ ATACMS und sogar ein deutsches U-Boot für den Einsatz im Schwarzen Meer gefordert. Der nächste logische Schritt wäre der Einsatz von NATO-Truppen auf ukrainischem Gebiet. Polnische Soldaten sind als „Söldner“ schon seit geraumer Zeit in der Ukraine aktiv und haben bereits Verluste in vierstelliger Höhe erlitten.

In Washington gibt es offenbar ein Tauziehen zwischen dem uniformierten Militär mit General Mark Milley an der Spitze sowie den zivilen Beamten im Pentagon und im Department of State. Die Generäle kennen durch die Satellitenaufklärung die militärische Lage in der Ukraine genau und wissen, daß eine verheerende Niederlage droht. Sie drängen deshalb auf Verhandlungen mit Moskau und auf einen Kompromiß, der den USA eine gesichtswahrende Lösung erlaubt. Die zivilen Beamten denken dagegen in erster Linie als Politiker, in militärischen Fragen haben sie nur oberflächliche Kenntnisse. Und sie wollen unter keinen Umständen eine militärische Niederlage einräumen, da dies ihre Stellung in der Washingtoner Bürokratie untergraben würde. Sie hoffen die Krise zu überwinden, indem sie der Ukraine immer mehr Waffen und Geld zur Verfügung stellen. Sollte dies nicht ausreichen, schließen sie auch den Einsatz amerikanischer Bodentruppen nicht aus. Die enormen Risiken, die mit einer direkten Konfrontation mit russischen Streitkräften verbunden sind, werden beiseite geschoben, man hofft, daß Putin und die Russen nur „bluffen“.

Die derzeit vorherrschende Gruppen im State Department sind die „Neocons“ oder „Neokonservativen“. Diese akademische Denkschule geht auf den politischen Philosophen Leo Strauss zurück. Seine Schüler orientierten sich früher einmal am Trotzkismus, gehörte also zur äußersten Linken in den USA. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die ehemaligen Trotzkisten aber in amerikanische Imperialisten verwandelt, die das Ziel verfolgen, die unipolare, von den USA beherrschte Weltordnung der 1990er Jahre mit allen Mitteln aufrechtzuerhalten. Die „Neocons“ sind dafür bekannt, daß sie zwar das Intrigenspiel in der Washingtoner Bürokratie perfekt beherrschen, daß sie aber von wirtschaftlichen und militärischen Fragen wenig Ahnung haben. Vor allem sind sie Ideologen, die glauben, die Realitäten nach ihren Vorstellungen zurecht biegen zu können. Und obwohl alle ihre außenpolitischen Abenteuer in den letzten 30 Jahren, z.B. im Irak und in Afghanistan, teilweise spektakulär gescheitert sind, halten sie es grundsätzlich nicht für nötig, unter widrigen Umständen einmal nachzugeben und einen Rückzug einzuleiten. Stattdessen setzen sie regelmäßig auf Eskalation. Das gegenwärtige Problem besteht darin, daß die „Neocons“ das State Department beherrschen und großen Einfluß auf Präsident Joe Biden und seine nächste Umgebung haben.

Die Ukraine ist mindestens seit 2014 das „Lieblingsprojekt“ der „Neocons“, mit dem sie hoffen Rußland schwächen zu können, um eine proamerikanische Regierung in Moskau zu installieren. Danach soll das ganze Land aufgeteilt werden, um seine Rohstoffe kontrollieren zu könne. Der ursprüngliche Plan, der im Februar 2022 realisiert werden sollte, war der, in der Ukraine einen militärischen Konflikt zu provozieren, um dann umfassende Wirtschaftssanktionen gegen Rußland zu verhängen, die einen Absturz des Rubel, einen Banken-Run und schließlich einen Sturz Putins bewirken sollten. Anschließend hoffte man Alexej Nawalny an die Macht bringen zu können. Dieser Plan ging völlig schief, die russische Wirtschaft hat sich als außerordentlich widerstandsfähig erwiesen, im Prinzip ist Rußland wirtschaftlich autark. Die Sanktionen haben Rußland kaum geschadet, dafür aber die Europäer in eine Wirtschaftskrise gestürzt. Ebenso scheiterte der Versuch, Rußland international zu isolieren, denn China, Indien und Brasilien, im Grunde der gesamte „globale Süden“, weigern sich, der westlichen Sanktionspolitik zu folgen.

