Die Sicherheit von Auslandsinvestitionen schwindet

von Prof. Dr. Eberhard Hamer

Die Bundesregierung hat mehr als 26 Milliarden Euro Sicherheitsgarantien für deutsche Firmen im Ausland verbürgt, in den letzten Jahren noch einmal 2,6 Milliarden. Das Wirtschaftsministerium will diese Garantien nicht nur pro Land, sondern überhaupt reduzieren, weil die Risiken höher geworden sind.

Die von der Biden-Regierung erlassenen Sanktionen gegen widerspenstige Länder der Welt, wie z. B. Russland, Venezuela, Iran u.a., haben schon bisher den Handel mit diesen Ländern auch für die übrigen NATO-Länder beendet. Wen die USA bestraften, hatte die ganze Welt mitzubestrafen. Seit dem Ukraine-Krieg und den Sanktionen gegen Russland hat aber dieser Wirtschaftskrieg eine neue Qualität bekommen: Die USA und ihre Satellitenländer haben nicht nur den Handel mit Russland verboten, sondern auch die Finanzierung und haben vor allem alles russische Vermögen – auch das, was nur russischen Privatleuten gehört – beschlagnahmt, also enteignet.

Damit wiederholt sich, was die Alliierten während des Krieges gegen alles deutsche Vermögen gemacht haben: Totalenteignung für immer.

US-Diener wie von der Leyen verkünden bereits, dass aus dem beschlagnahmten russischen Vermögen der Krieg und Wiederaufbau der Ukraine finanziert werden könne. An eine spätere Rückgabe denkt schon jetzt jedenfalls niemand mehr.

Die USA haben durch die Sanktionen gegen russische Gas- und Öllieferungen sowie durch die Sprengung der North Stream-Leitung die Produktionskosten für deutsche Firmen langfristig so erhöht (to raise the rival’s costs), dass viele europäische Länder in die kostengünstigeren USA auswandern wollen. Dazu wurde von den USA ein Mammut-Subventionsprogramm geschaffen, um die Ansiedlung der europäischen Firmen in den USA zu subventionieren. Viele deutsche Firmen stehen wegen der gestiegenen Energiekosten vor unlösbaren Zukunftsproblemen und werden zu diesen Kosten weder in Europa noch in der Welt konkurrenzfähig bleiben. In manchen solcher Betriebe wird die Verlagerung von Produktionskapazitäten in die USA oder andere kostengünstigere Länder bereits vorbereitet. Wir könnten also vor einer Auswanderungswelle unserer in Deutschland nicht mehr zu wettbewerbsfähigen Kosten produzierenden Industrie stehen.

Mehrere Manager und Unternehmer haben dem Autor ihre verzweifelte Situation geschildert und sahen sich in einer Zwangslage: lieber auswandern als untergehen.

Das Auswandern deutscher Betriebe, d. h. das Investieren im Ausland, mag kurzfristig unter Kostengesichtspunkten attraktiv erscheinen, könnte aber langfristig viel schädlicher sein als die Produktionseinstellung. Denn seit der amerikanischen Sanktionspolitik und dem Beschlagnahmen ausländischer Vermögenswerte in der ganzen Welt sind Auslandsinvestitionen nicht mehr so sicher wie früher, sind sie sogar höchst gefährdet.

Die Rücksichtslosigkeit, mit der die USA früher deutsches und heute russisches Vermögen in der ganzen Welt beschlagnahmten und einzogen, hat die Grundlage des internationalen Handels erschüttert, nämlich die Eigentumsgarantie ausländischer Investoren. Was heute die USA und ihre Satelliten an Enteignung vorexerziert haben, werden weitere Länder der Welt nachmachen. Mit Recht warnt die Bundesregierung bereits vor Investments in China. Die von den USA angekündigte Auseinandersetzung mit China könnte später dort zu den gleichen Maßnahmen führen wie heute die USA gegen Russland, würde also wohl zur Beschlagnahme und Enteignung der deutschen Unternehmen und Investments führen. Das wäre für Unternehmen wie VW existenzgefährlich, nicht nur, weil damit 40 % des Umsatzes wegfielen, sondern auch ein neuer chinesischer Konkurrent mit VW-Technologie, VW-Know-how und VW-Image dem Mutterunternehmen in Deutschland umso mehr Marktanteile abjagen würde, je größer die Differenz der Energiekosten zwischen China und Deutschland – also der Kostenvorteil Chinas – wird. Gleiches gilt etwa für Airbus und andere deutsche bzw. europäische Großinvestoren in China.

Wenn das Eigentumsrecht ausländischer Investments seit den amerikanischen Sanktionen international nicht mehr garantiert ist, sondern zur Disposition steht, sind Auslandsinvestments nicht mehr zu riskieren. Die Globalisierung hat damit ihre Umkehr gefunden und zugleich auch deren Kostenvorteile, welche die Globalisierung im internationalen Handel mit sich gebracht hat. Dies führt nicht nur zur Beendigung des internationalen Güteraustausches, sondern auch zu Preissteigerungen, zu allseitigen Wohlstandsverlusten.

Die USA werden den Handelskrieg nicht nur gegen Russland, sondern gegen jedes Land führen, welches ihnen wirtschaftlich gefährlich wird oder unbotmäßig ist. Das spüren Venezuela und der Iran direkt, wir inzwischen aber auch, zumindest indirekt.

Der immer stärker werdende Wirtschaftskrieg zwischen Ost und West kann jederzeit auch zur militärischen Auseinandersetzung werden. Dazu braucht es nur eines kleinen Anlasses, wie etwas eines Zwischenfalls im Pazifik um Taiwan. Da jede Auseinandersetzung zwischen den USA und China auch alle NATO-Staaten in den Krieg zieht und China das Eigentum von Kriegsgegnern nicht anders achten würde als die USA, muss man mittelfristig mit dem Verlust der Investments in China durch Beschlagnahme und Enteignung dort rechnen.

Das geht weiter mit der Beschlagnahme chinesischen Vermögens durch die Westalliierten überall in der Welt (z. B. in Afrika) und umgekehrt allen westlichen Vermögens in chinesischen Einflussgebieten.

Die Gefahr für alles Auslandsvermögen ist jedenfalls durch den beispielhaften Völkerrechtsbruch der amerikanischen Sanktionen und Enteignungen weltweit gestiegen.

In dieser Situation mit deutschen Investitionen in künftige Kriegsstaaten wie z. B. die USA zu ziehen, dürfte nur ratsam sein, wenn – wie bei Tesla in Brandenburg – die Auslandsinvestments voll vom neuen Standortland bezahl werden. Aber selbst dann züchtet man sich im Konfliktfall einen fremden Weltkonkurrenten auf Augenhöhe mit eigener Technik, aber billigeren Ressourcen und Energiekosten im internationalen Wettbewerb heran.

Und wieder wird die heimische Regierung eine Beschlagnahme von deutschem Auslandsvermögen[1] nicht hindern können und – wie die Sprengung der North Stream-Leitung zeigt – sich vielleicht nicht einmal rühren.

Auslandsinvestitionen sind deshalb kein Ausweg mehr aus den durch Energie-, Lohn- und Inflationskosten von der eigenen Regierung hochgetriebenen Produktionskosten.

Für den Exportweltmeister Deutschland schrumpfen wegen unserer Höchstkosten nicht nur die Exportmärkte, sondern wegen der Enteignungsgefahr auch die Alternative, in fremden Ländern deren günstigere Kosten zur Produktionsverlagerung zu nutzen.

So kommt es zu der von den Grünen schon immer gewünschten und betriebenen Deindustrialisierung Deutschlands, zu Ökologie statt Ökonomie. Nur glauben sie noch nicht, dass damit auch ihr eigener Lebensstandard schwindet.

[1] Wie nach 1939 und heute bei russischem Vermögen

 

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