Der „Plan B“ der „Neocons“ bestand offenbar darin, die Ukraine mit Hilfe der NATO militärisch aufzurüsten und der russischen Armee Niederlagen beizubringen, um Putins Stellung in Moskau zu untergraben. Stattdessen wurde die ukrainische Armee mittlerweile zweimal zerschlagen und der Rückhalt Putins in der russischen Bevölkerung ist stärker denn je. Einen realistischen „Plan C“ scheint es nicht zu geben, man kann sich des Eindruck nicht erwehren, daß in Washington, London und Brüssel zunehmende Ratlosigkeit herrscht. Die führenden Politiker und Beamten in den USA und in der NATO haben in das Ukraine-Abenteuer so viel investiert, daß es schwer erkennbar ist, wie sie da wieder herauskommen wollen.[13] Der pensionierte CIA-Analyst Larry Johnson bemerkte dazu:

„Politiker, die bei klarem Verstand und sich ihrer Verantwortung bewußt sind, sollten nach einem Ausweg suchen. Aber solche Leute residieren nicht in der Biden-Administration. Sie verdoppeln vielmehr ihren Einsatz wie ein unzurechnungsfähiger Spieler, der sein ganzes Geld verloren hat und sich neues Kapital von der Mafia

[1] MSM Admits Russia About Capture Bakhmut, Ukraine Vuhledar CounterAttack Fails; US Equipment Crisis; Alexander Mercouris 29.1.2023

https://www.bitchute.com/video/pUgEkDsVr88/

[2] US Army Vet From Iowa Rats Out Ukrainian Corruption, Larry Johnson, A Son Of The New American Revolution, 13.1.2023; https://sonar21.com/us-army-vet-from-iowa-rats-out-ukrainian-corruption/

Untold Reality Of Wagner Group In Bakhmut Ukraine, First Hand Account, What the Media Won’t Tell You, Larry Johnson, A Son Of The New American Revolution, 13.1.2023;

https://sonar21.com/untold-reality-of-wagner-group-in-bakhmut-ukraine-first-hand-account-what-the-media-wont-tell-you/

[3] Ukraine Russia War Latest w. Col. Doug Macgregor, Judge Napolitano – Judging Freedom 24.1.2023; https://www.youtube.com/watch?v=K74GonVNYO4&t=0s

[4] U.S. Not Prepared to take on Russia / Col Doug Macgregor, Judge Napolitano 31.1.2023;

https://www.youtube.com/watch?v=cmIKBEiaRyA&t=2s

[5]  Blinken Concedes War is Lost – Offers Kremlin Ukrainian Demilitarization; Crimea, Donbass, Zaporoshe; and Restriction of New Tanks to Western Ukraine, if here is no Russian Offensive; John Helmer, Dances with Bears, 25.1.2023;

http://johnhelmer.net/blinken-concedes-war-is-lost-offers-kremlin-ukrainian-demilitarization-crimea-donbass-zaporozhe-and-restriction-of-new-tanks-to-western-ukraine-if-there-is-no-russian-offensive/

[6] Olaf Scholz verkaufte seine Panzerwende als wohlüberlegte Entscheidung – tatsächlich aber wurde er wohl überrumpelt; Neue Züricher Zeitung 1.2.2023; https://archive.is/20230201201708/https://www.nzz.ch/international/kampfpanzer-fuer-die-ukraine-wurde-olaf-scholz-ueberrumpelt-ld.1724136

[7] Russia Close to Capture Vuhledar, Launches Big Missile Attack; Blinken, Nuland Floats Peace Offer; Alexander Mercouris 27.1.2023; https://www.bitchute.com/video/76ldQ5-wClY/

[8] Meeting with university students to mark Russian Students Day. Vladimir Putin met with university students at Moscow State University on St Tatiana’s Day. /25.1.2023; http://en.kremlin.ru/events/president/news/70394

[9] Russian Foreign Ministry Rejects Blinken and Nuland Proposals, Condemns Scholz for Reviving Hitler’s Plan to Destroy Russia, John Helmer, Dances with Bears, 28.1.2023;

http://johnhelmer.net/russian-foreign-ministry-rejects-blinken-and-nuland-proposals-condemns-scholz-for-reviving-hitlers-plan-to-destroy-russia/

[10] Soloviev Destroys Herr Scholz, German Nazi Leader, Bitchute 26.8.2022; https://www.bitchute.com/video/oX4n6JQLMZk9/

[11] Gala concert for 80th anniversary of defeating German Nazi forces in Battle of Stalingrad

President of Russia 2.2.2023; http://www.en.kremlin.ru/events/president/transcripts/70434

[12] Foreign Minister Sergey Lavrov’s remarks and answers to media questions during a news conference following talks with Foreign Minister of the Arab Republic of Egypt Sameh Shoukry, Moscow, January 31, 2023; The Ministry of Foreign Affairs of the Russian Federation; https://mid.ru/en/foreign_policy/news/1851531/

[13] Why, Despite RAND’s Recommendation, the Ukraine War Is Unlikely to End in a Negotiated Settlement, Yves Smith Naked Capitalism 30.1. 2023;

https://www.nakedcapitalism.com/2023/01/why-despite-rands-recommendation-the-ukraine-war-is-unlikely-to-end-in-a-negotiated-settlement.html

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